Ich bin seit 2009 selbständig und habe am Anfang fast ausschließlich für Agenturen gearbeitet. Mit der Zeit kamen KMU, Startups und Selbständige dazu – alle mit unterschiedlicher Motivation, einen Texter zu engagieren. Nach einigen Jahren kristallisieren sich bei mir gewisse Muster heraus und ich kann schon bei der Anfrage eines Kunden sehr genau abschätzen, ob eine Zusammenarbeit Sinn macht – oder auch nicht.

Wann macht es Sinn, einen freien Texter zu engagieren?

Ein Freelance-Texter unterstützt die Werbeagentur wenn sie an ihre Kapazitätsgrenze gelangt

Der klassische Fall in meiner eigenen Selbständigkeit ist, dass mich eine Agentur für ein Kundenprojekt anfragt. In den meisten Fällen ist die Agentur voll ausgelastet und die eigenen Texter haben keine Kapazitäten mehr. Ich decke dann Auslastungsspitzen ab. Seltener fragt mich eine Agentur an, weil sie keine eigenen Texter hat und die Kooperation mit einem Freelance-Texter sucht. In beiden Fällen heißt es dann oft: hier ist das Briefing, go for it!

Sympatexter goes for it, again and again. Und langsam verschiebt sich der Fokus der Zusammenarbeit. Ich habe im Laufe der letzten Jahre festgestellt: früher oder später lande ich bei fast jeder Agentur im Bereich Eigenmarketing. Denn durch die intensive Zusammenarbeit (es bleibt zum Glück oft nicht nur bei einem Projekt) schaue ich mir dann natürlich auch das ganze Drumherum wie z.B. den Social Media Auftritt der jeweiligen Agentur an und stelle fest: da geht noch was! So habe ich für Werbe- und Designagenturen schon Powerpoint-Präsentationsvorlagen überarbeitet (meine Quintessenz: Fußzeilen und Header raus, Bilder groß, Überschriften kurz), die Facebook-Seite auf Vordermann gebracht und den Weg zum lange geplanten aber irgendwie nie gewagten Instagram-Auftritt geebnet. Meine Erfahrung ist: dieser Schritt, Werbung für eine Agentur zu machen (und nicht nur für ihre Kunden) kann erst erfolgen, wenn man einen tiefen Einblick in die Agentur selbst hat. Normalerweise passiert das, je nach Intensität der Zusammenarbeit, nach ca. einem halben Jahr.

Wenn ein KMU keine interne Textkompetenz hat

Viele KMU haben eine Marketingabteilung – aber oft keinen Texter. Am Anfang versuchen viele KMU, die Texte intern zu schreiben. Dann darf die Marketingperson mit der besten Schreibe die Flyer, Pressemitteilungen, Broschüren und Webseitentexte texten, bis man feststellt: das dauert ja länger als gedacht. Das Unternehmen steht dann vor der Wahl: einen neuen Mitarbeiter einstellen, eine Agentur beauftragen oder einen freien Texter engagieren. Die für den Anfang günstigste und unverbindlichste Alternative ist in den meisten Fällen der Freelancer. Wichtig beim Engagieren eines Texters ist, dass das KMU schon eine Marketinggrundlage hat, auf der ein Texter aufbauen kann. Ich wurde schon von KMU angefragt, die z.B. Broschürentexte haben wollten, aber keinen Claim oder keine saubere Positionierung hatten. Hier kann der Texter evtl. Grundlagenarbeit leisten – wenn das vom KMU gewünscht wird. Wenn nicht, habe ich gelernt: Finger weg von solchen Aufträgen, das geht mit hoher Wahrscheinlichkeit schief.

Der Selbständige auf dem Sprung zu mehr

Du stehst am Anfang deiner Selbständigkeit, hast schon erste Kunden gewonnen (z.B. aus deinem Bekanntenkreis) und fühlst dich unsicher, was das Schreiben angeht. Ein Texter an deiner Seite kann dich dabei unterstützen, deine bestehenden Texte zu überarbeiten. Achte darauf, dass du dir einen Texter als Sparringspartner holst, der Erfahrung im Bereich deines Projekts hat – sie/er sollte also schon Webseiten, Newsletter und/oder Social-Media-Strategien getextet haben, je nachdem was du vorhast. Für dich ist das vielleicht das erste Projekt dieser Art – für deinen Texter im Idealfall schon das x-te. Diese Erfahrung ist Gold wert und führt zu einer großen Zeitersparnis für dich.

