Glücklich und erfolgreich mit ADHS: meine Strategien für ein Leben in kreativer Freiheit


Zeitblind, impulsiv, chaotisch, sehr emotional und trotzdem erfolgreich – oder … gerade deshalb? Ich bin das beste Beispiel dafür, dass man mit ADHS alles haben kann: Ein Online-Business mit sechsstelligem Umsatz, Familie und ein Leben in kreativer Freiheit. Kein Wunder, dass ich ADHS auch gerne ADH-alles nenne, denn mit so einem kreativ-impulsiven Gehirn ist das pralle Leben inklusive! Zugegeben: Manchmal ist es aber nicht ganz einfach. Im August 2024 wurde mir bewusst: Ich habe ADHS! Bis zu meiner offiziellen ADHS-Diagnose sollte aber noch fast ein Jahr vergehen. In der Zwischenzeit habe ich das getan, was man mit ADHS so macht: ich habe mich in dieses Thema gestürzt und habe alles verschlungen, was ich dazu finden konnte. Ich habe mir so ungefähr jedes Buch zum Thema gekauft, in der Hoffnung, dass ich daraus für mich etwas mitnehmen kann: den einen besonderen Tipp, mit dem ich endlich Ordnung in mein Leben bekomme! Oder die eine Erkenntnis, die mir hilft, das Chaos zu bändigen.
Nachdem ich die ersten 3 ADHS-Bücher gelesen habe, wurde mir klar: das hilft mir alles nicht! Die Tipps dort waren oft viel zu allgemein oder unkonkret. Ich wusste nicht, was ich mit diesen Tipps anfangen sollte, sie waren wie glibbrige Quallen, die mir durch die Hände geflutscht sind. Und da wurde mir schlagartig klar: Ich brauche keine Tipps mehr! Denn ich bin schon eine lebende ADHS-Tipp-Sammlung! Ich wende in meinem Alltag und Business schon seit vielen Jahren zig Strategien an, um mein ADHS zu bändigen und um mein anderes Denken sinnvoll zu kanalisieren. Das Ergebnis: Fokus, eine Umsetzungs-Naturgewalt und ein erfolgreiches Online-Business – trotz Ideen-Karussel und stark schwankender Energie-Levels.
Wichtig: Das hier sind alles Tipps, die FÜR MICH mit meiner neurodivergenten Ausprägung funktionieren (das Best-of meiner ADHS-Symptome findest du hier)! Vielleicht funktioniert einiges davon für dich auch sehr gut und anderes hingegen überhaupt nicht. Das ist okay! Sieh meine Tipps als Inspiration an. Wenn du aus meiner Liste nur EINE gute Sache für dich mitnimmst, hat sich dieser Blogartikel schon gelohnt!
Hier also: die unvollständige und stetig wachsende Sammlung meiner besten Strategien für ein glückliches Leben mit ADHS. Sie sind radikal ehrlich, alltagstauglich (zumindest im ersten Teil) und alles andere als Standardtipps. Ich habe sie alle teilweise seit Jahrzehnten erprobt.
ADHS-Strategien für Alltag und Beruf:
Reduziere die Komplexität in deinem Leben und spare deine Entscheidungs-Energie! Vereinfache dein Leben und etabliere Routinen.
Akzeptiere, dass du als ADHS’ler Schwächen hast, die du kaum oder nur zu einem gewissen Grad verbessern kannst. Konzentriere dich stattdessen lieber auf deine Stärken: Deine Kreativität, deine Schnelligkeit, deine Neugier und deine Umsetzungsstärke.
Kleine Tipps und Hacks sind nett, bringen dich aber nicht wirklich weiter. Du musst dein Leben radikal umkrempeln, um mit ADHS glücklich zu werden.
Einer der größten Hebel für dein Lebensglück ist dein Job. Viele ADHS’ler machen sich früher oder später selbständig. Aus eigener Erfahrung weiß ich: Sich früher selbständig zu machen, ist besser!
Deine offizielle ADHS-Diagnose ist ein wichtiger Schritt hin zu deinem Leben in kreativer Freiheit. Kümmere dich darum, denn sie wird deine persönliche Weiterentwicklung anstoßen.
Zeit ist ein besonderes Thema für Menschen mit ADHS. Denn: Viele ADHS’ler leiden an Zeitblindheit. So auch ich. Ich habe schon immer viele Termine vergessen. Nicht aus Faulheit oder Unachtsamkeit, sondern weil ich oft so tief in einem Thema stecke, dass ich die Zeit um mich herum vergesse. Oft überschätze ich, was ich in der einen Stunde bis zu meinem Termin machen kann und dann verliere ich mich in verschiedenen Aufgaben. Und während ich dann die Waschmaschine ausräume, fällt mir ein, dass ich da ja noch einen Termin hatte! Um das zu vermeiden, findest du hier meine besten Zeit-Tipps:
Das ist mein bestes Tool, um den nächsten Termin nicht zu verpassen: Eine Uhr, die ich vor einem Termin so hindrehe, dass sie mir ca. 3 Minuten vorher laut und deutlich sagt: Jetzt fängt gleich dein nächster Termin an! Selbst wenn mein nächster Termin nur 10 Minuten entfernt ist: Ich nutze diese Uhren! Solche Uhren sind günstig und helfen mir, die restliche Zeit bis zum nächsten Termin sinnvoll zu nutzen. Denn ohne diesen Reminder habe ich ständig Angst, meinen Termin zu verpassen – und dann vergeude ich meine Zeit im Wartemodus.

Die Pomodoro-Technik ist die vielleicht berühmteste Zeit-Management-Strategie:
Klingt in der Theorie super – funktioniert aber für mich nicht. Denn: Wenn ich ständig auf die Uhr schaue und sehe, dass ich nur noch 7 Minuten habe, kann ich die Zeit nicht mehr gut nutzen. Ich arbeite oft im Hyperfokus: Ich konzentriere mich so auf eine Aufgabe und tauche so tief dort rein, dass ich nicht nach 25 Minuten dort rausgerissen werden möchte. Wenn du auch die ADHS-typschen Rage kennst, wenn jemand dich bei etwas unterbricht, dann gilt: Pomodoro killt deinen Hyperfokus. Pomodoro ist perfekt für neurotypische Menschen. Für ADHS’ler ist es der Graus. Schaufele dir stattdessen einen ganzen Vor- oder Nachmittag frei, also einen 3-Stunden-Zeitblock, der komplett frei von Terminen ist. Und setze dich dann an deine Aufgabe. Dieses Konzept nennt sich „Deep Work“ und ist für mein ADHS-Gehirn viel besser geeignet, um produktiv zu sein.
Immer, wenn ich abends im Bett liege, öffne ich kurz mein Handy und schaue in die Kalender-App: Ich stelle mir dann kurz die einzelnen Termine vor, wie ich also dort sitze, erfolgreich an etwas arbeite und irgendwas schlaues sage. So erhöhe ich dramatisch die Wahrscheinlichkeit, dass ich mich am nächsten Tag an meinen Termin erinnere! Und indem ich mir den Termin positiv vorstelle, wird der Termin auf wundersame Weise immer auch gut.
