Heute wirst du ein Jahr alt. Ich kann mich noch genau an den Moment erinnern, an dem du in mein Leben getreten bist: Ich saß mit meiner Tochter beim Kieferorthopäden, die strahlende Frühlingssonne hat sich in den medizinischen Geräten gespiegelt und ich habe diese eine Nachricht auf mein Handy bekommen: Ab dem kommenden Dienstag würden die Schulen und Kindergärten wegen dir auf unbestimmte Zeit schließen. Es war Freitag, der 13. März 2020.
„Und was jetzt?“ habe ich mir gedacht? Erst mal nach Hause und mit Laszlo überlegen, wie es weitergeht.
Uns war schon klar, dass du heraufziehen würdest. Im Januar 2020, als die Nachrichten dieser mysteriösen Lungenkrankheit aufkamen. Im Februar, als meine Mutter mehrere Familienmitglieder vom Geburtstag meines Vaters ausgeladen hat – sie waren kurz vorher im Skiurlaub in Österreich und meine Mutter, eine Ärztin, wollte kein Risiko eingehen. Es war auch bei diesem Geburtstag, als ich mit meiner Mutter über eine anstehende Operation (bei mir) geredet habe und meine Mutter nur gesagt hat: „Warte damit. Jetzt ist keine gute Zeit.“
Anfang März 2020 hat sich langsam alles zugespitzt und plötzlich, ab Freitag, dem 13. März, ging alles drunter und drüber. Einen Monat lang hieß es wegen dir: Willkommen im kompletten Surrealchaos! Wir mussten unseren Platz in diesem ganzem Trubel aus Lockdown, Hiobsbotschaften und Unklarheiten erst einmal finden, uns in dieser neuen Situation „einrasten“ (statt auszurasten). Und dann ist uns auch noch das Klopapier ausgegangen! Weil wir nicht zu denen gehören, die irgendwas horten (im Herzen sind wir Minimalisten), haben wir eine Zeitlang in der Toilette unsere spärlichen Taschentuch-Vorräte aufgebraucht…
Wegen dir mussten meine Mastermindpartnerin Anke und ich das Event namens „Epic“, absagen, das wir Anfang Mai 2020 auf Schloss Haigerloch geplant hatten. Wegen dir konnten wir Ostern 2020 nicht mit meinen Eltern feiern. Und sowieso: Wir konnten monatelang meine Eltern nicht besuchen, obwohl die Kinder Laszlo und mir ständig mit „Ich will aber zu Oma und Oooopa!“ in den Ohren lagen. Das waren immer unsere Auszeiten, als ich die Kinder zu ihren Großeltern bringen konnte, manchmal sogar für eine ganze Woche. Das ging jetzt nicht mehr.
Wir mussten unser Familienunternehmen neu aufstellen, denn es hat nie zum Generationenvertrag gehört, dass wir arbeiten und gleichzeitig auf drei kleine Kinder aufpassen müssen. Dass wir vollkommen alleine mit allem klarkommen müssen. Damit ich weiterhin die Videos und Inhalte für unsere Onlinekurse produzieren konnte, haben Laszlo und ich vereinbart, dass er den Großteil des Homeschoolings und der Kinderbetreuung übernimmt.
Das war anstrengend, für jeden von uns auf eine eigene Weise. Diese Situation hat uns oft an unsere Grenzen gebracht. Zwischenzeitlich wussten wir auch nicht, wie das alles mit dir funktionieren soll. Wir haben mit dem Gedanken gespielt, unser Business wegen dir zurückzuschrauben. Laszlo hat die Unterlagen zum Bezug von Arbeitslosenhilfe (oder war es Kurzarbeit? Ich weiß es gar nicht mehr) schon ausgedruckt. Aber wir haben die Idee schnell verworfen. Wir haben uns entschieden, dass für uns „auf Nummer sicher zu gehen“ bedeutet, mit unserem Unternehmen „all in“ zu gehen und ohne Netz und doppelten Boden alles in unser Unternehmen zu investieren – gerade in einer Krisenzeit.
