Am Wochenende habe ich durch den aktuellen Spiegel geblättert. Die Titelstory: „Gendergerechte Sprache: Ist das noch Deutsch?“ Darin ein kurzer Absatz zu einem Thema, das mich schon als Kind heftig irritiert hat:

99 Lehrerinnen sind in einem Raum. Kommt ein Lehrer rein. Jetzt sind es 100 Lehrer.

Muss das so sein? Dass die männliche Form benutzt wird auch wenn die überwältigende Mehrheit aus Frauen besteht?

Ich habe beschlossen: Bei mir nicht. Oder besser: Nicht mehr.

Ich habe bisher in meinen Texten die Geschlechter gemischt, mal männlich, mal weiblich, mal eine neutrale Gruppenbezeichnung – aber vor allem: männlich. Meine Männer-inklusive Ansprache hat mir bei meinem letzten Launch des Blogkurses The Content Society eine Männerquote von 0 % gebracht – ohne Nachkommastelle. Ich hatte früher schon Männer in meinen Kursen, aber die waren sehr rar gesät. Damals, 2019 und 2020, habe ich schon überlegt, in meinen Texten zum generischen Femininum zu wechseln – aber was würden dann diese Männer dazu sagen? Würden sie vielleicht denken, ich lehne sie ab? Dass ich sie gar nicht in meinem Kurs haben wollte? Dass sie unerwünscht seien?

Nein. Ich hätte liebend gerne mehr Männer in meinem Kurs. Aber von einer flächendeckenden Männerquote in Höhe von plusminus 50 % in geschlechtsunspezifischen Kursen (wie z. B. Bloggen, PR, Facebook, Launchen, Ernährung usw.), die von Frauen gegeben werden, sind wir leider mindestens eine Generation entfernt. Viele Männer fühlen sich von Kursen, die von Frauen gegeben werden, leider nicht mitgemeint. Über den Wettbewerbsnachteil, im Onlinebusiness eine Frau zu sein, habe ich hier schon einmal geschrieben.

Was kann ich also tun?

Ich kann endlich aufhören, in meiner Sprache wie auf Eierschalen zu tanzen, um vorrangig Männer anzusprechen, die aber meinen Kurs sowieso nicht buchen. Ich kann endlich konsequent das generische Femininum benutzen und damit ein selbstbewusstes Zeichen setzen und den Frauen in meinem Kurs Respekt zollen. Ich kann ohne Umwege Menschen ansprechen, die inklusiv, progressiv und feministisch denken – alle anderen merken dann schon sehr schnell, dass sie bei mir nicht an der richtigen Stelle sind. Damit bin ich noch näher an meiner Wunschkundin dran, wie wunderbar! Ich kann eine Sprache wählen, die Frauen sichtbarer macht und Männer zugleich einschließt, denn im Wort „Bloggerin“ (oder BloggerIn, Blogger:in, Blogger_in, Blogger*in usw.) ist auch der Blogger enthalten. Anders herum gilt das nicht: Beim Wort „Blogger“ darf ich mich mitgemeint fühlen. Genau so wie beim Wort Bürger, Leser oder Patient. Nur: Ich tue es oft nicht. Zumindest nicht aus vollem Herzen, sondern nur, weil ich es muss. Weil es keine Alternative gibt.

Heute habe ich eine Alternative. Ich habe mir diese Alternative selbst geschaffen: Denn ich habe meinen eigenen Onlinekurs, mein eigenes Unternehmen. Damit habe ich auch meine eigene Unternehmenskommunikation: Ich schreibe meine Blogartikel, ich verschicke meinen Newsletter, ich texte meine Landingpages. Und ab heute werde ich in meinen Texten das generische Femininum nutzen. Es ist ein Experiment und ich werde schauen, ob es etwas verändert. Die erste Veränderung: es fühlt sich jetzt schon alles viel stimmiger an.

PS: Dass ich diesen Blogartikel am 8. März 2021, dem internationalen Frauentag, veröffentliche, ist purer Zufall. Dieses Thema rumort schon sehr lange in mir. Heute ist nur der perfekte Tag, um dieses Thema in die Welt hinauszutragen :-)