Früher hatte ich einen Papierkalender. Was eine tolle Haptik hat. Und hey, ich liebe es, die Termine von Hand zu schreiben. Aber: Der physische Kalender war nicht immer griffbereit. Oder ich habe ihn irgendwo verlegt. Seit ich nur noch einen digitalen Kalender nutze (und zwar den von Google), vergesse ich viel weniger Termine. Das hat den großen Vorteil, dass meine Termine über alle Geräte hinweg synchronisiert werden. Ich kann meinen Kalender also nicht mehr verlegen.
Öffne deinen Kalender JETZT und nicht erst in 5 Minuten! Und trage den Termin sofort mit allen Infos ein, die für den Termin notwendig sind: Das sind, klar, Uhrzeit und Treffpunkt. Aber auch sowas wie den konkreten Zoom-Link, damit du ihn kurz vor dem Termin nicht panisch suchen musst. Und: Schreibe auch kurz in den Termin das Thema, über das du beim Termin sprechen wirst. Wenn du es dir zur Gewohnheit machst, deine Termine immer sofort einzutragen, fällt der Termin nicht zufällig aus deinem Gehirn. Und: Indem du deine Termine immer sofort einträgst, schaffst du dir sofort mehr geistige Bandbreite, weil du dich nicht mehr aktiv daran erinnern musst.
Mein Tag ist komplett versaut, wenn ich einen Termin um 15 Uhr habe. Denn: Ich kann den ganzen Tag bis zu diesem Termin nichts sinnvolles machen! Ich hatte dieses Problem schon immer, aber erst 2024 habe ich erfahren, dass das ein ADHS-Ding ist. Ich versuche schon seit Ewigkeiten, alle meine Termine auf den Vormittag zu legen – und am besten auch auf einen Tag! Lieber habe ich 5 Termine an einem Tag als 5 Tage lang täglich einen Termin. So ist dann nur ein Tag versaut.
Die Sache mit den Terminen: musst du diesen oder jenen Termin wirklich machen? Termine sind Energieräuber. Kannst du sie kurzfristig reduzieren? Kannst du sie nachhaltig reduzieren? Kannst du sie auf den Morgen oder Vormittag legen? Oder dir terminfreie Tage schaffen? Kannst du deine Termine kürzen? Der Anblick eines vollen und zerstückelten Kalenders stresst mich. Und weil Zeit unsere wertvollste Ressource ist, sollten wir alle unsere Termine grundsätzlich in Frage stellen.
Bei mir ist das H in ADHS sehr ausgeprägt. Es steht für Hyperaktivität. Mein Bewegungsdrang ist angeboren und nichts, was ich mir abtrainieren könnte. Es hat sich nach der Pubertät auch nicht „ausgewachsen“. Fakt ist: Wenn ich mich nicht jeden Tag ausreichend bewege, werde ich sehr schnell sehr schlecht gelaunt. Hier also meine besten Tipps für Bewegung im Alltag:
Sitzen gilt ja als das neue Rauchen. Aber bei ADHS ist Sitzen doppelt tödlich. Und gerade bei der Arbeit tendieren wir dazu, viel zu sitzen. Die Lösung: ein Stehtisch! Wichtig: Hole dir einen Stehtisch mit Motor! Denn zuerst hatte ich einen Stehtisch, den man kurbeln musste. Was ich genau zweimal gemacht habe. Danach war der Tisch monatelang auf Sitzen einstellt – und das zu ändern, war mir mit der Kurbel zu umständlich. Seit ich den Motor-Tisch habe, hat sich mein Arbeiten sehr positiv verändert. Denn: Mehr Stehen bedeutet mehr Bewegung! Alleine schon dieser Stehtisch hat mir sehr geholfen, aus meinem sedierten Sitz-Leben rauszukommen.
Ein Jahr später hat mir Laszlo dann ein Laufband zu Weihnachten gekauft. Und das war DER Gamechanger! So komme ich ganz nebenbei, während ich also blogge, Canva-Designs erstelle, Kursinhalte erstelle, Konzepte entwickle oder recherchiere, auf mehrere tausend Schritte pro Tag.

Ein Laufband ersetzt nicht den Spaziergang an der frischen Luft. Und: Ich brauche ja auch das Tageslicht, um kein Hormonchaos zu bekommen und um einen einigermaßen normalen Schlafrhythmus zu haben. Da mir ein normaler Spaziergang meistens zu langweilig ist, versuche ich das, mit etwas zu verbinden: Entweder begleite ich Laszlo beim Gassigehen. Oder ich nehme eine Plastiktüte mit und gehe eine Runde Müll sammeln.
Mein Ziel ist es, jeden Tag mindestens einen leichten Muskelkater zu haben. Denn sonst weiß ich: Ich bin körperlich nicht ausgelastet – und dann droht Gefahr. Damit ich also jeden Tag garantiert Sport mache, ist es gut, wenn meine Sportmatte immer sofort ausgerollt bereitliegt. Das neurotypische Gesetz der Ordnung verlangt, dass die Matte immer schön aufgerollt und verstaut ist und nur zur Sport-Session zum Einsatz kommt – und dass sie danach wieder ordentlich weggeräumt wird. Aber wenn ich die Sportmatte nicht ausgerollt vor mir liegen sehe, existiert diese Matte für mich nicht. Und dann mache ich natürlich auch keinen Sport. Daher: Die Sportmatte ist für mich ein Möbelstück mit einem festen Platz neben meinem Bett.
Und was machst du dann auf der Sport-Matte? Ich habe eine einfach Sport-Routine, die aus nur 3 Übungen besteht, da muss ich nämlich nicht drüber nachdenken: 100 Situps, 50 Liegestütze (auch auf dem Knie, wenn es nicht gleich „richtig“ geht) und 20 x Handstand. Das Ganze dauert nicht mal 20 Minuten. Und schon nach ein paar Wochen hast du bombastische Oberarme. Wenn ich es mir richtig hardcore geben will, mache ich extra noch 100 tiefe Kniebeugen und dann noch 10 Sprünge aus der Kniebeuge. Der Abschluss ist immer: Dehnen! Das ist super wichtig, damit ich runterkomme. Wenn ich mal wenig Zeit oder keine Lust habe: Dann nur Dehnen. Aber das auf jeden Fall!
Hier findest du meine Alltags-Tipps gegen die ADHS-typische Verpeiltheit, Verlege-itis und Aufschieberitis.
Ich schreibe mir jeden Morgen eine To-Do-Liste für den Tag. Dafür nutze ich extra To-Do-Listen-Blöcke, denn sonst artet das in einer gigantischen Zettelwirtschaft aus. Und dann kommt mein täglicher Reset: Ich gehe immer die Liste von gestern durch und übernehme unerledigte Dinge für heute – oder ich streiche sie. Jede erledigte Aufgabe wird abgehakt (ich LIEBE es, Aufgaben abzuhaken). Sobald ich eine Liste abgearbeitet habe, werfe ich sie weg.


