Ein Hype geht um. Diesmal: ChatGPT, ein KI-Tool, das Fragen beantworten, Texte schreiben und sogar Code generieren kann. Aber Moment mal: Hype? Das kennen wir doch schon! Mir fallen da spontan diese Hype-Beispiele ein: Segway. StudiVZ. Ricardo.de. Hyperloop. Blockchain. Let’s buy it.com. Das Metaverse (Mark-Zuckerberg-Edition). Die Audio-App Clubhouse. Es gibt so viele Hype-Beispiele, aus denen (fast) nichts geworden ist. Oder bei denen die angekündigte riesengroße Umwälzung nur langsam vorankommt. Ich glaube, bei ChatGPT wird das ähnlich verlaufen.

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ich halte ChatGPT und ähnliche KI-Tools für revolutionär (ich nutze im folgenden Text ChatGPT als Stellvertreter für alle Arten dieser KI-Tools). Sie sind schon jetzt in den Kinderschuhen spektakuläre Allrounder, die beeindruckendes leisten können. Die gute Nachricht: Blogger, Texter und Autoren werden deshalb trotzdem nicht so schnell arbeitslos.

Am 11. Dezember 2022 habe ich einen Prognosen-Blogartikel veröffentlicht: PROGNOSE: Content, Online-Business, digitales Marketing: DAS funktioniert in 2023! In diesem Blogartikel habe ich meine Prognose für 2023 aufgeschrieben – und 17 weitere Experten gefragt, was 2023 wichtig wird. Die meisten Antworten drehten sich rund um gute Inhalte, Video, Authentizität und Persönlichkeit. Im Januar 2023 habe ich den Blogartikel mit einem kleinen Werbebudget bei Facebook beworben. Die Kommentare, die ich unter meinem Posting bekommen habe, waren sehr interessant. Hier ein Beispiel:

ChatGPT wird viele arbeitslos machen? ChatGPT ist DIE Content- bzw. Marketing-Lösung in 2023? Der krasse Egal-Macher, der das Marketing- bzw. Blogger-Spielfeld komplett neu aufstellt? Ich finde, das ist eine interessante Aussage. Vor allem, nachdem ich ChatGPT selbst ausprobiert und einen Einblick in die Funktionen bekommen habe: Ende Januar 2023 war ich bei einem digitalen Bloggertreff und eine der anwesenden Personen hat uns ChatGPT demonstriert. Er hat der KI die Aufgabe gestellt, einen Text über den Kölner Zoo zu schreiben. Das Ergebnis: Der Text hatte 5 Absätze, von denen alle gleich anfingen: Der Kölner Zoo ist, der Kölner Zoo hat, der Kölner Zoo wurde usw. Zudem war eine Information doppelt (die Größe des Zoos). Es gab keine guten Übergänge und man hat dem Text angesehen, dass das Tool offensichtlich die Absätze in keinen sinnvollen Zusammenhang bringt, so nach dem Motto: Es wusste im 2. Absatz nicht mehr, was es im 1. Absatz geschrieben hat. Und, was ich besonders interessant fand: ChatGPT macht keine Quellenangaben. Nachdem wir uns den Text über den Kölner Zoo angesehen haben, war klar: Dieser Text muss zwingend überarbeitet werden, die Informationen im Text müssen überprüft werden. Ich bin mir sehr sicher, dass Google schon bald ein Update bringen und solche KI-Texte abstrafen wird. Interessant dazu auch dieser Blogartikel von Neil Patel: What the New Google Search Essentials Tells Us About SEO. Er schreibt: „The big takeaway for you here is that Google isn’t saying that you can’t use AI-created content. They have an issue with the quality of AI content.“

ChatGPT ist vielleicht eine Unterstützung, wenn wir Listen oder einfache Was-ist-Artikel schreiben. Da liefert uns das Tool ganz gute Vorlagen und nimmt uns Recherchearbeit ab (die angegebenen Fakten müssen wir aber unbedingt gegenchecken). Aber je länger der Text wird, umso schlechter wird er. Und sobald wir persönliche Blogartikel, Meinungsartikel oder kreative Blogartikel schreiben, in denen wir Schlüsse ziehen und kreative Assoziationen anstellen, kann uns dieses Tool gar nicht mehr unterstützen. Aber selbst wenn sich das eines Tages ändern sollte: Ist das eine Bedrohung für Blogger?

