Am vergangenen Freitag habe ich eine Anfrage bei Instagram bekommen: ein Startup hat einen KI-gestützten Text-Assistenten entwickelt. Das Ziel: mit wenigen Inputs schneller Texte zu schreiben. Und ja, mit Texten sind natürlich auch Blogartikel gemeint. Ich wurde gefragt, ob ich diese Software testen will und ich wusste sofort: nein, das nicht mein Ding und habe vom Fleck weg das Angebot abgelehnt.

Ich kenne die Bedenken der Kreativszene gegenüber solchen Anwendungen. Eine Maschine, die Texte schreibt, womöglich sogar gute, und das unermüdlich auf Knopfdruck, ist klar eine Konkurrenz. Viele Texter sagen dann, dass eine Maschine aber nicht kreativ sei und keine eigenen Ideen entwickeln könne. Ich hingegen glaube, dass nach der künstlichen Intelligenz die künstliche Kreativität kommt. Meine schnelle Absage hat damit aber gar nichts zu tun. Mir geht es um einen ganz anderen Punkt.

Ich schreibe schon lange keine Texte mehr, bei denen es auf Geschwindigkeit ankommt. Für mich ist das Schreiben und das Bloggen so viel mehr als ein To-Do, das ich möglichst schnell hinter mich bringen will. Das Schreiben bringt mir Ideen, es klärt meine Gedanken, es verwebt meine kreativen Impulse zu ganz neuen Dingen. Ein Blogartikel ist bei mir oft wie ein Kunstwerk, von dem ich am Anfang noch nicht so genau weiß, wohin es sich entwickeln wird. Wenn ich das mit KI abkürzen würde, würde ich meinen eigenen kreativen Prozess sabotieren. Es gibt keine Abkürzung zur eigenen Erkenntnis. Wir müssen uns in den kreativen Prozess begeben, um zu finden, was wir suchen. Durch das Bloggen reflektiere ich intensiv und schleife meine eigene Botschaft und damit auch meine eigene Marke, jedesmal aufs Neue, wenn ich den Veröffentlichen-Button klicke.

Und: Das Bloggen und Schreiben machen mir Spaß. Bloggen ist für mich Hobby, Entspannung und Leidenschaft. Warum sollte ich etwas, das mir Freude bereitet, beschleunigen wollen? Der Weg ist das Ziel, ich liebe den Prozess beim Bloggen, bei dem sich aus einer Idee ein Text formt. Ich liebe die Momente, in denen ich beim Schreiben auf eine tolle Pointe komme. Oder wenn meine Gedanken meine Finger überholen und ich mich vertippe und dabei ein großartiges Wortspiel entsteht (so sind Mitte der Nullerjahre „Screenshit“ und „Teamwürg“ entstanden, einige meiner allerersten Wortspiele). Ideen formen sich im Prozess ihrer Umsetzung. Warum sollte ich das beschleunigen? Dabei würde die kreative Hälfte verloren gehen.

Und selbst wenn eines Tages Maschinen die künstliche Kreativität zu einem gewissen Grad beherrschen sollten: das verspielte, impulsive und manchmal auch anarchische Spiel, bei dem Ideen mit Zufall und Assoziationen zu etwas ganz neuen verschmelzen, ich glaube, daran werden sich die Maschinen noch sehr lange die Zähne ausbeißen. Das ist eine lebende Kreativität.

Maschinen, KI und Automation werden uns nach und nach die täglichen arbeiten abnehmen. Ob Autofahren oder Steuern machen: viele repetitive Jobs werden schon bald nicht mehr von Menschen erledigt. Das kann man gut oder schlecht finden. Ich bin der festen Überzeugung, dass in den nächsten Jahrzehnten nur unsere Menschlichkeit und unsere lebende Kreativität uns vor der Wegrationalisierung unserer Tätigkeit bewahren kann. Wir sollten diesen Muskel der Menschlichkeit und der lebenden Kreativität also besser regelmäßig trainieren.