Ich schreibe nicht nur tägliche To-Want-Listen, sondern auch quartalsweise! Damit setze ich mir größere Ziele, die über die reinen Tages-Projekte hinausgehen. Und zugleich setze ich mir nicht nur Jahresziele, die ich spätestens nach 2 Monaten schon vergessen habe.
Einer meiner besten Tipps, um deine Umsetzungs-Kraft zu stärken: Plane dein Leben in Projekten mit 3 Monaten Zeithorizont. Dieses Prinzip ist u. a. als „12-Wochen-Jahr“ bekannt. Jetzt kommt aber der Judith-Dreh: Schreibe (oder besser noch: blogge) für jedes Quartal eine To-Want-Liste (meine To-Want-Liste für das 4. Quartal 2025 findest du hier). Denn so wirst du in einem Jahr viel mehr umsetzen, als wenn du immer nur Jahresziele verfolgst! Halte in deiner To-Want-Liste kleine und große Ziele in den verschiedenen Lebensbereichen fest: Wohnen, Business, Reisen, Sport usw.
Packe schon am Abend deinen Rucksack, deine Handtasche bzw. alles, was du für den nächsten Tag brauchst. Egal, ob das für deine Arbeit oder für deine Reise ist. Und stelle diesen Rucksack bzw. diese Tasche direkt zur Haustür. Das hilft dir, geistige Bandbreite zu sparen. Denn jemand mit ADHS hat immer Angst, etwas zu vergessen. Das passiert eher nicht, wenn du alles schon am Abend vorbereitest.
Kaufe dir mehrere Air Tags und mache sie an deinen Schlüsselbund, in deinen Rucksack und Geldbeutel – also an alles dran, was du verlegen könntest. Fun Fact: Ich verliere grundsätzlich NIE etwas, weil ich immer 3 x nachschaue. Aber im kurzzeitigen Verlegen bin ich Weltmeisterin! Dann helfen Air Tags!
Seit ich fast jeden Tag diese Sporthosen mit Handytasche trage, verlege ich mein Handy nicht mehr so oft und frage viel seltener „wo ist mein Handy?“ Mein Handy ist mein Reminder für alles: ich habe zig Wecker und Alarme eingestellt. Auf meinem Handy ist mein Kalender und natürlich auch Apps, die mich an meine To-Dos erinnern. Für mich ist mein Handy der Allround-Reminder für alles!
Eine der Hauptbeschäftigungen von Menschen mit ADHS ist es, großartige Ideen zu vergessen! Deshalb: Schreibe alle deine Ideen und Gedankenfetzen sofort auf! Und nein, damit meine ich nicht in einem schicken Journal, sondern: In einer Notizen-App auf deinem Handy! Denn: Es ist viel wahrscheinlicher, dass du dein Handy dabei hast, statt irgendein schickes Büchlein, das du erst mal aus der übervollen Handtasche hervorkramen musst – und, ach, wo ist der Stift? Schon ist die Idee aus deinem Gehirn geflogen, schade!
Das „Versumpfen“ ist eines der schlimmsten ADHS-Symptome in meinem Leben! Wehe, ich wage es, mich nach ca. 14 Uhr hinzusetzen – dann kann ich kaum noch aufstehen! Ich bin dann wie festgetackert. Und, ach, da ich jetzt schon sitze, kann ich ja gleich mein Handy zücken und mich durch Social Media scrollen: ZACK, habe ich schon wieder eine Stunde Lebenszeit verloren! Ich vermute, es ist ein starker Dopamin-Abfall, der trotz aller Disziplin zu diesem spotanen Versacken führt. Aber auch dagegen habe ich in den vergangenen Jahrzehnten Strategien entwickelt:
Klingt nach totalem Oma-Tipp, ist aber eine meiner besten ADHS-Strategien: Wenn ich merke, dass meine Energie runtergeht, putze ich schon gegen 16 Uhr meine Zähne, weil ich genau weiß, dass es mir abends noch viel schwerer fallen wird. Das gilt natürlich auch fürs Abschminken, Gesicht eincremen, Duschen usw. An Niedrig-Energie-Tagen heißt es dann: Früh ins Bett! Versumpfen ist okay, wenn du abgeschminkt und mit geputzten Zähnen im Bett liegst. Und dort gilt: Kein Handyscrollen! Duolingo und Netflix sind okay, aber bloß nicht Instagram oder Facebook! Und wenn ich doch Bock auf Doomscrolling habe, dann nur im Stehen!
Du arbeitest im Home-Office? Ziehe dich am Morgen schick an! So cosplaye ich mich zur erfolgreichen Online-Business-Expertin. Und, was soll ich sagen: Es funktioniert! 😄 Mich schick anzuziehen, ist perfektes Priming für den Tag und gibt mir Energie! Und wenn du dich schon nicht schick anziehst, dann immerhin sportlich! So erhöhst du dramatisch die Wahrscheinlichkeit, dass du im Laufe des Tages mindestens eine kleine spontane Sportsession machen wirst. Also: schick oder sportlich? Choose one!
Mache eine super einfache Sportsession am nachmittags oder Abend. Kein großes Ding. Auch wenn du nur kurz deine Beine dehnst: das ist super und hilft gegen das Versumpfen. Und wenn du schon mal damit angefangen hast, fällt es dir oft leichter, noch mehr zu machen.
Langeweile und Unterforderung sind einige der häufigsten und schlimmsten ADHS-Probleme. In diesem Feld bin ich zur absoluten Expertin geworden. Daher: hier jetzt also meine besten Tipps für ein kreatives Leben!
Dein eigener Blog ist eines der besten Tools, um dein Leben in kreativer Freiheit vorzubereiten! Dein Blog ist deine Spielwiese, dein Lernprojekt und dein Kreativ-Outlet. Denn Fakt ist: Du bist unglaublich kreativ – nur weißt du wahrscheinlich nicht, wohin mit dieser kreativen Energie! Na, ganz einfach: In deinen Blog!
Als ADHS’ler wurdest du als Kind wahrscheinlich als kreativ und talentiert bezeichnet. Aber zugleich wurde deine kreative Ader damals nie so wertgeschätzt, wie sie es verdient hätte (ich z. B. musste mir ständig anhören, Mathe und Deutsch seien wichtiger als Kunst). Und bestimmt wurdest du wegen deines ADHS-Verhaltens auch viel öfter kritisiert, als neurotypische Kinder. Das hat Spuren bis heute hinterlassen.
Was du heute brauchst, ist dein eigenes kreatives Erfolgsprojekt, das dir Wertschätzung und Applaus bringt! Und genau das macht dein Blog! Starte heute deinen Blog und teile mit der Welt deine kreativen Ergebnisse! Hier findest du meine besten Tipps für deinen Blogstart! Was ist dein Kreativ-Outlet? Ist es Fotografie? Mode? Science Fiction? Bist du ein Experte für Rollenspiele? Schreibst du gerne Gedichte? Oder über das Thema ADHS? Für mich ist mein Kreativ-Outlet: Über das Bloggen zu bloggen! Du kannst natürlich auch Instagram wählen, um dein Kreativ-Outlet sichtbar zu machen. Aber: nur mit einem Blog machst du deine Kreation nachhaltig auffindbar, ohne im Social-Media-Hamsterrad zu versumpfen!
