Kennst du mein Format „Wort des Tages“? Wenn du mir auf Instagram folgst, dann hast du meine Wortspiele bestimmt schon gesehen: Manche davon sind bitterböse, andere bewegen sich haarscharf an der Geschmacksgrenze, einige sind solala. Und ein paar sind so richtig gut. Ich schätze, dass von 10 Wortspielen vielleicht 2 oder 3 so richtig gut sind. Ohne die mittelmäßigen Wortspiele gäbe es meine richtig guten auch nicht. Ich brauche die Masse, um die Klasse hervorzubringen. Ich brauche die Übung, Regelmäßigkeit und zig Versuche, um großartige Ergebnisse zu erreichen. Und: ich habe mir selbst die Erlaubnis geben, dass nicht jedes Wortspiel besser sein muss als das vorherige.
Ich poste meine Wortspiele erst seit 2018 auf Instagram. Ursprünglich hat mein „Wort des Tages“ im Jahr 2006 als Blogformat angefangen (hier findest du die Übersicht meiner Wortspiele). In einer Zeit, in der Blogformate höher im Kurs standen – so scheint es mir, wenn ich heute die Blogosphäre betrachte.
Dass ich meine Wortspiele verblogge, hat schon zu sehr vielfältigen Reaktionen geführt: von einem erleichterten „ach cool, so kurz dürfen Blogartikel also auch sein!“ bis hin zu „das sind ja gar keine richtigen Blogartikel!“ Vor ein paar Jahren habe ich mich schon gefragt: was ist das eigentlich, ein „richtiger“ Blogartikel? Und: wie oft muss ich so einen „richtigen“ Blogartikel veröffentlichen, um… ja, um WAS, eigentlich? Um einen „richtigen“ Blog zu haben? Um als Expertin noch ernstgenommen zu werden? Um bei den Suchmaschinen relevant zu bleiben/werden?
Wie die Blogdekade entstand
Fast Forward: Juni 2021. Franzi Blicke, Teilnehmerin meines Blogkurses The Content Society, kommt mit einer Frage auf mich zu: „Wie wäre es mit einer Blog-Aktion im Sommer 2021, bei der wir 10 Blogartikel in 10 Tagen schreiben?“ Meine Reaktion: ein riesengroßes YEAH! Gesagt, geplant: wir haben dieses Blog-Event „Blogdekade“ getauft und für den 1.-10. August 2021 angesetzt. Anbloggen gegen das Sommerloch. Für alle in The Content Society, die Lust daran haben, ganz ohne Druck und FOMO (Fear of Missing Out, also die Angst, etwas zu verpassen wenn man nicht teilnimmt). Eine Spaß-Aktion und ein Experiment: was das tägliche Bloggen wohl mit uns machen wird?
Täglich bloggen? Wirkt!
Ich habe die letzten drei Jahre schon relativ viel gebloggt: 1 bis 3 Blogartikel pro Woche. Und trotzdem: Diese Blogdekade IST eine Herausforderung für mich – und ein riesengroßer Spaß! Ich spüre, wie mein freier und wilder Blogspirit aus 2005 noch stärker in mir anklopft und darauf pocht, dass ich doch bitte viel mehr bloggen soll! Also gut. Ich nehme mir vor: Ein Blogartikel pro Tag, von 1. bis 10. August. Und nach der Blogdekade schauen wir mal weiter, wie es läuft.
Indem die Blogdekade eine offizielle Aktion von The Content Society war, haben wir uns selbst die Erlaubnis gegeben, nicht perfekte und super schnelle Artikel zu veröffentlichen. Der Zeitdruck, jeden Tag einen Blogartikel zu veröffentlichen, ganz egal, wie kurz oder lang, führt zu großartigen Ergebnissen: in den letzten 10 Tagen habe ich so viele interessante, spannende, berührende, informative und lesenswerte Blogartikel von den anderen Teilnehmerinnen gelesen, dass ich wahrscheinlich einen neuen Bildschirmzeit-Rekord auf meinem Handy aufgestellt habe.
Neben diesem Zeitdruck gibt es noch ein weiteres Element, das uns alle beflügelt hat: der Zusammenhalt in der Gruppe. Es ist eben die Gemeinschaft, die Society, die uns motiviert und inspiriert. Wer von uns hätte sich ohne diese Gemeinschaft in dieses Blog-Abenteuer gewagt? Wer hätte es durchgehalten bis zum 10. Tag? Ich muss ehrlich sagen: ich wahrscheinlich nicht.
Und so hat mich die Gruppe dazu motiviert und angetrieben, konsequent jeden Tag einen Blogartikel zu veröffentlichen. Und ich weiß: nicht jeder meiner 10 Blogartikel aus der Blogdekade ist großartig. Genau so wie nicht jedes meiner Wortspiele großartig ist. Aber wenn ich davon ausgehe, dass vielleicht jeder 4. oder 5. meiner Blogartikel so richtig gut ist, habe ich in den letzten 10 Tagen mindestens zwei verdammt gute Blogartikel produziert. Und die anderen Teilnehmerinnen ebenso! Unter normalen Bedingungen (das heißt in The Content Society: 1 Blogartikel pro Woche) hätten wir dafür viel länger gebraucht: Wochen oder gar Monate. Denn beim Bloggen wie auch bei anderen kreativen Tätigkeiten gilt: Quantität macht Qualität. Gerade weil nicht jeder Blogartikel großartig ist, müssen wir viel produzieren, häufig schreiben und oft auf den Veröffentlichen-Button klicken.