Ob ChatGPT für Blogger ein Problem darstellt, habe ich mir in den vergangenen Wochen sehr viele Gedanken gemacht. Dabei habe ich einige Prognosen entwickelt. In einigen davon kommen Blogger tatsächlich nicht so gut weg. Wobei man hier ganz stark differenzieren muss: ChatGPT ist v. a. für technische und strategische Blogger eine Hilfe – und für sie auch zugleich die größte Bedrohung. Denn es sind gerade die technischen Blogger, die mit steigendem technischen Fortschritt schnell wegautomatisiert werden können. Dynamische Blogger, zu denen ich mich auch zähle, können dem KI-Zeitalter hingegen sehr entspannt entgegensehen.

Getreu dem Motto „Prognosen sind schwierig, insbesondere wenn sie die Zukunft betreffen“ wage ich mich hiermit an ChatGPT-Prognosen. Spätestens in einem Jahr mache ich den Check, wie es um meine Prognosen vom Februar 2023 steht. Dann haben wir vielleicht etwas zum Lachen 😃 Einige dieser Prognosen zielen auf einen längeren Zeitraum ab, andere sind relativ kurzfristig. Daher: Ich bin selbst gespannt, wie sich das Thema KI-Tools entwickeln wird und wie wir dieses Thema in einem Jahr bewerten!

Meine 12 ChatGPT-Prognosen

  1. Diejenigen, die KI-Tools besser und kreativer einsetzen, werden einen Vorteil haben. Es wird Fortbildungen und Kurse rund um KI-Tools geben. How to KI: Hier werden ganz neue technische und kreative Geschäftsmodelle entstehen! Mit KI umzugehen, wird in Schulen gelehrt (aber natürlich erst, nachdem Lehrer und Verantwortliche vergeblich versucht haben, KI aus der Schule zu verbannen). Das Entwickeln von originären Ideen und die Fähigkeit zur kreativen Problemlösung werden DIE zentralen Fähigkeiten und Schwerpunkte in der Ausbildung sein. Die Menschen am unteren Ende der Kreativitäts- bzw. Ausbildungsskala werden, mal wieder, gucken, wo sie bleiben.

Update vom 18. Februar 2023: Joanna Wiebe von den Copyhackers hat am 14. Februar den Onlinekurs „Master of AI Copy“ gelauncht. Das ist der erste KI-Kurs, den ich sehe!

Gut zu wissen: AI steht für Artificial Intelligence, also Künstliche Intelligenz.
  1. Content-Management-Systeme wie WordPress werden KI-Features serienmäßig eingebaut haben, die beim Bloggen als Stichwortgeber und Faktenchecker fungieren. Die KI wird bei einer Textpassage passende Inhalte vorschlagen: ein Bild, Zitat oder eine Quelle. Nach einem kurzen Briefing erstellt die KI auf Knopfdruck eine Liste an Argumenten bzw. thematisch passenden Punkten, die dann nur noch überarbeitet und leicht umformuliert werden muss. Ein Vorbote davon ist Microsoft, das seine Teams-Software mit ChatGPT aufbohren will, um z. B. automatisch Meeting-Protokolle zu erstellen.

Update vom 18. Februar 2023: Was sehe ich da in meinem WordPress-Backend? Ein Plugin für eine AI-Engine. Das habe ich mir natürlich gleich heruntergeladen. In den nächsten Wochen werde ich damit experimentieren.