Ganz nebenbei ist dein Blog auch dein Ticket in die persönliche Weiterentwicklung. Und, wer weiß, vielleicht wird eines Tages aus deinem Hobbyblog deine erfolgreiche Selbständigkeit – wie es bei mir geschehen ist.
Mein Fantasy Self ist ständig auf Reisen und hat ganz viele Stempel in ihrem Reisepass. Hach, ich liebe diese neuen Eindrücke beim Reisen! Aber: Hier grätscht regelmäßig meine Reise-Ängst dazwischen. Besonders schlimm finde ich es, wenn ich nicht weiß, wie ich von A nach B komme oder wenn ich nicht weiß, wo ich am Zielort parken kann. Dann, äh, vielleicht doch nicht reisen? Aber, ach, ich sehne mich doch so nach Abenteuern! Dummerweise hasse ich es aber, in unvorhergesehen Situationen zu geraten, was beim Reisen halt ständig passiert. Die Lösung: Ich hänge mich dran an andere Leute, die es lieben, Reisen zu organisieren.
Nach einigen Monaten habe ich mich an meinen Zimmern sattgesehen und brauche eine Veränderung. Dann schiebe ich alles kreuz und quer durch die Gegend und, wenn es mich so richtig packt, male ich ein paar Wände an – und fühle mich gleich viel wohler! Dieses Möbelrücken hat bestimmt etwas mit Dopamin zu tun 😄
Bestimmt hast du auch einen Hobby-Friedhof in deinem Keller oder, wie bei mir, auf deinem Dachboden. Und bestimmt sind da Hobbies darunter, die du noch nicht loslassen kannst. Daher: Wähle eines dieser Hobbies und fange klein an mit dem Reaktivieren: Schaue z. B. einfach nur ein kurzes YouTube-Video dazu. Suche dir eine supereinfache kurze Anleitung für ein erstes Ergebnis mit deinem neuen alten Hobby. Mache einen kleinen ersten Schritt, um dein früheres Hobby neu aufleben zu lassen. Wenn dich das nicht mit Oh-yeah-Energie füllt, darf dieses Hobby vielleicht doch in die Zu-verschenken-Box wandern.
Kaufe dir 3 mal das gleiche Outfit, also z. B. 3 x die gleiche Hose, das gleiche Shirt und den gleichen Pulli. Und trage das dann die ganze Woche lang. Mein tägliches Outfit ist eine schwarze Leggings und ein schwarzes Rollkragenkleid. Mit diesem für fast alle Situationen perfekten Outfit verschwende ich morgens nicht schon wertvolle Entscheidungsenergie auf die vollkommen unnütze Frage „Was soll ich heute anziehen?“.
Hier siehst du mein tägliches Outfit in Aktion:
Wenn du das gleiche Outfit das ganze Jahr über durchziehen willst, brauchst du 3 mal ein Sommeroutfit und 3 mal ein Winteroutfit. Kaufe dir ein Outfit, das immer slightly overdressed ist – so bist du fast immer perfekt angezogen! Mein schwarzes Rollkragenkleid hat den Vorteil, dass ich damit quasi überall gut gekleidet bin und keine extra Outfits für spezielle Anlässe brauche (wie z. B. wenn ich ins Theater oder auf eine Beerdigung gehe – one Outfit for all!).
Pro-Tipp: Wirf alle deine unterschiedlichen Motiv-Socken raus und kaufe 20 x die genau gleichen Socken. So hast du beim Wäschewaschen kein Socken-Tetris. Kaufe dir auch 20 x genau die gleiche Unterhose bzw. Unterwäsche.
Ich arbeite im Homeoffice. Und da ist es natürlich super einfach, den Tag im Gammel-Look zu starten und ausklingen zu lassen. Das Problem: Der Gammel-Look schlägt mir aufs Gemüt und schadet meiner Produktivität. Deshalb trage ich mein tägliches slightly overdressed Outfit auch meistens im Home-Office. Wenn ich mich morgens schick anziehe, hilft es mir, produktiver zu arbeiten.
Das gleiche Outfit ist nur die Einstiegsdroge beim Thema Routine 😄 Der wahre Routinen-Meister isst auch täglich das gleiche Essen! Das große Ziel heißt: Geistige Bandbreite zu sparen! Und das machen wir v. a. dadurch, indem wir unsere wertvolle Entscheidungs-Energie nicht für solche Dinge, wie Klamotten oder Essen verpulvern. In meinem natürlichen Habitat wäre mein Kühlschrank voll mit nur ca. 5 Lebensmitteln. Dazu noch Bananen, Tomaten und Champignons – fertig! Mit Kindern geht das leider nicht, aber ich weiß noch, wie (vergleichsweise) einfach mein Leben als Studentin war, als ich alleine gewohnt habe und monatelang das gleiche zum Frühstück gegessen habe.
Ich kann monatelang das gleiche essen, ohne dass es mir langweilig wird. Meine Ess-Phasen sind legendär: Ich hatte mal die Champignons-zum-Frühstück-Phase, dann die Thunfisch-mit-Zitronensaft-Phase. Nach meiner Chili-Beans-Phase kam die Tütensuppenphase (aber nur eine ganz bestimmte Marke) und dann die Porridge-Phase. Jetzt bin ich in meiner Kimchi-Phase (aber nur die vom Penny). Indem ich tage- oder wochenlang das gleiche esse, muss ich nicht darüber nachdenken und das Thema Essen verliert plötzlich seinen Stressfaktor.
Dass dieses Essverhalten auch typisch bei Autismus ist, wurde mir erst dieses Jahr klar. Ah, dieses Konzept heißt „Comfort Food“, alles klar!
Apropos Essen: Der dopaminhungrige ADHS-ler neigt dazu, zu viel, zu oft und zu ungesund zu essen. Dagegen hilft mir seit ca. 2020: Intervallfasten! Ich überspringe also z. B. das Frühstück. Oder ich mache die hardcore-Variante: OMAD – one meal a day (= ein Essen am Tag). Ich koche also ein großes Abendessen mit Salat als Vorspeise und Griesbrei zum Nachtisch. Dann sind alle glücklich, ich esse mich satt – und ich muss mir jeden Tag noch weniger Gedanken über das Thema Essen machen! Erstaunlicherweise hilft mir OMAD sehr dabei, tagsüber fokussiert zu bleiben. Denn, ich weiß, das Geschrei ist groß, wenn Frauen in der Perimenopause nicht mindestens drei mal am Tag essen. Dann kommt immer das Hormon-Argument. Ich habe schon sehr viel ausprobiert und ich kann sagen: OMAD ist super, denn jedes Essen reißt mich aus meinem Hyperfokus heraus und verführt mich dazu, dann noch ein Stückchen Schokolade zu essen und dann noch ein paar Gummibärchen und ein paar Chips … Vor einiger Zeit habe ich gelesen, dass Fasten den Dopaminspiegel erhöht und gerade bei ADHS dabei helfen kann, klar im Kopf zu sein.