Das Auf und Ab der Emotionen war gerade am Anfang sehr intensiv. Rückblickend finde ich es faszinierend, dass Laszlo und ich kein einziges Mal miteinander laut geworden sind – mit den Kindern hingegen manchmal schon… Diese Situationen gehören definitiv nicht zu den Glanzmomenten meiner Mutterschaft.
Du hast uns streckenweise ganz schön ratlos gemacht – aber du hast uns auch dazu gezwungen, unser Miteinander als Familie, unsere Abläufe und unser Unternehmen weiterzuentwickeln. Uns mit dem auseinanderzusetzen, was noch fehlt und was noch nicht gut läuft. Du hast den Finger in die Wunde gelegt und hast uns dazu gebracht, Entscheidungen, die wir ewig vor uns hergeschoben haben, schnell zu treffen. Du hast uns dazu inspiriert, neue Angebote zu entwickeln und sie schnell und beherzt zu launchen. Im März/April 2020, vollkommen aus der Hüfte geschossen, war das „Fast Action Texter“, ein 4-Wochen-Kurs für alle, die schnell ihre Webseite texten wollten. Denn viele Leute hatten jetzt ein Ziel: Schnell das eigene Business digitalisieren, schnell die eigenen Dienstleistungen online bringen. Das alles haben Laszlo und ich neben unserem normalen Business gemacht – mit 3 kleinen Kindern zuhause, die auch langsam die Schnauze voll hatten.
Nur wegen dir habe ich im Sommer 2020 einen Sommerkurs gelauncht, der in einem Produktportfolio einer Texterin eher ungewöhnlich ist: Händständ your Business, ein vierwöchiger Handstand-, Blog- und Social-Media-Kurs. Denn wenn das Jahr 2020 etwas gebraucht hat, dann Spaß und good Vibrations. Genau das Richtige für die pandemüden Menschen da draußen – und es haben sich über 800 angemeldet! So stand der August 2020 ganz im Zeichen von Liegestützen, Planks und, klar, Handstandübungen!
Nie werde ich diesen Moment vergessen, als ich während des Launches von Händständ your Business gesagt habe: Teilnahme nach eigenem Ermessen und bitte nur bis zu einem BMI von 30. Just for Fun habe ich dann auch meinen eigenen BMI berechnet. Er lag bei 29,7 lag! Ich war nur ein Kilo davon entfernt, zu dick für meinen eigenen Handstandkurs zu sein! Egal. Denn ein sehr positiver Nebeneffek von Händständ your Business war für mich: Ich habe durch die viele Bewegung und das tägliche Training 7 Kilo Gewicht verloren!
Über Wochen hieß das Motto: Händständ, wohin ich auch schaue! Der Hashtag #Händständgäng ging zwischenzeitlich viral auf Instagram, der Kurs hat meine pandemüden Lebensgeister geweckt und ich habe mich am eigenen Mindset-Schopf aus dem Lockdown-Schlamassel gezogen. Klar, ohne dich wäre ich erst gar nicht in diesem Schlamassel gelandet. Aber andererseits: Ohne dich hätte ich auch nie den Mut gehabt, diesen total ungewöhnlichen Kurs überhaupt zu launchen.
Dieser Kurs und der Handstand sind später in mein Branding eingeflossen und die Händständ-Aktion wurde zu meinem persönlichen Konzept-Leitstern: Drunter mache ich es nicht mehr! Nach diesem großen sportlichen, beruflichen und persönlichen Erfolg wusste ich: Jede meiner nächsten Ideen müsste Händständ mindestens das Wasser reichen können. Diese neue Messlatte hat mir 2020 einen riesigen konzeptionellen Schub gegeben, Händständ war die Geburtsstunde meines neuen kreativen Anspruchs an mich selbst.