Das ging ja schnell: Schon am 18. Februar 2023 hatte ich in meinem WordPress-Backend diese Meldung. Ich habe mir das Plugin natürlich sofort geholt!
Jetzt bin ich gespannt 😎
  1. Eine herausragende und kreative Umsetzung wird sich durchsetzen – wie immer schon! Ein Text ist zunächst nur einmal ein Text. Wie wird er umgesetzt, gestaltet, interpretiert? Unsere besten Ideen und die schönsten Texte sind nichts wert, ohne Umsetzung. Design, Farben und Branding werden noch wichtiger. Eines Tages werden Suchmaschinen in irgendeiner Art auch die Gestaltung der Webseiten in ihren Algorithmus aufnehmen (wenn KI gute Texte schreiben kann, kann sie vielleicht auch beurteilen, ob eine Webseite gut ist).
  2. Persönliche Texte, Meinungsartikel, Rants (Schimpftiraden) und Kolumnen werden eine Hochzeit (mit langem o) erfahren. Persönliche Blogs, Lifestyle-Blogs und Tagebuchblogs werden ein Revival erleben. Der eigene Stil wird DAS Aushängeschild im KI-Zeitalter. Alle, die sich nicht trauen, Gesicht zu zeigen oder mit einer starken Meinung sichtbar zu werden, werden abgestraft. Das Mittelmaß wird sich nach oben verlagern. Leute, die heute mit mittelmäßigen Angeboten und generischen Aussagen noch durchkommen, werden schon bald Probleme bekommen. Menschen werden auch im KI-Zeitalter kreative Möglichkeiten finden, sich zu differenzieren, um ihre Kreationen von automatisierter Massenware abzugrenzen. Hier dürfen wir sehr gespannt sein, wohin die Reise geht.
  3. Microtargeting im Internet: KI wird Texte und Postings erstellen, die auf jede individuelle Person maßgeschneidert sein werden. Generische Werbeanzeigen werden nicht mehr mit der Gießkanne über große Zielgruppen ausgegossen, um zu schauen, was hängenbleibt, sondern ganz fein abgestimmt auf extrem individuelle Vorlieben. Die Grundlage dafür gibt es schon: Unser Like- und Nutzungs-Profil auf Facebook, Instagram, TikTok & Co, zusammengeführt mit all den anderen Informationen über uns aus dem Internet, von Ämtern und von den Shops, in denen wir einkaufen. Unser digitaler Fingerabdruck wird eines Tages das perfekte Briefing für KIs sein, um Postings zu erstellen, die nur uns, also einer einzigen Person, angezeigt werden.
  4. Das führt zu einem (kleineren) Gegentrend: Back to Offline. Kein Facebook zu haben und keine KI zu nutzen, wird für eine gewisse Gruppe das neue Statussymbol. Ganz nach dem Motto: Das habe ich gar nicht nötig! Ich kann mir ein Leben ohne leisten! Handgemachtes, „Echtes“ und Unperfektes wird eine neue Wertschätzung erfahren.
  5. Computer? Wir kommen der Zukunftsvision von Star Trek immer näher: Eines Tages haben wir eine richtig schlaue KI, die komplexe Fragen versteht und uns im Alltag auf unsere Fragen gute Antworten liefert. Sie wird sich an unsere früheren Fragen und Sätze erinnern. Sie wird sich an uns anpassen. Eines Tages hat jeder von uns seine eigene KI-Version. Wie ein imaginärer Freund, der immer an unserer Seite ist! (Ich gebe zu, das klingt auch ein bisschen gruselig)
  1. Suchmaschinen wie Google, die auf einem Index basieren und bei einer Suchanfrage viele Ergebnisse präsentieren, werden unter Druck geraten. Sie werden ihr Geschäftsmodell und ihre Algorithmen anpassen müssen, denn die Menschen werden sich daran gewöhnen, bei einer Suchanfrage EINE Antwort zu bekommen (Google präsentiert schon bald „Bard“, seine eigene KI-gestützte Textsoftware). Ergebnisseiten, wie wir sie heute bei einer Google-Suche sehen (=SERP bzw. Search Engine Result Page) werden als umständlich und altmodisch betrachtet: Was?? Ich muss durch das alles durchlesen? Das wird v. a. technische und zu einem gewissen Teil auch die strategischen Blogger (hier findest du meine Definition dieser Blogtypen) in Bedrängnis bringen, deren Geschäftsmodell darauf beruht, ihren Traffic zu monetarisieren, indem sie bei einer Google-Suche auf S. 1 erscheinen und die relativ austauschbare, hochgradig suchmaschinenoptimierte Inhalte mit wenig Persönlichkeit produzieren. Wenn es nur noch ein relevantes Suchergebnis gibt, zumal ohne Quellenangabe und ohne Klick auf die Webseite, relativiert das die