Ich liebe Ordnung, aber ich kann sie nicht herstellen. Kein Mensch würde beim Anblick meines Hauses denken, dass ich tief in meinem Herzen ein Minimalist bin. Irgendwie sind die Zeug-Berge in den letzten Jahren angewachsen. Vor allem, wenn eine ADHS-Frau Kinder bekommt, kommt die Zeug-Explosion. Aber: Egal, wie chaotisch alles ist, Hauptsache, dein Schlafzimmer ist einigermaßen aufgeräumt. Das ist dein Safe Space. Und ja, auch dein Arbeitszimmer – oder zumindest dein Arbeitsplatz sollten aufgeräumt sein. Wenn du irgendwelche Chaos-Berge hast, dann räume sie einfach woanders hin. Das ist schon mal die Erste Hilfe gegen das Energieloch am Morgen, wenn man im Chaos aufwacht oder wenn man sich an die Arbeit macht und sich erst mal durch die Doom Piles wühlen muss.
Was mir beim Ausmisten sehr hilft: Ich habe eine Zu-verschenken-Box, die ich regelmäßig vor die Haustür stelle und in die ich allerlei Zeug reinstelle, was ich nicht mehr brauche. Ich fülle diese Box mit meinen toten Hobbies, mit nicht genutzten Journals, mit nicht gelesenen Magazinen. Meine Bücher bringe ich zu den Bücher-Boxen. Und dann gibts ja noch das Sozialkaufhaus. Ich habe mir immer gedacht, das ich meine tollen Sachen verkaufen will, weil die ja noch so viel wert sind. Aber, boah, ich habe echt keine Energie für Kleinanzeigen und Co. Verschenken tut nicht so weh, wie wegwerfen.
Mein Tipp: Schmeiße 50 % deiner Dinge weg! Fange bei deinen Klamotten an und mach dann bei deiner Tüten-Tüte und deiner Stiftebox weiter.
Bürokratie ist der Endgegner von vielen ADHS’lern. Schon alleine der Anblick eines offiziellen Briefes im Pest… äh Posteingang macht Herzrasen. Irgendwann türmen sich die Briefe und Mahnungen zu Doom Piles auf (Haufen der Verdammnis). Aber klar, das muss alles abgearbeitet werden. Denn sonst droht die „ADHS Steuer“, also zusätzliche Ausgaben wegen Mahngebühren oder weil du wegen unbezahlter Rechnungen deine Kreditwürdigkeit killst.
Wenn „Augen zu und durch“ bei deinen Bürokratie-Haufen nicht hilft: Hole dir Unterstützung! Frage z. B. deinen Partner, deine beste Freundin oder deine Eltern, ob sie dir helfen können. Lustigerweise können ADHS’ler das Chaos von anderen supergut aufräumen, nur nicht ihr eigenes. Wenn du also einen ADHS-Freund hast, ist er vielleicht der perfekte Doom-Pile-Partner: Tauscht eure Doom Piles und arbeitet sie gemeinsam ab (hier hat wieder das Body Doubling seinen großen Auftritt).
Wenn du heute eine Aufgabe bekommst, dann fange JETZT an, darüber nachzudenken! Lass dein kreatives und hyperaktives Gehirn für dich arbeiten – und zwar sinnvoll! So malst du dir automatisch weniger Schreckensszenarien aus, weil dein Gehirn mit produktiven Dingen beschäftigt ist. Der kreative Autopilot liebt es, wenn du ihn früh mit Infos fütterst, damit er im Hintergrund für dich arbeiten kann. Deshalb: Recherchiere jetzt schon Infos rund um deine Aufgabe oder erstelle heute ein erstes Pinterest Board – auch wenn die Aufgabe noch (vermeintlich) sehr viel Zeit hat. Mehr Infos zum kreativen Autopiloten findest du hier.
Social Media killt dein ADHS-Gehirn! Deshalb habe ich schon seit Jahren den News Feed Eradicator im Einsatz! Das ist ein kostenloses Browser-Plugin, mit dem du am Desktop z. B. deinen Facebook-Feed ausblenden kannst! Hier findest du das Plugin für Chrome, das gibts aber für jeden Browser. Google einfach danach! Wenn ich den Feed doch mal brauchen sollte, kann ich ihn mit einem Klick wieder aktivieren (habe ich aber noch nie gemacht 😄). Das Gute an diesem Plugin: Du siehst alle Inhalte auf deinem Profil, auf deinen Seiten und in allen Gruppen. Nur eben nicht deinen Feed, also die größte Ablenkungs-Quelle!


Weitere Digital-Detox-Tipps sind: Wenn du arbeitest, dann lege dein Handy in ein anderes Zimmer. Stelle alle Benachrichtigungen am Handy aus (außer für sehr wichtige Apps). Und natürlich auch am Computer. Setze dir ein Zeitlimit z. B. für Instagram. Oder überlege dir, die Social Media Apps immer mal wieder für ein paar Tage bzw. für das Wochenende zu löschen. Du kannst sie dann problemlos neu installieren und die Apps wieder nutzen, als ob nichts gewesen wäre. Lösche abends zig Browser-Tabs (außer die 27, die wirklich wichtig sind).
Grundsätzlich gilt: Es ist wichtig, dass du dich abschirmst von negativen Eindrücken und dem ganzen Weltschmerz. Besonders viel Negativität prasselt auf uns beim Doomscrolling ein. Hör auf, ständig Nachrichten-Websites zu checken. Einmal am Tag reicht. Dein Seelenfrieden dankt es dir.
Nutze digitale oder offline-CoWorkings, um mehr Accountability zu haben. In ADHS-Kreisen wird das auch Body-Doubling genannt: Man erledigt eine Aufgabe nicht allein, sondern in der Anwesenheit einer anderen Person, also dem „Body Double“. Das kann sein:
Der Clou: Das „Body Double“ muss gar nicht aktiv an deinem Projekt mitarbeiten. Oft reicht es schon, dass eine andere Person da ist. Diese stille Präsenz schafft eine Art „soziale Verantwortung“ und reduziert Ablenkung. Viele beschreiben es so: „Wenn jemand neben mir sitzt, komme ich endlich ins Tun, auch bei Dingen, die ich seit Wochen vor mir herschiebe.“
Mein Body Double ist Laszlo. Wir arbeiten beide von zuhause aus, wenn auch meistens auf unterschiedlichen Stockwerken. Und ich weiß: Ohne ihn im gleichen Haus würde ich garantiert nicht so diszipliniert arbeiten. Weil ich es an mir selbst sehe, wie gut solch ein Body Doubling ist, nutze ich das Konzept auch in meinem Blogkurs The Content Society: Dort haben wir 4 CoBloggings pro Woche, die jeweils 3 Stunden lang gehen – also sehr genau so lang sind, wie eine meiner Fokus-Einheiten.
