Wann ist eine Idee so richtig geil? Auf diese vermeintlich simple Frage habe ich in den Agenturen, in denen ich bisher unterwegs war, alle möglichen Antworten gehört. Die Antwort, die mich am meisten geprägt hat, habe ich allerdings bei der Konzept-Agentur Dorten mit auf den Weg bekommen: Eine Idee ist geil, wenn sie BRUTZ ist.
BRUTZ ist ein Akronym und steht für begeisternd, relevant, unerwartet, telefonierbar und zwingend.
Begeisternd
Hat eine Idee den gewissen Wow-Faktor? Setzt das Konzept Maßstäbe? Hat die Idee etwas Neues und Besonderes? Gewinnt sie die Herzen der Zielgruppe? Eine Idee, die begeistert, ist neu oder auf eine neue und spannende Weise umgesetzt.
Relevant
Greift das Konzept ein Problem der Zielgruppe auf? Löst es ein Problem? Beantwortet die Kampagne eine Frage – oder stellt sie vielleicht eine? Nimmt sie Bezug auf aktuelle Ereignisse? Setzt sie Trends oder verändert sie Verhaltensweisen in der Zielgruppe? Geht es bei der Idee um mehr als nur darum, den Absatz zu erhöhen? Verbessert die Idee den Status Quo? Hat sie Einfluss oder eine Haltung? Macht sie Sinn? An der Relevanz-Frage scheitern schon sehr viele Ideen.
Unerwartet
Hat die Ideen einen Überraschungseffekt? Gibt es an der Idee etwas, das man diesem Kunden nicht zugetraut hätte? Stellt die Idee vielleicht Erwartungen an die Marke in einer charmanten und positiven Art auf den Kopf? Hier geht es auch darum, das Bild, das man von der jeweiligen Marke hat, auszudehnen und das Spielfeld, auf dem eine Marke agieren kann, zu erweitern. Wenn sich eine Marke oder ein Produkt neu erfinden oder z. B. verjüngen will, kommt sehr oft der Joker namens „unerwartet“ ins Spiel. Als die Männer-Körperpflege-Marke Old Spice im Jahr 2010 die Clips mit Terry Crews veröffentlicht hat, war das z. B. extrem unerwartet für so eine (bis dahin) angestaubte Marke.
Telefonierbar
Ist die Idee einfach erklärt? Kannst du sie auch ohne Präsentation, Visuals oder Videos in wenigen Sätzen vermitteln? Gerade die besten Ideen sind nicht auf visuelle Unterstützung angewiesen, um sie zu vermitteln (wir reden hier von Konzeptideen und nicht von Bild- oder Designideen ;-)). Vorsicht ist angeraten, wenn fancy Präsentationen und großes Tamtam aufgefahren werden: Ideen mit wenig Substanz sind oft auf viel Erklärung und Special Effects angewiesen.
Zwingend
Das ist der vielleicht erklärungsbedürftigste Punkt: Ist die Idee zwingend? Ist sie so auf den Kunden zugeschnitten, dass er sie unbedingt umsetzen muss? Ist die Idee so maßgeschneidert, dass sie nur auf diesen einen Kunden passt? Trägt sie die DNA des Kunden in sich? Das geht natürlich nur bei starken Marken, die auch tatsächlich einen gewissen Charakter haben und die für etwas stehen. Zwingend bedeutet z. B. auch: Erfordert die aktuelle Situation unbedingt die Umsetzung des jeweiligen Konzepts?
In manchen Agenturen gibt es eine Unsitte: Wenn Kunde 1 das Konzept nicht nimmt, wird das Konzept einfach an den nächsten Kunden weitergereicht. Hier eine kleine Textänderung, dort eine Designanpassung und fertig ist das „neue“ Konzept. Wenn ein Konzept einfach so an einen anderen Kunden weitergereicht werden kann, ist das Konzept alles mögliche und vielleicht sogar ganz gut – aber nicht zwingend.
Zwingend? Zwei Beispiele für zwingende Ideen, die ich als Texterin entwickelt habe
1. congstar – die fröhliche Drei-pack-ich-keit
Im Jahr 2015 hieß es bei congstar: „Dein Leben. Dein Ding. Dein Mix.“ Alles kam im Dreierpack: sowohl das Wording als auch der Tarif. Damals konnte man bei congstar seinen Tarif nach den eigenen Bedürfnissen aus den drei Elementen Telefonminuten, SMS und Datenvolumen zusammenstellen. Im Herbst habe ich dann die Weihnachtsaktion namens „Fröhliche Drei-pack-ich-keit“ entwickelt. Das war eine riesige Wichtelaktion (bei der dann auch Spieler des FC St. Pauli mitgemacht haben). Die Aufgabe an die Teilnehmer lautete: packe drei Sachen in das Geschenk für deinen Wichtel-Empfänger.
Diese Idee hätte wegen der Dreier-Struktur nicht auf Vodefone, den Mutterkonzern Telekom, o2 & Co. gepasst. Diese Idee war maßgeschneidert auf congstar.
2. FERRERO Kinder Schokolade – die Kindergesichter der männlichen Fußball-Nationalmannschaft auf der Verpackung
Die Geschichte dieser Idee, die ich bei der Stuttgarter Eventagentur Full Moon entwickelt habe, nahm einige Umwege. Eigentlich wollte ich ja Justin Bieber auf die Verpackung setzen – aber das hat aus verschiedenen Gründen nicht geklappt. Und dann habe ich hin und her überlegt: wen oder was könnten wir denn als Milchbubi sonst noch auf die Verpackung der Kinder Schokolade setzen? Die Fantastischen Vier? Tatort-Kommissare? Deutsche Comedians? Bis mir beim Sehen einer Nutella-Werbung die Erleuchtung kam: natürlich die Stars der männlichen Fußball-Nationalmannschaft – denn die hatte Ferrero ja schon unter Vertrag!
Oh man! :-D Diese Idee war so naheliegend und so zwingend, dass ich mich echt frage, wieso niemand vorher darauf kam! Klar: für Milka & Co. hätte diese Idee NULL gepasst – aber für Kinder Schokolade war es die perfekte Idee! Hier gibts noch mehr Infos zu dieser Idee.