gesamte bisherige Anstrengung vieler Blogger und Content-Produzenten, auf Seite 1 der Suchergebnisse zu gelangen. Alles wird davon abhängen, ob KI-Tools in Zukunft klickbare Quellenangaben machen werden oder nicht. Wenn Quellenangaben als neues Feature hinzukommen, reicht es Bloggern und Content-Produzenten nicht mehr, auf Seite 1 in den Suchergebnissen zu erscheinen. Dann muss es Platz 1 werden! Second Place is the first Loser. Das führt zu einem gnadenlosen Verdrängungswettbewerb, den der wirklich relevanteste Inhalt (optimistische Prognose) oder das größte Budget (pessimistische Prognose) gewinnen wird. Sollte es bei ChatGPT & Co. weiterhin keine klassischen Quellenangaben geben, könnte sich die SEO-Lage für viele Leute vielleicht sogar entspannen. Womöglich weichen die klassischen Suchmaschinen im Prozess der schöpferischen Zerstörung neuen Such-Anwendungen (aber ich glaube, ich werde die klassische Google-Suche noch sehr lange nutzen).
  2. Wie KI programmiert wird, mit welchen Inhalten sie gefüttert wird und welche Ergebnisse sie (nicht) anzeigen soll, wird sich zu einer politischen Frage entwickeln. Wenn die KI nur eine Antwort gibt – was passiert, wenn sie falsch ist? Unsere Gesellschaft wird die Frage diskutieren: Kann man eine KI verklagen? Wer haftet in Fällen, in denen eine falsche Antwort gefährlich ist? Was tun, wenn KI z. B. sexistisch oder rassistisch ist? Dass das nicht so abwegig ist, zeigt ein Beispiel von Amazon: Eine KI sollte dabei helfen, aus einem Bewerber-Pool die besten Bewerbungen herauszusuchen. Seltsam, dass das alles Männer waren!
  3. Mittelmäßige Webseiten und Webseiten, die auch nur im Entferntesten nach KI riechen, werden von Google & Co. schon bald gnadenlos heruntergestuft. Ein neues Google-Update im Stile des Panda-Updates von 2011 wird nach KI-Texten fahnden und minderwertige Texte ins digitale Nirvana verbannen. Vielleicht werden Webseiten, die auf KI-Texte setzen und diese Texte nicht so überarbeiten, dass sie ein gutes Niveau haben, nicht nur heruntergestuft, sondern sogar komplett aus dem Index verbannt – die digitale Höchststrafe für alle Contentproduzenten. Auch, um sich im Verdrängungskampf gegen KI-Tools zu behaupten, werden Suchmaschinen KI-Texte sehr kritisch bewerten. Das wird einen Kreativitätsdruck erzeugen, der v. a. Texter am unteren Ende der kreativen Nahrungskette unter Druck setzen wird. Also z. B. alle, die sich mit Wortpreisen statt Stundensätzen über Wasser halten.
  4. Blogger, Content-Producer und Verlage werden gegen ein Feature von ChatGPT Sturm laufen: Die fehlende Quellenangabe. Ob und wie das möglich sein wird, Quellenangaben in KI-gestützten Textprogrammen einzubinden, ist jedoch fraglich: Wenn ChatGPT mit Unmengen Büchern und digitaler Inhalte gefüttert ist und bei einer Suchanfrage genau eine Antwort gibt: Ist diese Antwort eine Mischung aus zig Quellen oder kann diese Antwort hauptsächlich einer Quelle zugeordnet werden? Es wird Features geben, die Bloggern, Verlagen und Autoren erlauben, bei ihren Blogartikeln anzugeben, ob sie für KI-Tools verwendet werden dürfen oder nicht. Das wird, mal wieder, eine große Debatte rund um die Themen Urheberschaft und Verwertungsrechte lostreten. {Na, das ging ja schnell: KI soll Lizenzgebühren zahlen: Verleger mit deutlichen Forderungen vom 14. Februar 2023 😄}
  5. Im Spiegel Online Artikel Jobvernichter ChatGPT? Die Angst vor dem Büro-Terminator (leider hinter einer Bezahlschranke) steht folgendes: „Die Leistungsfähigkeit der Sprachmodelle verdoppele sich mit jedem halben Jahr. Schleichend werde KI immer weitere Teile der Arbeitswelt übernehmen. Die Gesellschaft müsse dafür eine Lösung finden, damit es »ihr nicht ergeht wie dem Frosch im kochenden Wasser«, fordert der Experte. In der Vergangenheit habe der Wohlstand der Nationen auf Humankapital basiert. Wenn Arbeit zunehmend entwertet werde, dann müsse über neue Wege nachgedacht werden, wie Einkommen verteilt wird.“
    KI-Tools werden die Diskussion um das bedingungslose Grundeinkommen neu aufflammen lassen. Dafür müssen sie nicht erst massenhaft Bürojobs verdrängen.