Viele Menschen sagen, sie hätten Probleme damit, Dinge zu Ende zu bringen. Aber bei mir fängt das Problem schon vorher an: Mir fällt es oft sehr schwer, überhaupt mal etwas anzufangen. Deshalb habe ich schon vor Jahren eine Strategie entwickelt, mit der ich mich selbst überliste: Ich nehme mir vor, nur eine einzige Minute etwas zu tun. Das reicht gerade mal, um einen allerersten, kleinen Schritt zu machen. Zum Beispiel: Die eine E-Mail in den Untiefen meines Posteingangs herauszusuchen, in der irgendwelche wichtigen Informationen für dieses Projekt stehen. Oder: Das Google Doc anzulegen und einen ersten Satz zu schreiben. Mich irgendwo einzuloggen, wo ich mich schon ewig nicht mehr eingeloggt habe. Irgendwelche Dokumente auszudrucken. Den Blogartikel anzulegen und eine erste Headline zu schreiben. Egal was: Hauptsache, ich arbeite eine Minute lang dran. Und danach darf ich das Projekt wieder zur Seite legen.
Diese eine Minute reicht meistens schon, um den Knoten zu lösen. Ganz oft mache ich diese 1-Minuten-Schritte abends, damit ich am nächsten Morgen viel leichter daran weiterarbeiten kann. Für mich wirkt das Wunder!
Eng verwandt mit der 1-Minute-Strategie ist die 72-Stunden-Regel: Mache in den ersten 72 Stunden einen ersten, einfachen Schritt, um das Projekt anzufangen! Mir ist aber die 72-Stunden-Regel „zu groß“, ich muss das Zeitfenster, in dem ich zur Aktion schreite, deutlich verkürzen.
„Stimming“ ist die Kurzform von Self-Stimulatory Behavior, also selbststimulierendes Verhalten. Stimming ist besonders bekannt bei Autismus, kommt aber auch bei ADHS sehr häufig vor. Es hilft, Stress, Nervosität, Langeweile oder Überstimulation zu verarbeiten – oder einfach den Kopf frei zu bekommen. Häufige Formen von Stimming sind:
Ich war/bin leider ein Fingerknibbler. Ich versuche schon seit Jahrzehnten, es mir abzugewöhnen. Wichtig ist: Wir sind unseren Stimmings nicht ausgeliefert, sondern können sie bewusst lenken bzw. verändern. Stimming können auch andere Tätigkeiten sein, wie Kniebeugen oder Stricken. Also: „produktivere“ repetitive Tätigkeiten, als mit dem Kugelschreiber auf den Tisch zu klopfen. Schon seit ich klein bin, mache ich Handstand-Training zum Stimming. Seit ca. 10 Jahren habe ich ein neues „produktives“ Stimming für mich entdeckt: Müll sammeln! Ich mache also Spaziergänge, bei denen ich eine Mülltüte mitnehme und sie mit allem befülle, was ich so finde. Ich habe also Bewegung, repetitive Tätigkeiten und das Gefühl, dass ich etwas Sinnvolles mache – die perfekte Entspannung für mich! Müllsammeln ist für mich meditative Bewegung. Apropos meditativ:
Immer wieder empfehlen mir Leute aus meinem Umfeld, es doch mal mit Meditation zu probieren. Das soll super sein zum Runterkommen und um das Nervensystem zu regulieren. Und ja, ich weiß das. Aber das große Problem bei mir lautet: Sobald ich mich hinsetze oder hinlege, versumpfe ich. Und dann ist der Tag für mich gelaufen. Ich habe gelernt, das zu akzeptieren: Dass ich immer in Bewegung sein muss, weil mich sonst die komplette Ermattung überrannt. Ich meditiere eben beim Gehen, Rennen, Müllsammeln, Schwimmen und Fahrradfahren!
Finde das, was dich täglich glücklich macht und dir beim Runterkommen hilft. Es ist okay, wenn du mit Meditieren oder Journaling nichts anfangen kannst, weil es dir zu passiv und langweilig ist. Es ist okay, wenn du zum Runterkommen Dinge machst, die andere als anstrengend empfinden würden.
In meiner Agentur-Zeit war ich immer irritiert, dass fast alle Kreativen mit Kopfhörern vor ihren Bildschirmen saßen. Bei mir hat das nie geklappt, denn ich muss beim Schreiben/Bloggen immer meine Gedanken hören, um dann die besten Formulierungen aus meinen Gedanken „zu pflücken“. Aber wenn ich nicht gerade schreibe, sondern andere Dinge mache, kann ich dabei Musik hören. Also z. B. wenn ich Canva-Designs bastele, technische Dinge umsetze oder aus Blogartikeln Social-Media-Postings mache. Dann läuft immer ein Lied vom Interstellar-Soundtrack in der Dauerschleife. Wenn ich koche, höre ich aktuell ca. 30 mal nacheinander „Marble Machine“ von Wintergatan. Wenn ich meine Gedanken sortieren, höre ich Silver Line von Parov Stelar. Bei meiner Sport-Routine höre ich „Running (Lose it all)“ von Naughty Boy ft. Beyoncé. Beim Hanstand-Training: Vanessa von Grimes. Jedes To-Do hat bei mir seinen eigenen Song, den ich dann exzessiv höre. Ich glaube, dass dieses repetitive Anhören von immer gleichen Liedern massiv dabei hilft, den Fokus zu halten.
Ich habe irgendwann festgestellt: Das vielleicht beste Tool, um mein Nervensystem zu regulieren, ist Schlafen. Und zwar nicht nur einmal am Tag 😄 Klar, der Nachtschlaf ist super wichtig. Aber wenn ich schon gegen Mittag merke, dass meine Energie stark runtergeht, dann ist der Abend echt noch sehr weit entfernt! Mir hilft da: Ein Mittagsschlaf. Aber: Dafür brauchst du einen Alltag, der das überhaupt ermöglicht. Womit wir dann auch schon bei den wirklich großen Veränderungen sind …
Ok, seien wir mal ehrlich: Das waren bisher alles nur oberflächliche Tipps. Eieruhr, Intervallfasten, Laufband, Digital Detox, Fokus-Lieder hören: Das ist alles nett, aber es ist im Grunde nur wie ein Pflaster auf einen offenen Beinbruch. Wenn du mit deiner Neurodivergenz ein wahrhaft kreatives und freies Leben führen willst, musst du dein Leben grundlegend verändern. Du musst schwierige Entscheidungen treffen, sonst mäanderst du ziellos durchs Leben. Du musst bereit sein, Menschen zu enttäuschen, um deinen eigenen Weg einzuschlagen. Denn für ein normales Leben bist du nicht gemacht. Und das ist okay so. Wir leben zum Glück in einer Zeit und Gesellschaft, die es uns ermöglicht, unser Leben selbst in die Hand zu nehmen. Gerade für neurodivergente Menschen ist es so unglaublich wichtig, das zu machen! Es ist oft nicht leicht, dafür ist die Belohnung umso größer: Ein Leben, das dich glücklich(er) macht. Du hast es verdient, glücklich zu sein, aber es ein gewagter Sprung. Aber hey, wenn es einfach wäre, wäre ja jeder glücklich und erfolgreich 😄
Fakt ist: Du wirst mit deinem ADHS-Gehirn nicht glücklich, wenn du nur ein bisschen an den Symptomen herumwurschtelst: Selfcare, Affirmationen und ein proteinreiches Frühstück reichen bei uns nicht. Du musst dein Leben radikal umkrempeln, damit du nicht durchdrehst. Ich spreche aus Erfahrung. Deshalb hier: meine besten Tipps zum radikalen Lebens-Umbau. Und ja, ich weiß, dass man viele dieser Tipps nicht mal eben so umsetzen kann! Diese Tipps bedeuten teilweise jahrelange Umbauarbeiten an deinem Leben. Aber glaub mir: Es lohnt sich! Und: Je früher du anfängst, um so besser!