Das vorherrschende Blog-Mindset: Perfektion vom Fleck weg!
Aber das Mindset um mich herum scheint mir ein anderes zu sein: viele Leute starten mit ihrem Blog und nehmen sich vor, dass schon ihr erster Blogartikel so richtig gut sein soll. Das gelingt womöglich sogar, nur: dann liegt die Hürde für den zweiten Blogartikel sehr hoch. Denn: schlechter als der erste Blogartikel darf der zweite ja auf gar keinen Fall werden, so die Denke. Der dritte Blogartikel soll dann nochmal besser als die beiden davor werden und dementsprechend lang braucht er dann auch. Beim 4. Blogartikel wird die Luft schon extrem dünn. Der 5. Blogartikel wird dann schon oft gar nicht mehr veröffentlicht.
Würden wir mit dem gleichen Anspruch z. B. an das Klavierspielen, an das Zeichnen oder an das Handstand-Lernen herangehen, so würden wir niemals so richtig gut werden. Wie denn auch, wenn wir uns nicht erlauben, zwischendurch auch mal schwächere Tage zu haben? Es kann eben nicht immer nur bergauf gehen.
Da hilft die Blogdekade! Gerade die Selbstverpflichtung („ich blogge ab jetzt x Tage lang jeden Tag!“) gepaart mit dem täglichen Zeitdruck, ist Gold wert! Kein Zerdenken der eigenen Blogartikel mehr! Kein ewiges Hinausschieben und keine mantra-artige Selbstsabotage mehr mit Sprüchen wie „später“ oder „eines Tages“! Denn, ganz ehrlich, was hält uns eigentlich ab von Bloggen, wenn wir es wirklich tun wollen?
Was hindert dich wirklich am Bloggen?
Ist es wirklich die fehlende Zeit? Kein Problem, hole dir einfach die WordPress-App aufs Handy und blogge z. B. während du auf den Bus wartest. Ich schreibe diesen Blogartikel, diese Zeilen, die du jetzt gerade liest, an einem späten Augustabend, während ich Urlaub in Budapest mache und mit meinen zwei jüngsten Kindern in einem Bett liege. Und: es geht! Wenn ich mir das Bloggen als Priorität festsetze, finde ich Wege, um das regelmäßige (tägliche?) Bloggen zu ermöglichen. Wo ein Blogwille, da ein Weg.
Oder hindern dich deine fehlenden Themen am Bloggen? Da hilft nur Übung, die eigenen Themen auch wirklich zu erkennen. Denn ich garantiere dir: du hast hunderte oder gar tausende Themen! Du hast sie bisher nur nicht als solche erkannt oder stellst sie sofort infrage, sobald sie aufploppen. Die berühmte Schere im Kopf – ich nenne sie „Content-Ängst“.
Ist es die Technik? Es gibt so unglaublich viele gute Anleitungen im Internet, wie du deinen Blog aufsetzen kannst. Ich habe früher mal einen Blog anhand eines Buchs zusammengeklickt! Und es hat wunderbar funktioniert: von null auf WordPress-Blog in etwa einer Stunde!
Ganz egal, was es ist, das uns am Bloggen hindert, meistens lässt es sich auf einen Faktor eindampfen: wir selbst. Es sind unsere eigenen Mindfucks und Selbstsabotage-Routinen, die wir täglich ablaufen lassen. Was also, wenn wir unseren Mindfucks einfach mal die rote Karte zeigen? Und wenn wir unsere Selbstsabotage-Routinen durchbrechen? Mir hat da die Blogdekade sehr geholfen, denn ja, auch ich frage mich manchmal: ist das wirklich ein spannendes Thema zum Verbloggen? Will das wirklich jemand lesen? Aber dank des täglichen Zeitdrucks nehme ich diese Fragen kurz wahr – und fege sie dann sofort beherzt beiseite: sie nützen mir nicht, weg damit. Und auf einen Schlag wird meine Welt plötzlich wieder groß, meine Möglichkeiten expandieren und gabeln sich in zigtausend Verästelungen auf, es eröffnet sich mir ein ganzes Bloguniversum. Jetzt, nach der Blogdekade, heißt es für mich: dranbleiben! Weiterhin viel bloggen! Seth Godin bloggt seit vielen Jahren täglich einen Blogartikel. Er zeigt eindrucksvoll, welche positiven Dinge daraus hervorgehen können, wenn wir konsequent am Bloggen dranbleiben: zig Bestseller, Redner-Auftritte, erfolgreiche Angebote und Kurse. Er hat sich sein persönliches Business-Ökosystem erbloggt! Ob ich es weiterhin schaffe, täglich zu bloggen: keine Ahnung. Will ich mir das überhaupt vornehmen oder setzt mich das unter Druck? Es wäre auf jeden Fall ein spannendes Experiment, das meine Abenteuerlust anspricht. Druck verspüre ich nicht. Sonder eher das Kribbeln der tausend Möglichkeiten. Vielleicht probiere ich tägliche Bloggen ja einfach mal für den restlichen August 2021 aus.