Anderer Fall: Du bist schon seit einiger Zeit erfolgreich selbständig und du stellst fest: du hast keine Zeit mehr, um alles alleine zu machen. Die Grundzüge deiner Kommunikation stehen soweit, du hast schon eine getextete Webseite und weitere Marketingmaterialien und möchtest jetzt darauf aufbauen. Zum Beispiel weil du ein neues (Service)Produkt entwickelt hast oder eine neuen Zielgruppe erschließen willst. Ein freier Texter kann dir in einem Ideen-Pingpong helfen, viele (Content-)Ideen zu entwickeln und sie mit dir gemeinsam umsetzen.

Stichworte „gemeinsam“ und Sparringspartner: gerade bei Selbständigen habe ich die Erfahrung gemacht, dass nur gemeinsames Arbeiten in Form von Co-Creation zum Erfolg führen kann. Ganz egal, auf welcher Stufe sich ihr Unternehmen befindet.

Ein Texter macht Sinn für dich? Ich habe hier geschrieben, wie du den für dich passenden Werbetexter findest.

Wann es keinen großen Sinn macht, einen freien Werbetexter zu engagieren

Du willst deine Texte zu früh abgeben. Wichtig: definiere zuerst deine Ziele, Wunschkunden und Angebote

Wenn du noch ganz am Anfang deiner Selbständigkeit stehst und du noch kein Angebot, Einkommen und keine Kunden hast, würde ich dir davon abraten, gleich einen Werbetexter zu engagieren. In diesem Stadium brauchst du meiner Meinung nach auch noch keine fancy Webseite – ein ganz einfacher Onepager, eine Facebookseite und/oder ein Xing-Profil mit einem downloadbaren Portfolio/Lebenslauf und Kontaktmöglichkeiten reicht vollkommen aus. Ich sehe oft Selbständige, die, noch bevor sie überhaupt Kunden oder konkrete Produkte haben, sich von einem Designer schon ein schickes Logo und eine Webseite erstellen lassen. Das ist mMn die falsche Reihenfolge. Du musst dir zuerst sehr klar über deine Ziele und Zielgruppe, über deine Wunschkunden und deine Angebote sein, bevor du einen Texter sauber briefen (also: einweisen bzw. instruieren) kannst.

Finde zuerst deine Stimme, bevor du deine Texte extern vergibst

Mein Tipp: Finde zuerst auf eigene Faust deine eigene Sprache. Dazu empfehle ich dir, erste Kommunikationsschritte auf Facebook und z.B. Instagram zu gehen und verschiedene Postingformate und Kundenansprachen auszuprobieren. Was fühlt sich gut an, was nicht? Duzen oder Siezen? Professionelle Distanz oder lockere Ansprache? Finde deinen eigenen Stil, deine eigene Online-Stimme in deinem eigenen Blog – auch wenn du denkst, nicht schreiben zu können! Diese Arbeit kann dir kein Texter abnehmen. Denn die Gefahr ist, dass sich alles, was ein Texter am Anfang deiner Selbständigkeit für dich schreibt, nicht nach dir selbst anfühlt. Hier hilft nur gemeinsame Co-Creation. Ich nutze dafür u.a. Google Docs und arbeite mit meinen Kunden parallel an Konzepten und konkreten Texten – aber der Kunde muss vorlegen! Ich unterstütze dann bei der Auswahl, beim Verfeinern und Formulieren.

Wenn du dich noch nicht mit einem Werbetexter eingegroovt hast – aber unter Zeitdruck stehst und/oder als Agentur Eigenmarketing machen willst

Was sich für mich auch regelmäßig als schwierig erwiesen hat, ist die Zusammenarbeit mit neuen Agenturen unter großem Zeitdruck. Dann fehlt beiden Seiten die Zeit und Muße zum Eingroven. Ist auch für die Agentur uncool. Feuerwehr-Aufträge empfehlen sich erst, wenn man seinen Auftraggeber schon gut kennt. Wenig sinnvoll finde ich auch, agenturfremde Texter für das Eigenmarketing einer Agentur zu engagieren nach dem Motto: „entwickeln Sie bitte eine Facebook-Strategie für uns.“ Hier besteht die Gefahr, dass das Ergebnis relativ generisch ist, weil der Texter noch keinen Einblick in die Agentur und ihre Besonderheiten hat. Viele Ideen entstehen zudem im informellen Gespräch (z.B. in der Kaffeepause) und dafür muss ein Texter nicht nur vor Ort sein, sondern auch eine gewisse Zeit in der Agentur verbringen und eine persönliche Beziehung zu den Kollegen aufbauen. Mein Tipp: Die Agentur und der Freelancer sollten mindestens 3 gemeinsame Kundenprojekte durchgeführt haben, bevor der Freelancer an das Eigenmarketing der Agentur ran darf.