Also: Jetzt geht es wirklich ans Eingemachte.
Laszlo ist mein Mann und mein ADHS-Manager. Er übernimmt viele der alltäglichen Life-Basics in unserer Familie. Ich musste mir einfach irgendwann eingestehen: Ich kann diese alltäglichen Dinge nicht – oder zumindest nicht besonders gut: tägliches Organisieren, Termine ausmachen, telefonieren, Dinge besorgen, Rechnungen bezahlen, Bürokratie (= das allerschlimmste), Steuern machen, Geburtstage, die Schul-Dinge für die Kinder erledigen uund so weiter. Also das ganze Zeug, das vor allem Müttern aufs Auge gedrückt wird. Aber das Problem ist: Wenn ich mich mit solchen Basics beschäftigen muss, gehe ich unter und brenne komplett aus (und danach brenne ich alles hinter mir nieder, natürlich nur im übertragenen Sinne). Aber wenn ich diese Basis-Dinge nicht machen muss, kann ich Großartiges erschaffen! Ich performe nur over-the-top gut und nein, ich kann mir das auch nicht erklären.
Suche dir eine Person, die dir bei den stressigsten Alltags-Dingen hilft. Vielleicht deine Eltern oder eine Freundin. Im besten Fall ist das dein Partner. Wenn er/sie das nicht machen will, hebe ich eine Augenbraue (und das sagt schon alles). Eventuell kannst du auch Leistungen nach dem Sozialrecht in Anspruch nehmen und dann gibt es auch noch Alltagshilfe und Nachteilsausgleiche, aber damit kenne ich mich nicht aus.
Laszlo ist aber nicht nur mein ADHS-Manager, sondern v. a. mein Umsetzer! Ich habe tausend Ideen – er ist das technisch-stategische Superbrain, das diese Ideen filtert und dann technisch umsetzt. Ganz egal, ob das jetzt eine E-Mail-Automation, eine Bezahllösung oder der Setup einer neuen Software ist: Laszlo kümmert sich darum und bringt meine Ideen in die Realität. Wenn du ein Online-Business aufbauen willst und an den technischen Dingen scheiterst: Suche nach einer Virtuellen Assistenz (VA) bzw. nach einem Online-Business-Manager (OBM).
Um artgerecht zu leben, brauchen wir Selbstwirksamkeit. Und das kannst du viel besser erreichen, wenn du nicht mehr an(gst)gestellt bist! Deine Selbständigkeit hilft gegen das Gefühl, ständig bewertet und beobachtet zu werden. Und natürlich auch gegen Bullshit-Jobs, Klüngel und Intrigen (darin bin ich sehr schlecht, weil ich Lästern sowieso blöd finde). Selbständigkeit ist das perfekte Gegenmittel gegen Kritik und soziale Drucksituationen. Und: Nur als Selbständige kann ich meine krass schwankenden Energie-Levels bändigen und, je nach Tagesform, einen Mittagsschlaf machen.
Wenn die Selbständigkeit für dich keine Option ist: Suche dir einen spannenden Job, der dich nicht langweilt, nicht dauerhaft stresst und bei dem dich deine Kollegen nicht wahnsinnig machen. In ADHS-Foren lese ich, dass z. B. Jobs, wie Rettungssanitäter, Pflege, Werbung, Gastronomie und im sozialen Bereich oft so interessant und vielfältig sind, dass sie ideal für Menschen mit ADHS sind.
Ich habe so einen Job nicht gefunden, daher galt für mich: Selbständigkeit.
Dharma, Ikigai, Purpose oder wie auch immer du es nennen magst: Finde dein Ding! Denn: womit sollst du dich selbständig machen?
Menschen mit ADHS haben oft ein riesiges Potential – in beide Richtungen! Die erfolgreichsten Menschen, die ich kenne, die ein krass authentisches, sinnliches und erfülltes Leben führen, haben ADHS. Und genau so die unglücklichsten. Die Spannbreite bei Menschen mit ADHS ist wirklich immens. Fakt ist: Du hast ein unglaublich leistungsfähiges Gehirn. Mein ADHS ist wie ein Husky, ein echtes Arbeitstier, das ausgelastet werden muss. Wenn es nicht genug zu tun bekommt oder nicht genug stimuliert wird, geht es zugrunde. Deine Energie muss ja irgendwo hin.
Wenn du deinen inneren Husky nicht auslastest, sucht es sich Wege, sich auszupowern. Und diese Wege sind tendentiell destruktiv, düster, ungesund und schmerzhaft. Deshalb ist es SO wichtig, dass du dein Ding findest. Dass du deinen Hobbies nachgehst. Dass du etwas kreierst und etwas kreatives machst.
Mein Ding ist das Bloggen. Ich habe das zum Glück schon sehr früh gefunden, mit 25 – ohne damals zu wissen, dass es „mein Ding“ ist. Das hat sich erst später herauskristallisiert. Aus meiner eigenen Erfahrung heraus und weil ich es in meinem Umfeld sehe, kann ich dir versichern: Deinen eigenen Blog zu starten, ist einer der besten Wege, um dein Ding zu finden! Es hilft dir, dein Thema zu finden und sehr viel Knowhow aufzubauen, das du auf jeden Fall in deiner Selbständigkeit brauchen wirst. Falls du mit dem Bloggen starten willst, aber dazu neigst, ALLES zu zerdenken und deshalb nicht loslegen kannst: Nimm deinen Namen als Domain, damit du dein Thema jederzeit ändern kannst. Hier findest du weitere Tipps, wie du als ADHS’ler deinen erfolgreichen Blog startest und Ordnung in dein Ideen-Karussell bringst und hier findest du meine Anleitung, wie du deinen Blog startest.
Versuche gar nicht erst, gegen deine Schwächen anzugehen. Denn das ist ein Kampf, den du nicht gewinnen kannst. Akzeptiere, dass du ein verpeilter und impulsiver Mensch bist – du wirst das nie ändern können. Du bist das laufende Chaos, versemmelst regelmäßig Termine und kannst dich nicht mit deiner Steuererklärung beschäftigen, selbst, wenn es um dein Leben ginge? Und du denkst, du müsstest an all diesen Baustellen gleichzeitig arbeiten? Dann habe ich einen revolutionären Tipp für dich:
Mache etwas, das in der deutschen Mentalität sehr ungewohnt ist: Vergiß deine Schwächen und lege deinen Fokus auf deine Stärken! Und die sind: Deine überbordenden Kreativität, deine Sprachgewalt, deine Umsetzungsstärke, dein Mut und dein Charisma. Mache aus der Not eine Tugend und akzeptiere, dass du nicht für ein (im besten und positivsten Sinne) normales Leben geschaffen bist. Akzeptiere, dass dich ein normales Leben mit Haus, Auto, schickem Garten, Festanstellung und einmal pro Jahr Urlaub auf Mallorca unglücklich machen würde. Du brauchst ein anderes Leben! Umarme deine Andersartigkeit, denn du hast ja sowieso keine andere Wahl! Geh mit der Arschbombe in das Abenteuer namens ICH!
