Slow Blogging ist eine Form des Bloggens, bei der nicht so sehr Erfolgskennzahlen (Traffic, Rankings usw.) im Vordergrund stehen, sondern das bewusste und freudvolle Schreiben. Anne Häusler schreibt: Slow Blogging bedeutet, SEO-Regeln, Keywords und starren Vorgaben, wie viele Posts pro Woche zu erscheinen haben, einfach mal den Rücken zu kehren. Inhalte, der Austausch mit den Lesern, Kreativität und der Spaß am Bloggen sollten im Vordergrund stehen. Slow Blogging hat viele Vorteile und steht also für die folgenden Aspekte:

  • Achtsames Schreiben: Schreiben als Prozess und als Quelle der Freude. Slow Blogging bedeutet, dass die Blogartikel mit viel Liebe geschrieben werden.
  • Slow Blogger erweitern ihre eigenen Blogthemen um Storytelling, Meinung und persönliche Geschichten. Das steht im Gegensatz zu den rein faktenbasierten Blogartikeln bzw. Expertenartikeln zahlreicher technischer Vielblogger. Slow Blogger sprengen ihr Themenkorsett und schreiben über mehr, als nur ihr Nischenthema.
  • Slow Blogger nutzen in ihrem Blogartikel oft viele schöne Bilder – also genau das, was beim rein technischen Bloggen als erstes unter den Tisch fällt.
  • Zahlen, Statistiken und KPIs (Erfolgskennzahlen) stehen nicht so stark im Vordergrund. Slow Blogger schauen relativ selten auf ihre Blog-Statistiken.
  • Lange, ausführliche und tiefgehende Blogartikel. Das bedeutet dann auch oft eine relativ lange Schreibzeit pro Blogartikel.
  • Es gibt keinen Redaktionsplan mit fest vorgegebenen Veröffentlichungszeiten und auch keine Vorgabe, wie viele Blogartikel pro Woche bzw. pro Monat veröffentlicht werden sollen.
  • WICHTIG: Slow Blogging bedeutet NICHT, weniger zu bloggen! Das sagen selbst auch die Autoren des Slow Media Manifests (ehemals „Slow Blog Manifesto“): The concept “Slow”, as in “Slow Food” and not as in “Slow Down”, is a key for this. Das Wort „slow“ steht hier also für bewusstes und genussvolles Bloggen – im Gegensatz zum Runterschrubben von SEO-Artikeln, um den Traffic zu steigern. Das kann dann auch bedeuten, dass Slow Blogger mehrere Blogartikel pro Woche schreiben!
  • Beim Slow Blogging gilt Qualität vor Quantität. Viele Slow Blogger bloggen nur dann etwas, wenn sie wirklich was zu sagen haben. Die Devise lautet: Lieber seltener bloggen, dafür viel tiefgehender, detaillierter, ausführlicher. So fließt mehr Zeit in einen Blogartikel und dadurch wird der Blogartikel (theoretisch) besser.

Ich liebe das Konzept des Slow Bloggings. Aber: Mit diesem letzten Punkt habe ich meine Probleme. Denn „Qualität vor Quantität“ baut einen großen Druck auf, so nach dem Motto: ist dieser Blogartikel auch wirklich gut genug, damit du ihn veröffentlichen kannst? Die Angst, dass der eigene Blogartikel nicht gut, lang, detailliert, nützlich genug ist, ist der Grund, warum so viele Menschen zögern, den Veröffentlichen-Button zu klicken. Und da hilft Slow Blogging mit diesem hohen Anspruch an Qualität leider nicht. In meinem Blogartikel „„Ich blogge lieber selten, dafür mit mehr Qualität“ – stimmt dieser Satz?“ stelle ich die Frage: Führt mehr Zeit automatisch auch zu Mehrwert?