So ein kreativer Anspruch bringt allerlei Kollateralschäden mit sich. Zum Beispiel war mir klar, dass ich meinen laufenden Kurs überarbeiten müsste, weil er… meinem konzeptionellen Anspruch nicht mehr genügt hat (puh, ganz schön hart, das so zuzugeben. Aber hey, du hast 2020 das Brennglas brutal auf alle Sollbruchstellen gerichtet). Ich wusste also: Die Sympatexter Academy brauchte ein Makeover, eine Generalüberholung, um für die Zukunft gerüstet zu sein. Die Konzeption dieses Makeovers hat mich den ganzen Herbst 2020 beschäftigt.
Ende 2020 folgte die nächste konzeptionell starke Produktidee: der Jahresrückblog: die Blog-Challenge im Dezember bei der wir in 20 Tagen unseren epischen Jahresrückblick gebloggt haben. Diese Challenge war der Auftakt für unseren nächsten Launch des Nachfolgeprodukts der Sympatexter Academy. Denn endlich stand die nächste Evolutionsstufe des Kurses fest. Der Name: The Content Society. Das war, parallel zum Weihnachts-Lockdown, wieder unser bisher bester Launch. Manchmal frage ich mich, ob das in einem normalen Jahr, also ohne dich, auch so funktioniert hätte.
Jetzt, ein Jahr nachdem du in unser Leben geplatzt bist, planen wir unsere nächste Challenge: eine 7-Tage-Blog-Challenge namens Boom Boom Blog. Noch testen wir alles, die Anmeldung ist ab der 11. Kalenderwoche 2021 möglich.
Du hast mich in den vergangenen 365 Tagen ganz schön gefordert. Und du hast mir die Gelegenheit gegeben, meine Stärken voll auszuspielen: Nach einer Schrecksekunde, ach was, zwei Schreckwochen im März 2020, hast du mich dazu herausgefordert, das zu tun, was ich am besten kann: Konzeptionell tätig zu werden, mich und meine eigenen Ideen in vielen, kleinen Schritten zu verbessern und wagemutig zu sein. Im letzten Jahr hast du mir keine Verschnaufpause gegönnt. Das hat, so sagt mir mein kreativer Kompass, zu den besten und konzeptionell stärksten Ideen meiner gesamten Selbständigkeit (Start: 2009) geführt.
Ein Jahr der intensiven Transformation liegt hinter mir. Ein starkes inneres und äußeres Wachstum hat stattgefunden. Unser Business ist in dieser Zeit von 2 Personen (Laszlo und mir) auf 8 angewachsen. Aber: Wo starkes Wachstum stattfindet, gibt es auch Wachstumsschmerzen. Zwischendurch bin ich wegen dir knapp an einem Parenting-Burnout vorbeigeschlittert. Es wäre echt schön, wenn jetzt wieder Normalität Einzug in mein Leben halten würde. Ich wünsche mir wieder ein normales Miteinander, ohne dass ich ständig abchecken muss, ob ich auch eine frische FFP2-Maske dabei habe. Ich will endlich geimpft werden. Ich wünsche mir spontane Besuche bei meinen Eltern und eine Grillfeier mit meinen Kursteilnehmern in meinem Garten. Im Freibad Pommes essen und mich an Samstagen durch Menschenmassen im Ikea drängen. Ich wünsche mir, dass Rückzug und Abstand wieder Dinge sind, die ich freiwillig machen kann, wenn ich will – und nicht mehr ständig aus vernünftiger Selbstverteidigung machen muss. Ich wünsche mir eine Verschnaufpause. Ich will ein Ende der politischen Katastrophe, die sich rund um dich entfaltet hat: Impf-Desaster, Korruption, Digitalisierungs-Versagen, das verlorene Schuljahr, Salami-Lockdown-Taktik – und was bitte schön sollte der Stunt mit der Mehrwertsteuer? Und die 300 Euro Kindergeldbonus – für ein ganzes Jahr? Ein Witz! Echt, vom ständigen Verdrehen meiner Augen kriege ich Kopfschmerzen.
Deshalb: Happy first Birthday, Corona. Aber bitte nimm es mir nicht übel, dass ich deinen 2. Geburtstag nicht mit dir feiern will.