Das klingt jetzt erst mal nicht so rosig? Ich glaube, dass wir uns trotzdem keine allzu großen Sorgen machen müssen. Denn: Kultur und Gesellschaft – das sind alles WIR! Wir gestalten den Veränderungsprozess mit und wir sind der kreativen bzw. schöpferischen Zerstörung nicht hilflos ausgeliefert. Zudem wird es mindestens einige Jahre dauern, bis sich solche Tools durchsetzen und auch im Alltag von Leuten ankommen, die nicht zur digitalen Speerspitze gehören. Und auch dann glaube ich nicht, dass das Selbst-Schreiben aus der Mode kommen wird.

3 Gründe, warum Blogger und Kreative keine Angst vor ChatGPT haben müssen

Dass ich Entwicklungen wie ChatGPT sehr entspannt entgegensehe, liegt auch an meinem Werdegang: Immer, wenn eine neue Technologie um die Ecke kam, war ich neugierig und habe mich sehr gerne und intensiv damit beschäftigt. Als das Internet ca. 1999 Einzug in unseren Haushalt gehalten hat, war ich sofort begeistert (ich habe meine Eltern dazu gedrängt, endlich einen Anschluss zu holen. Meine Güte, hatten sie Vorurteile gegenüber dem Internet! Fun Fact: Wir hatten anfangs EINE E-Mail-Adresse für die ganze Familie. Doch dann kam web.de 😄). In meinem BWL-Studium habe ich 2006 meine Diplomarbeit über virales Marketing geschrieben. Ich wollte meine Diplomarbeit mit einem Blog begleiten, ich war damals frischgebackene und sehr begeisterte Neu-Bloggerin (ich habe 2005 mit dem Bloggen angefangen). Meine Hochschule war zunächst dagegen: Die Professoren meinten, ich könnte ja „aus dem Internet abschreiben“ und dass die Qualität meiner Diplomarbeit darunter leiden könnte. Irgendwas mit Internet hieß damals „Neue Medien“, das Internet war damals noch wirkliches Neuland – also noch viel mehr als in 2013, als Angela Merkel das Internet als Neuland bezeichnet hat. Mein Professor hat sich für mich eingesetzt und ich habe dann doch grünes Licht von meiner Hochschule bekommen. Das Ergebnis: Eine sehr gute Diplomarbeit, die große Wellen geschlagen hat und die eine große Sichtbarkeit bekommen hat (hier findest du das PDF meiner Diplomarbeit. Enjoy!). Und ich war eine der ersten (wenn nicht sogar der erste) Diplomblogger Deutschlands. Heute ist das ganz normal, dass Studenten über ihre Diplom Bachelor-Arbeiten im Digitalen schreiben. Schon damals bin ich also auf Bedenken bezüglich neuer Technologien gestoßen, die sich nicht bewahrheitet haben.