Der große Denkfehler des Slow Bloggings: „Qualität statt Quantität“

Vom 1. bis zum 10. August 2023 fand in meinem Blogkurs The Content Society unsere 5. Blogdekade statt. Das ist eine Challenge, bei der wir uns vornehmen, in 10 Tagen 10 Blogartikel zu schreiben. Ich selbst will in meinem eigenen Blogkurs natürlich mit gutem Beispiel vorangehen. Und so habe ich in dieser Zeit mit vielen anderen Bloggerinnen 10 Blogartikel veröffentlicht: Ich habe mal wieder eine Mischung verbloggt aus Expertenartikeln, Wortspielen, Listicles und auch persönlichen Blogartikeln. Meine Wortzahl lag in diesen 10 Tagen bei 13.391 Wörtern. Der kürzeste Blogartikel hatte 6 Wörter, der längste 2.532. Hier findest du meine 10 Blogartikel dieser Blogdekade. Immer wenn wir diese Challenge machen, kommt die Frage auf, ob es wirklich etwas bringt, so schnell so viele Blogartikel zu schreiben. Und ob da nicht die Qualität der Blogartikel darunter leidet.

Ich bin der festen Überzeugung: In kurzer Zeit viele Blogartikel zu schreiben, führt zu viel besseren Blogartikeln! Denn: Wir gewinnen an Routine und schieben durch den Zeitdruck lähmende Zweifel beiseite. So entstehen in kurzer Zeit viele großartige Texte! Viele Leute denken aber: Wenn ich mehr Zeit in einen Blogartikel investiere, muss der doch besser werden, als ein Blogartikel, für den ich nur halb so lang brauche. Aber: Nur weil wir lange an etwas sitzen, heißt es nicht, dass es besser wird. Ganz im Gegenteil! Oft zerdenken wir das Thema dann und die Hürde, unseren Blogartikel zu veröffentlichen, wächst mit jedem Tag, den wir uns zum Schreiben geben.

Die Realität sieht anders aus: Quantität führt zu Qualität!

Als ich 2016 bis 2021 Dozentin für Werbetext, Journalismus und PR an der HfK in Stuttgart war, habe ich meinen Studenten immer in der ersten Vorlesung des neuen Semesters eine Geschichte erzählt:

Ein Lehrer teilt seine Töpferklasse in zwei Gruppen:

In der Gruppe A werden die Schüler nur nach Quantität bewertet: Wer 30 Kilogramm Keramik abgibt, bekommt eine 3. 40 Kilo ergeben eine 2. Alles über 50 Kilo eine 1.

In der Gruppe B muss jeder Schüler nur eine einzige Keramik einreichen, die dann benotet wird. Diese Keramik muss natürlich perfekt sein, um eine 1 zu bekommen. Hier wird die Qualität benotet.

Welche Gruppe hat die schöneren Keramiken erstellt?
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*überleg*
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sicher?
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Antwort: Gruppe A! Die Gruppe, die anhand ihrer Quantität benotet wurde!

Denn: Quantität führt zu Qualität. Und: Quantität bringt uns ins Tun und nimmt uns die Angst vor der Perfektion!

Aus meinem Blogartikel „Ich blogge lieber selten, dafür mit mehr Qualität“ – stimmt dieser Satz?“ vom 12. Februar 2023.

Wie ich später herausfinden sollte, stammt diese Geschichte aus dem Buch „Art & Fear“. In diesem englischen Blogartikel findest du den Ursprung dieser Geschichte. Besonders interessant finde ich den letzten Satz in diesem Blogartikel: „The frequency of my work  showing up at regular intervals, without worrying about results — has actually lead to better results.“ Also: Die Häufigkeit meiner Arbeit – regelmäßig sichtbar werden, ohne mir über die Ergebnisse Gedanken zu machen – hat zu besseren Ergebnissen geführt.

Slow Blogging minus den hohen Qualitätsanspruch = dynamisches Bloggen

Seit ich am 1. August 2005 meinen ersten Blogartikel veröffentlicht habe, bin ich quasi ein Slow Blogger: Ich blogge, weil es mir Spaß macht, ich schaue selten in meine Statistiken und ich habe keinen starren Redaktionsplan. Klar, ich will einen Blogartikel pro Woche veröffentlichen, pi mal Daumen, aber gerade im 4. Quartal 2023 habe ich mich nicht daran gehalten: Gerade einmal 7 Blogartikel habe ich von Oktober bis Dezember 2023 veröffentlicht. In den anderen Quartalen 2023 waren es jeweils 25, 29 und 22. Also: Ein starrer Redaktionsplan sieht anders aus 😄

Wo ich aber absolut anderer Meinung als die Slow-Blogging-Philosophie bin: Ich darf nicht erst bloggen, „wenn ich was zu sagen habe“. Und dieser Blogartikel muss nicht großartig, detailliert und tiefgründig sein, damit ich ihn veröffentlichen „darf“! Ein Blogartikel muss einfach nur gut genug sein. Dann darf er raus, denn korrigieren oder optimieren kann ich ihn ja nachträglich immer noch! Dieser Punkt, also diese kleine Meinungsverschiedenheit führt dazu, dass ich eigentlich kein richtiger Slow Blogger bin. Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich meine eigene Art des Bloggens nennen kann. Denn was bin ich, wenn ich kein Slow Blogger, kein Lifestyle-Blogger, kein technischer SEO-Blogger und kein Nischenblogger bin?

