Agenturen und Powerpoint. Hach. Eine Hassliebe :-) Über die Jahre habe ich aus eigenen und fremden Fehlern ein buntes Sammelsurium des „How not to“ angesammelt.
Hier die Top 10 meiner eigenen Powerpoint-Jugendsünden und erlebten Powerpoint-Pannen in Werbeagenturen:
- Agenda! Hier fängt das Grauen an. Das ist wie wenn man im Kino sitzt und einen Trailer sieht, der zu viel verrät. Manche schaffen es sogar, die Kernidee schon auf der Agenda-Folie zu verraten und damit den Spannungsbogen zu töten. Zwischendrin gibt’s dann die Zwischendrin-Agenda, damit der Kunde ja weiß, wo man steht. Kommt mir oft vor, wie einem Fortschrittsbalken in Windows zuzusehen, der sich zu langsam bewegt. Und dann der Klassiker: Zigmal während der Präsentation zu sagen: „Wie vorhin bereits erwähnt, kommen wir jetzt zum Kapitel…“. Die Lösung: Keine Agenda. Gleich mit der Präsentation loslegen. Spart Zeit und ist viel unterhaltsamer.
- Logos! Auf jeder Folie das Agenturlogo. Und das Kundenlogo. Und dann unten am besten auch noch den Kundennamen aufführen. Links dann noch eine große Illustration. Unten natürlich die Seitenzahl, das Datum und ein Copyrightvermerk. Und ich frage mich still und heimlich: WARUM??? Das meiste davon kann man doch einmal auf Start- und Schlussfolie zeigen! Aber auf jeder Folie machen diese Elemente aus einem Drittel des Platzes totes Gebiet weil sie laut Master nicht überdeckt werden dürfen. Apropos Copyrightvermerk: Ist letztlich sowieso sinnlos, weil wenn Kunden die Idee klauen wollen, die Agenturen vor Gericht sowieso immer den Kürzeren ziehen. Eine Idee kann man nicht schützen, erst recht nicht mit einem Copyrightvermerk in Powerpoint.
- Ich sehe was, was du nicht siehst: Eingebettete Videos und Bilder sind oft zu klein. Bildschirmfüllend geht ja nicht wegen Punkt 2. Emotional und begeisternd geht dann halt auch nicht. Ganz zu schweigen von den Pannen, wenn Videos nicht richtig eingebettet sind, sondern nur verlinkt wurden. Und dann bei der Präsentation keine Internetverbindung besteht oder das Video von YouTube gelöscht wurde.
- Keine Systemschriften? Beim Verschicken der Mastervorlage kann es dann vorkommen, dass es gar nicht auffällt, dass die coole Schrift vom Computer klammheimlich durch die uncoole Arial oder Verdana ersetzt wird – woher soll denn der Empfänger (z.B. der Freelancer) wissen, wie die Präsentationsvorlage richtig aussieht? Erst kurz vor der Präsentation kommt dann vielleicht jemand auf die Idee , dass da was nicht stimmt. Und dann fängt die doppelte Arbeit an. Gerne auch im Auto auf dem Weg zur Präsentation mit einem Laptop auf dem Schoß.
- Offene PPTs verschicken. Sollte man nur machen, wenn der Kunde die Präsentation intern, z.B. seinem Chef, präsentieren will und daher evtl. anpassen möchte. Sonst nicht. Könnte nämlich passieren, dass das gesamte Design zerschossen wird (siehe Punkt 4). Dann lieber ein PDF daraus machen und Videos, falls vorhanden, einfach verlinken.
- Zu viele grafische Reglementierungen: Zig Masterfolien für alle Eventualitäten – die dann doch nicht genutzt werden. Seltsame Animationen als Folienübergänge. Maximale und minimale Bildergrößen und dann bitte nicht mehr als zwei Bilder auf eine Folie. Nur diese drei Hausfarben! Das führt dann zwar zu eher einheitlichen Präsentationen, aber die sind meistens unspannend anzusehen.
- Zu kleine Schriften in zu stark reglementierten Textfeldern. Aber bitte nur dieses eine fancy Aufzählungszeichen! Und maximal drei Aufzählungen pro Folie. Was soll sonst der Kunde denken? So konzentriert man sich zu stark auf die Formatierung – bleibt weniger Zeit für den Inhalt. Und man kann gezwungenermaßen fast nur Textwüsten erstellen. Ein fettes Schlagwort auf ein bildschirmfüllendes Bild? Ist nicht drin, sprengt das Corporate Design. Was soll nur der Kunde denken?
- Was ist das Ziel? Präsentieren oder erklären? Viele möchten beides, aber verfassen nur eine Präsentation. Und in einem Punkt scheitern sie dann: Entweder präsentieren sie eine Erklärpräsentation schlecht (weil zu viel Text). Oder die begeisternde Präsentierpräsentation ist nach dem Verschicken beim Kunden nicht selbsterklärend, die Begeisterung von der Präsentation verpufft im Emailpostfach. Die Lösung: Für eine Vor-Ort-Präsentation eine mitreißende Präsentierpräsentation erstellen und diese anhand der Fußnoten selbsterklärend ausführen (dort alle Gedankengänge, Anekdoten und Schlussfolgerungen rein). Für eine Erklärpräsentation (die z.B. „nur“ verschickt wird) gleich eine ausführliche PPT inkl. aller Gedankengänge ohne Fußnoten erstellen.
- „Aber bitte maximal 60 Folien“. In so mancher Agentur gilt noch die Faustregel: Eine Minute pro Folie! Ich denke mir: Was soll ich denn eine Minute lang zu dieser Folie erzählen? Äh… Hmm… *grübel* Nun ist es so, dass man (also ich) durch den furiosen Einsatz von Animationen eine 60-Minuten-Präsentation auf nur einer Folie stattfinden lassen könnte (könnte aber schwer werden, daraus ein PDF zu machen). Viel besser sind Präsentation im Stil einer Animation. Das heißt: Viele Folien, die schnell hintereinander weggeklickt und auf der Tonspur lockerflockig vertont werden. Dann steht am Ende der Präsentation schon mal eine dreistellige Folienanzahl. Aber tut gar nicht weh, versprochen :-)
- Präsentationsmodus? Noch nie gehört. Das führt dann oft zur absurden Situation, dass Menschen, die Kommunikationsstrategien entwickeln, ihre PPTs ablesen oder von der nächsten Folie überrascht sind und dann aus dem Konzept geraten („hat da jemand noch schnell bei der Fahrt zum Kunden was an der Foliensortierung geändert?“). Zudem sollte man immer einen Charismatiker und geübten Präsentator vorschicken, um zu präsentieren. Das kann, muss aber nicht, ein Geschäftsführer sein. Und wer wagt es schon, den Chef nach einer geht-so-Präsentation konstruktiv zu kritisieren?
Und als Bonus: Es empfiehlt sich, die Präsentation immer auf einem voll aufgeladenen Laptop und auf mindestens einem USB-Stick mitzunehmen. Nur so, zur Sicherheit. Auf dem USB-Stick sollte sonst nichts drauf sein – damit man nicht zu lange suchen muss und man nicht in die Verlegenheit kommt, vor versammelter Mannschaft im Bildschirmmodus zwischen seinen persönlichen und evtl. peinlich benannten Ordnern nach der Präsentation suchen zu müssen.
Das Schöne ist: Man lernt nie aus :-)