Hier nun meine Einschätzung, warum wir keine Angst vor KI-Tools wie ChatGPT haben müssen:

1. Der Weg ist das Ziel: Für dynamische Blogger sind KI-Tools keine Abkürzung

Warum blogge ich? Blogge ich, um schnell Content auf meiner Webseite zu haben, der inhaltliche Minimalanforderungen erfüllt? Um schnell in Suchmaschinen zu ranken und um meinen Traffic zu monetarisieren? Oder blogge ich, weil es mir Spaß macht? Weil es Teil meiner persönlichen Weiterentwicklung ist? Um mich zu trauen, sichtbar zu werden? Um meine Stimme zu finden, um mir meine Klarheit zu erschreiben und um mein Wissen, meine subjektive Erfahrung in die Welt hinauszutragen?

Für Leute wie mich, ich nennen sie dynamische Blogger, ist ChatGPT keine Abkürzung und keine Hilfe. Für dynamische Blogger gilt: Der Weg ist das Ziel. Der fertige Blogartikel ist nicht das, worauf wir hinarbeiten. Es ist einfach nur das Ergebnis unserer Leidenschaft. In meinem Blogartikel Machen KI-generierte Blogartikel Sinn? Die dynamische Bloggerin sagt: Nein! habe ich geschrieben, dass die dynamische Bloggerin zwingend selbst schreiben muss. Denn Klarheit, Standing und persönliche Weiterentwicklung kommen nicht auf Knopfdruck.

Im Gegensatz dazu stehen alle Texter/Blogger, die auf Knopfdruck wegautomatisiert werden könnten. Die also z. B. nach Wortpreisen bezahlt werden, die in Content-Buden im Akkord Texte runterschrubben, die unpersönlichen und keinen wirklich hochwertigen/kreativen Content produzieren, viele technische Blogger: Viele dieser Leute kommen im KI-Zeitalter früher oder später in die Bredouille (allerdings glaube ich, dass das länger als ein Jahr dauert). Der technische Fortschritt zwingt/motiviert diese Leute, sich auf der Kreativitäts- bzw. Ausbildungsskala nach oben zu differenzieren. Für viele Leute wird das eine große Chance sein.

2. Eine KI macht keine Umsetzung

Viele Leute haben Ideen, aber sie scheitern an der Umsetzung. Eine gute Umsetzung wird auch in Zukunft über Erfolg oder Misserfolg entscheiden. KIs wie ChatGPT erstellen vielleicht einen Text, der inhaltlich einigermaßen richtig ist – das ist aber bei allem Hype nicht wirklich viel. Das ist höchstens der Anfang. Der Anfang eines Blogartikels, eines Postings, eines Skripts, eines Videos. Eine KI kann diesen Text (noch?) nicht feinschleifen und auf unserem Blog veröffentlichen, nicht kreativ interpretieren, keine kreative Video-Idee dafür entwickeln – das müssen wir selbst tun. Trotz KI und ChatGPT, also obwohl mit solchen KI-Tools das Schreiben einfacher wird, wird es nicht mehr Blogger geben. Denn auch beim Bloggen gilt: Nicht der Text an sich ist das Problem. Sondern die Webseite aufzusetzen inklusive der ganzen kreativen und strategischen Fragestellungen drumherum (wie soll meine Webseite heißen? Wie soll mein Logo aussehen? Was soll mein Thema sein?), das Ins-Tun-Kommen und der Klick auf den Veröffentlichen-Button, das Sich-Hinaustrauen und Sichtbarwerden. Das kann uns keine KI abnehmen! Alle, die jetzt schon an dieser Hürde scheitern, kommen auch mit ChatGPT keinen Schritt weiter.

Für alles, was die KI uns an Arbeit abnehmen soll, müssen wir in Vorleistung gehen: Die Ergebnisse einer KI sind nur so gut, wie unsere Fragen und unsere Grundlagen, die wir schon gelegt haben. Auf die allgemeine Frage „Was ist eine Positionierung?“ hat ChatGPT eine Antwort. Auf die sehr spezifische Frage „Wie soll ich mich positionieren?“ hingegen nicht. Wir können unsere Kreativität, unsere Motivation und das Finden unseres Weges nicht auslagern, wir können unsere Verantwortung und unser Streben nach der für uns richtigen Lösung nicht an eine KI abgeben. Außer natürlich, wenn wir uns mit generischem und holprigem Einheitsbrei zufriedengeben.