Ich bin eine Art Slow Blogger bzw Lifestyle-Blogger im Business-Kontext, der neben dem eigenen Experten-Nischen-Thema viele persönlichen Blogartikel schreibt und damit als Expertin, Dienstleisterin bzw. Coach eine starke Personenmarke aufbaut. Meine Devise lautet: „Blog like nobody’s reading“ bzw. „better blogged than perfect“. Ein perfekter Blogartikel ist nicht mein Ziel, denn das würde mich viel zu sehr blockieren. Stattdessen will ich regelmäßig bloggen und mindestens 52 Blogartikel pro Jahr veröffentlichen – einen pro Woche.

Im Frühling 2021 habe ich eine Bezeichnung für diese Art des Bloggens kreiert: Ich bin eine dynamische Bloggerin!

Du bist schon längst ein Slow Blogger – und das ist vielleicht ein Problem!

Fast alle „normalen“ Blogger, fast alle Lifestyle-Blogger, fast alle bloggenden Coaches und Experten sind Slow Blogger! Und das ist vielleicht auch ihr Problem: Sie möchten gleich am Anfang alles richtig machen und nehmen sich vor, qualitativ hochwertige Blogartikel zu schreiben und nur dann etwas zu bloggen, wenn sie auch wirklich etwas zu sagen haben. Deshalb kommen sie gleich am Anfang ihres Blog-Abenteuers ins Straucheln. Meine Theorie ist: Die allermeisten verwaisten und toten Blogs, also die Blogs, die voller Motivation gestartet wurden, aber keine 4 Blogartikel enthalten und die seit Jahren nicht mehr aktualisiert wurden, sind Slow Blogs. Die große Herausforderung liegt nämlich darin, schnell genug die nötige Blogroutine zu sammeln und schnell die ersten 4 Blogartikel zu schaffen, ohne dass uns die Zweifel dazwischengrätschen und unseren Blogmotor abwürgen. Nur: Wie soll das gehen, wenn das Schreiben eines einzigen Blogartikels 10 Stunden oder mehr dauert? Wie soll ein Bloganfänger gleich richtig gute Blogartikel schreiben können, so ganz ohne Erfahrung? Und wann hat man genug zu sagen, damit man auch wirklich etwas mit Substanz bloggen „darf“?

Das große Spannungsfeld, das aufgemacht wird, heißt: Entweder bloggst du viel, dafür mit geringer Qualität. Oder du bloggst selten und dafür qualitativ hochwertige Blogartikel. Natürlich stimmt das nicht, aber in vielen Köpfen ist dieser Glaubenssatz fest verankert. Und wer will schon qualitativ minderwertige Blogartikel kreieren? Dieser Glaubenssatz führt zum großen Problem bei vielen Bloggern: Sie bloggen zu selten – und, zu allem Überfluss, auch noch mit zu geringer Qualität! Wo soll die Qualität denn auch herkommen, wenn man zu selten schreibt? Die Qualität kommt mit der Übung. Wenn wir zu selten bloggen, entwickeln wir keine Routine und haben zu wenig Schreiberfahrung. Der zusätzliche Kollateralschaden: auf unserer Webseite passiert zu wenig, als dass Suchmaschinen das als interessant bzw. rankingwürdig einstufen würden. So werden wir seltener gefunden und bekommen dadurch auch weniger Kommentare bzw. Rückmeldungen – auch das ist ein wichtiger Faktor bei der Verbesserung unserer Schreibe.

Mein Strategie-Tipp für deinen Blog: Zuerst dynamisches Bloggen, dann Slow Blogging

Es ist leicht für etablierte Blogger, von Slow Blogging zu sprechen. Sie haben ja schon ihre Community und ihre Content-Fülle aufgebaut, die ihnen tausende Webseitenbesucher pro Monat reinbringen. Auch Holly Becker, eine erfolgreiche Bloggerin, schreibt auf ihrem Blog Decor8: Quantity (number of posts) was key when I started blogging 9 years ago but today quality (posts that stand out) opens doors to bigger things: book writing, magazine work, lecturing, working with advertisers, television, video, etc.

