Es gibt einen weit verbreiteten Glaubenssatz: Unternehmerischer Erfolg geht immer auf Kosten der Mitarbeiter. Und: Um erfolgreich zu sein, muss man andere ausbeuten. Ich will gar nicht ausschließen, dass das früher nicht so gewesen sein könnte. Zudem: Ich komme aus Rumänien, dort haftete dem unternehmerischen Erfolg immer der Geruch der Korruption an. Von dort habe ich einen ordentlichen Money-Mindfuck mitgenommen: Wohlhabend sein, ist okay und dafür darf man sich gerne bis zum Burnout abstrampeln. Aber: Reich zu sein, ist unanständig. Nur: Von manchen Stundensätzen, die von Virtuellen Assistenzen (VAs) im Online-Business aufgerufen werden, kann man beides nicht werden: Weder wohlhabend, noch reich. Viele Freelancer und Virtuelle Assistenzen (VAs), also Leute, die für uns Aufgaben erledigen, wie z. B. Pinterest Marketing, SEO, Landingpages schreiben, Newsletter und Webseiten aufsetzen, Recherche, Verwaltung usw. haben oft sehr niedrige Stundensätze. Da frage ich mich schon manchmal, wie jemand z. B. von 15 Euro Stundensatz leben will. Also: Wie ist das keine Ausbeutung?

„Geringer“ Stundensatz ist relativ

Wenn man einen Blick auf Plattformen wie Fiverr wirft, stellt man fest, dass dort Experten ihre Dienstleistung schon ab einem lächerlich niedrigen Stundensatz von 4,63 Euro anbieten. Wie soll das funktionieren? Nun, ganz einfach: Viele VAs arbeiten an einem Strand in Asien und haben als digitale Nomaden sehr niedrige Lebenshaltungskosten. Zudem bieten viele Experten Dienstleistungen an, die sie im Hintergrund teilweise automatisieren können. Und: Die Stundensätze sind natürlich mit Vorsicht zu genießen, denn da steht sehr oft ein Ab-Preis. Also: Ab 4,63 Euro pro Stunde kann man jemanden engagieren – je nach Komplexität der Aufgabe steigt der Stundensatz schnell auf über 30 Euro. Und das ist dann schon ein Stundensatz, der realistischer ist. Zudem: Viele Virtuelle Assistenten starten nebenberuflich mit ihrer VA-Tätigkeit. Sie haben also einen Brotjob oder sind z. B. in der Elternzeit (die meisten VAs sind Frauen) und wollen nebenher ein eigenes Business aufbauen. Oder einfach mal schauen, ob das etwas für sie ist. Gerade am Anfang, mit wenig Erfahrung und ohne Kunden haben diese Leute oft einen niedrigen Stundensatz – das bleibt aber nicht so!

Ich selbst habe 2009 als Text-Freelancerin mit einem Stundensatz von 30 Euro angefangen und konnte gut davon leben (kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen). Nach einigen Jahren war mein Stundensatz dreistellig, bis ich meine Freelance-Tätigkeit 2020 beendet habe. Heute zahle ich meinen VAs und Freelancern, je nach Spezialisierung, Stundensätze von bis zu 80 Euro/Stunde. Ist jemand für eine spezialisierte Tätigkeit zu günstig, buche ich die Person nicht. Denn ein sehr niedriger Preis suggeriert entweder mangelnde Erfahrung oder einen mangelnden Selbstwert. Viele denken ja, dass sie mit ihrem Angebot attraktiver werden, wenn sie ihre Preise senken. Tatsächlich ist oft genau das Gegenteil der Fall.

Wenn wir mit unserem Online-Business wachsen wollen, brauchen wir ein Team

Wir werden sehr schnell zum Flaschenhals unseres eigenen Business. Spätestens, wenn unsere Zeit Mangelware ist und wir Arbeiten erledigen, die wir für einen günstigen Stundensatz rausgeben könnten, MÜSSEN wir unser Team aufbauen, damit wir uns nicht selbst blockieren. Eine andere Art von Tätigkeit, die wir schnell rausgeben sollten, sind unangenehme Jobs. Denn diese unangenehmen Jobs sind oft die Gründe, warum wir Aufschieberitis entwickeln und Dinge vor uns herschieben, bis es brenzlig wird. Zudem fressen solche unangenehmen Tätigkeiten unsere geistige Bandbreite auf. Daher: raus damit! Bei mir war so eine unangenehme Tätigkeit das Thema Steuern. Die habe ich sofort, als ich mich selbständig gemacht habe, an eine Steuerberaterin rausgegeben.

Am Anfang sind VAs der einfachste und günstigste Weg, um wachsen zu können. Denn VAs können wir für wenige Stunden pro Woche engagieren und gehen keine langfristige Verpflichtung ein. In Deutschland haben die meisten VAs einen Stundensatz von 40 bis 50 Euro, mit mehr Erfahrung erhöhen sie schnell ihre Stundensätze. Richtig gute VAs sind heiß begehrt und wenn wir Glück haben, steigen sie intensiver in unser Online-Business ein und werden schnell zur unverzichtbaren rechten Hand. Dadurch, dass sie meistens noch andere Auftraggeber haben, sind sie unabhängig und lassen sich nicht im Preis nach unten drücken. Die viel größere Gefahr der Ausbeutung sehe ich bei Festangestellten. Denn diese Menschen sind abhängig(er) und oft in einer schwächeren Verhandlungsposition. Ich z. B. schlucke immer, wenn ich höre, dass jemand als Festangestellte nur 1.500 Euro netto für eine Vollzeitstelle bekommt. Das finde ich dann doch sehr wenig.

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