Wer nicht mehr täglich am immer gleichen Ort arbeiten muss, kann wohnen wo er will. In Zeiten von steigenden Mieten und Immobilienpreisen ist die Idee, den Wohnsitz in eine günstigere Gegend zu verlegen, besonders attraktiv. Das muss nicht gleich in digitales Nomadentum und eine Weltreise ausarten. Denn Geo Arbitrage (also das Gehalt mitnehmen und in einer günstigeren Gegend wohnen) ist auch innerhalb eines Landes oder gar Bundeslandes möglich.
Auch wir haben unsere Sachen gepackt und sind innerhalb von Baden-Württemberg umgezogen: von Stuttgart nach Haigerloch. Oder: von der Landeshauptstadt raus aufs Land. Mit drei Kindern und vier Zimmern sind wir schon vor Jahren an die Grenzen unserer Stuttgarter Wohnung gestoßen. Etwas größeres zu mieten, ist in Stuttgart unerschwinglich. Und der Häusermarkt war in unserem Stadtteil und drumherum ohnehin leergefegt.
Dann haben wir uns umgeschaut und gesehen: wenn wir bei der Suche den „Speckgürtel“ um Stuttgart verlassen, werden die Häuser auf einen Schlag erschwinglich. Also warum nicht umziehen…? Was zunächst als Gedankenexperiment anfing, wurde unfassbar schnell Realität. Wir haben nicht lange gefackelt, als wir das Haus im alten Stadtkern von Haigerloch gefunden haben. Denn sowohl das Haus als auch die Kleinstadt bieten alles, was wir uns als Digitalarbeiter und Familie wünschen.

Was braucht ein Ort, um für Digitalarbeiter attraktiv zu sein?

Sehr gutes Internet

Klar, ohne Internet keine digitale Arbeit. Eine Stadt bzw. Gegend, die mit gutem Internet punkten kann, hat schon mal das wichtigste Kriterium erfüllt. Als wir uns unser derzeitiges Haus zum ersten Mal angeschaut haben, war eine unserer ersten Fragen daher auch: „Wie ist denn hier Internet so?“

Niedrige Wohnkosten/Mieten und zugleich eine sehr gute Infrastruktur

Wer örtlich nicht gebunden ist, kann seinen Suchradius sehr weit ziehen. Und eines der wichtigsten Kriterien für die Frage „wo will ich wohnen?“ ist oft der Preis. Da punkten Orte mit (noch) niedrigen Immobilienpreisen, die aber zugleich eine gute Infrastruktur aufweisen und z. B. sehr gut zu erreichen sind (in unter einer Stunde bin ich in Stuttgart). Klar ist: wo die S-Bahn hinfährt, wird es gleich teuer. Deshalb gilt es hier für Digitalarbeiter, Orte mit einem guten Gleichgewicht aus Immobilienpreisen und Infrastruktur zu finden.

Hoher Erholungswert

Wer wohnen kann, wo er will, sucht sich ganz besondere Ecken heraus. Die Geschmäcker und Ansprüche sind sehr unterschiedlich. Für uns war ein riesiger Bonus, der für Haigerloch gesprochen hat: der Ort hat ein Schwimmbad und Hallenbad. Darüber hinaus liegt das Haus in einem mittelalterlichen Stadtkern und die Natur ist einfach grandios.

Gutes Extra: ein gründerfreundliches Finanzamt

Selbständige haben oft knifflige Fragen, brauchen mal einen Zahlungsaufschub oder schnell einen Ansprechpartner. Und ein Onlinebusiness ist quasi die verschärfte Variante der Selbständigkeit. Viele Steuerberater sind beim Thema Onlinebusiness überfragt und sind auf die Bedürfnisse der Digitalarbeiter vielfach nicht gut vorbereitet. Und ich habe das Gefühl, dass dieses Thema die Finanzämter noch gar nicht so richtig erreicht hat. Alleine schon die Frage: „was ist ein Onlinecoach/Berater denn jetzt genau: ein Freiberufler oder Gewerbetreibender?“ wird noch viele Finanzämter beschäftigen. Finanzämter, die hier gut vorbereitet sind und gut beraten können, werden in den nächsten Jahren viele Digitalarbeiter um sich scharen.

Gutes Extra: ein Netzwerk und ggf. schon andere Digitalarbeiter vor Ort

Wo ein Coworking Space ist, sind die Digitalarbeiter nicht fern. Meine These: Coworking Spaces und bestehende lokale Netzwerke werden sich zu Hot Spots entwickeln und weitere Digitalarbeiter anziehen. Dadurch wird die Konzentration der Digitalarbeiter in den Metropolen abnehmen. Verstärkt wird diese Entwicklung durch die Geschwindigkeit, mit der die Wohn- und Lebenhaltungskosten in den Großstädten steigen. Oder kurz: digitale Stadtflucht.

Wenn die Digitalarbeiter Kinder haben: gute Kinderbetreuung

Für uns läuft ohne Kinderbetreuung absolut gar nichts. Deshalb hatte die Klärung der Betreuungsfrage für uns (neben dem Internet) höchste Priorität. Besonders attraktiv sind daher Gemeinden mit ausreichend Krippen- bzw. Kindergartenplätzen. Gute Öffnungszeiten (keine Mittagspause und Betreuung mindestens bis zum frühen Nachmittag) sind ebenfalls wichtig.