Wenn du mit dem Bloggen anfängst, ist es wichtig, dass du schnell mehrere Blogartikel veröffentlichst. Mein Tipp: Blogge einmal die Woche! Nach einigen Jahren stellst du dann eine Entwicklung fest: Je mehr Blogartikel du schon veröffentlicht hast, umso seltener wirst du bloggen – das ist eine ganz normale Entwicklung, die sehr viele Blogger durchmachen. Aber: Am Anfang musst du einen Grundstock an Content aufbauen, denn damit baust du dir deine Sichtbarkeit und deine Reputation auf. Und das kannst du perfekt mit dem dynamischen Bloggen erreichen: Schnell viele Blogartikel veröffentlichen, rund um dein Expertenthema und deine Haltung als Expertin. Diese Blogartikel optimierst du in den nächsten Wochen und baust dir so dein Blog-Knowhow und dein Content-Imperium auf.

Sobald du die wichtigsten Themen rund um dein Expertenthema verbloggt hast und eine gute Schreibroutine hast, reduzierst du deine Schreibfrequenz und fängst an, längere Blogartikel zu schreiben, die deine Thought Leadership (= Meinungsführerschaft) noch stärker untermauern. Das ist bei ungefähr 100 Blogartikeln der Fall. Dann, herzlichen Glückwunsch, bist du beim Slow Blogging angelangt! Und dann ist es auch okay, wenn du weniger Blogartikel schreibst, als früher. Wichtig ist, DASS du weiterschreibst und dass du regelmäßig starke Themen setzt.

Zusammenfassung und mein persönlicher Ausblick zum Thema Slow Blogging

Slow Blogging und dynamisches Bloggen sind keine Gegensätze, sondern ergänzen sich in der Realität des Blog-Alltags. Sie repräsentieren unterschiedliche Phasen und Herangehensweisen in der Entwicklung eines Bloggers. Während Slow Blogging den Fokus auf bewusstes, genussvolles Schreiben mit hohem Qualitätsanspruch legt, ermöglicht dynamisches Bloggen schnelles Wachstum und Erfahrungsaufbau – was gerade am Anfang unseres Blogabenteuers essentiell notwendig für unsere Sichtbarkeit ist.

Meine Reise als Bloggerin hat gezeigt, dass es wichtig ist, flexibel zu bleiben und den eigenen Blogstil regelmäßig zu hinterfragen und anzupassen: Als ich 2018 wieder mit dem Bloggen angefangen habe, habe ich v. a. viele eher kurze Blogartikel geschrieben (bis ca. 1.500 Wörter). Nach einigen Jahren, ab ca. 2022, habe ich angefangen, regelmäßig epische Anleitungen mit über 3.000 Wörtern zu schreiben. Das war bei mir der Übergang vom dynamischen Bloggen (schnell und häufig bloggen, Fokus auf Quantität) hin zum Slow Blogging (Fokus mehr auf inhaltliche Tiefe und Qualität) bzw. zum technischen Bloggen (Fokus auf klickstarke Expertenartikel, die hochgradig SEO-optimiert sind). Letztendlich geht es darum, unsere ganz persönliche Balance zu finden zwischen der Freude am Schreiben, unserem Bedürfnis, uns als Expertenmarke zu etablieren und in der Welt sichtbar und wirksam zu werden (ich LIEBE es, meinen Blog-Zahlen dabei zuzuschauen, wie sie steigen! Hier findest du meinen Blogvertrag, mit dem ich meine Blog-Zahlen tracke).

Ich will dich dazu ermutigen, deinen eigenen Blog-Weg zu finden. Experimentiere mit verschiedenen Stilen, sei es Slow Blogging, technisches Bloggen, dynamisches Bloggen oder eine Mischung aus allen. Wichtig ist, dass du authentisch bleibst und Spaß am Bloggen hast. Das wird sich in deiner Schreibe widerspiegeln und deine Leser anziehen und binden. Und klar, wichtig ist natürlich auch, dass dein Blog nicht einschläft. Daher: Klicke regelmäßig den Veröffentlichen-Button und blog like nobody’s reading!