Das menschliche Element ist auch im KI-Zeitalter unersetzlich. ChatGPT ist auch nur ein Tool, das immer noch eingesetzt werden muss. Die Texte von ChatGPT kann man nicht einfach so übernehmen. Sie müssen überarbeitet und gegengecheckt werden. ChatGPT dreht uns keine Videos und macht uns keine Postings. Es kreiert weder originäre Ideen noch großartige Dinge. Es ist nicht kreativ. Es erleichtert uns vielleicht einige Handgriffe und hilft uns bei der Recherche, aber es motiviert uns nicht aus unserer Komfortzone hinaus, um tätig zu werden. Das müssen wir immer noch selbst machen. Aber klar: Wer kein Mindestmaß an Mut und Kreativität hat, muss sich fürchten. Aber nicht erst seit ChatGPT.

3. KI kann menschliche Grundbedürfnisse nicht erfüllen

Was macht uns menschlich? Meiner Meinung nach: Unsere Kreativität und Menschlichkeit. Wonach sehnen wir uns? Nach Gemeinschaft, Freundschaft und Nähe. Daher bin ich der Überzeugung, dass Kurse, Jobs, Ausbildungen und Angebote, die darauf abzielen, immer ihre Daseinsberechtigung und einen Markt haben werden. Sie können nicht von KI-Tools verdrängt werden, weil das eine zutiefst und exklusiv menschliche Kompetenz ist.

Vor ca. 15 Jahren war ich bei einem Blogger-Meetup im Daimler-Museum in Stuttgart. Einer der Vortragenden hat gesagt: Wir sollten uns nicht mit Robotern und KI messen, denn sie können viele Dinge einfach viel besser und schneller, als wir. Da können wir nur verlieren! Wir sollten uns stattdessen lieber darauf besinnen, was wir besser können und uns darauf konzentrieren. Also: Alles, was uns menschlich macht.

Deshalb gilt: Blogger, die mit ihrer Persönlichkeit eine starke Personenmarke aufbauen und ein Gemeinschaftsgefühl erzeugen, werden in Zukunft immer eine Leserschaft finden. Und auch ich bin angesichts der KI-Entwicklungen sehr entspannt, denn ich weiß, dass mein Blogkurs The Content Society vor allem wegen der Society, also wegen der Gemeinschaft, so ein starker Kurs ist. Bei mir geht es natürlich auch darum, zu lernen, wie man bloggt. Diese Informationen findet man im Internet, schon seit es das Internet gibt: Es gibt zig kostenlose Anleitungen und Videos im Netz. Das ist mir aber egal, denn die Anleitung ist in meinem Kurs nur ein winziger Aspekt. Der viel wichtigere Aspekt in The Content Society ist die Community, das Miteinander, das gegenseitige wertschätzende Feedback, das persönliche Wachstum, die Real-Life-Treffen und die Motivation, die ich Woche für Woche versprühe. KI kann uns Informationen geben und uns einen gut klingenden Text vorsetzen – es kann uns aber nicht zum Dranbleiben motivieren. KI kann unsere zutiefst menschlichen Bedürfnisse nach Wertschätzung, persönlichem Wachstum und Gemeinschaft nicht erfüllen.

Oder, um es kurz zu sagen: Ich glaube nicht, dass ChatGPT Kreativtexter und (dynamische) Blogger arbeitslos machen wird. Das sagt sogar ChatGPT! ;-)

Fun Fact: Ich habe ChatGPT mittlerweile ständig offen und benutze es genau dafür, was ChatGPT hier geschrieben hat ⬆️ ⬆️

Mehr zum Thema ChatGPT und KI-Tools:

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Bessere Treffer durch ChatGPT: Das Ende von Google, wie wir es kannten von Sascha Lobo auf Spiegel Online.

Die folgenden zwei Blogartikel habe ich in Henning Uhles Newsletter entdeckt:

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Blogartikel von Couchblog: Singularität in Sicht