Ich habe Ende 2024 schon gespürt, dass mein Weg die radikale Akzeptanz ist. Boah, wie ich mich gegen den Gedanken gewehrt habe, ich könnte ADHS haben – oder gar Autismus! Ich habe so viel geweint, als ich den Schleier vom größten blinden Fleck meines Lebens gelüftet habe und als ich mir eingestehen musste, was Sache ist. Dieses Eingeständnis hat mir den Weg zu meinem Motto 2025 geebnet: Radikal ich. Nie zuvor habe ich ein Jahresmotto so gelebt, wie dieses Jahr. Unglaublich, wie sehr sich mein Leben in den vergangenen 12 Monaten zum Besseren verändert hat.
Es hilft ja alles nichts, außer wir akzeptieren, dass wir so sind, wie wir sind. Das ständige Gegen-sich-selbst-Anarbeiten führt gerade bei High-Energy-Menschen wie uns nur zu Burnout. Wenn du aber deine High-Energy sinnvoll kanalisierst, ist ALLES in deinem Leben möglich! Was brauchst du und wie muss sich dein Leben verändern, damit du dein Potential ausleben kannst?
Nachdem du deine psychische Andersartigkeit akzeptiert hast, ist es Zeit für den nächsten Schritt: Umarme deinen Körper! Hinterfrage alle deine Schönheitsnormen und Beautyroutinen – und fange mit denen an, die dich Zeit, Geld und Nerven kosten! Denn: Gerade wir ADHS’ler brauchen Ruhe in unserem Leben und nicht die nächste Body-Baustelle, die uns stresst. Ich will dir deine Routinen nicht madig machen, vor allem nicht, wenn sie Teil deines Stimmings sind. Daher: Welche Body-Routinen sind für dich NICHT positiv, sondern kosten dich Zeit, Geld und Nerven? Die solltest du dir genauer anschauen!
In einer Welt, die uns, unser Denken und unseren Körper ständig beschämt und uns dazu drängen will, uns ständig zu maskieren, zu optimieren und hübsch zu halten, ist Selbstliebe ein radikaler Akt. Mit Selbliebe meine ich nicht die neue Beauty-Performance mit 5stufiger Facial-Routine, die uns als Selbstliebe verkauft wird, sondern die echte Selbstliebe, die keine Tools und Tinkturen braucht. Also die Selbstliebe, bei der du selbst genug bist und bei der du sinnlose und nervige „Haben wir immer schon so gemacht“-Routinen infrage stellst.
Hier ein paar Beispiele, was ich damit meine:
Weil ich dank ADHS ständig alles hinterfrage und weil mich jedes Etikett und Fitzelchen stört, habe ich vor über 20 Jahren aufgehört, BHs zu tragen. Denn, ganz ehrlich: Welchen Sinn haben BHs bei meiner Körbchengröße – also, außer, um die Nippel zu verdecken? Ich habe beschlossen: Ist bescheuert, kann weg, Freiheit für Nippel! Ich habe heute nur noch 2 Sport-Bras für High-Intensity-Sessions. Und ich bin jedesmal so froh, wenn ich die Dinger nach dem Würg… äh Workout in die Ecke pfeffern kann!
Zweites Beispiel: Vor etwa 15 Jahren habe ich schrittweise aufgehört, mich zu rasieren: Zuerst habe ich längere Zeit meinen Intimbereich in Ruhe gelassen, dann die Achseln und dann, seit 2017, die Königsdisziplin in der Sommer-Looky-Looky-Olympiade, meine Beine. Ja, das ist ganz schön radikal. Oder… vielleicht doch nicht?? Denn ich denke mir immer: ICH bin doch die Normale! Aber irgendwie macht unsere Kultur mein ganz normales Verhalten zu etwas Radikalem. Anfangs war es mir mega unangenehm, wenn jemand meine Beine sehen konnte. Mittlerweile bin ich da relativ cool (trage aber trotzdem fast immer Leggings). Und, ach, was für eine Wohltat, wenn man, also frau, sich beim Anziehen einer Hose nicht die Beine wie mit einer Käsereibe gegen den Strich raspelt. Ich HASSE rasierte Beine, weil irgendwo immer ein Stoppelchen übrig ist (und ich finde dieses Stoppelchen garantiert). Nach 24 Stunden, wenn die Stoppeln in Scharen kommen, hatte ich regelmäßig eine Kernschmelze und musste mich unbedingt rasieren, weil ich dieses Kratzgefühl nicht ausgehalten habe, wenn meine eigenen Beine sich berührt haben. Also habe ich mich jahrzehntelang fast täglich rasiert. Gillette hat’s gefreut. Aber, ey, was für eine unnötige, bescheuerte Selbstgeißelung, ich habe immer noch Rasurnarben auf meinen Schienbeinen. Heute streife ich mit den Händen über meine wunderbar behaarten Beine und denke mir: Wow, ist das sinnlich ❤️ Und wenn jetzt jemand angeekelt ist und das unsäglich frauenfeindliche Hygiene-Argument vorbringen will: Klicke bitte links oben auf das X-Zeichen und byebye.
Gerade beim Thema Beauty und Mode fällt mir auf, wie dysfunktional die Welt ist. Ich habe mich in den vergangenen Jahren von komplett bescheuerten und unrealistischen Schönheitsnormen emanzipiert – ein riesengroßer Schritt Richtung Freiheit und Ruhe! Heute weiß ich: Indem wir uns diesem Konsum- und Hübsch-Wahnsinn entziehen, bringen wir ADHS’ler viel mehr Entspannung in unser Leben. Wir sparen Zeit, Ressourcen und Geld (wovon wir ja oft weniger haben, weil ADHS teuer ist). Wir emanzipieren uns von Normen, die gerade bei ADHS-Menschen sehr schädlich wirken. Und: Wir können viel schneller Menschen aus unserem Leben raussortieren, die sowieso nicht gut gepasst hätten (es ist wirklich faszinierend, wie schnell Frauenhaare fragile Männeregos infrage stellen können).
ADHS-Menschen sind per Default maximal sinnliche Menschen, die sich selbst spüren müssen – aber dummerweise leben wir oft ein Plastikleben und sind in Watte gepackt. Deshalb hier einige Formen der (radikalen?) Selbstliebe, die dir als ADHS-Mensch vielleicht guttun könnten:
Es gibt Tage, da geht einfach nichts bei mir. Da wache ich schon morgens müde auf und bin froh, wenn ich es schaffe, mich für einen Film auf Netflix zu entscheiden. Ich habe schon vor Jahren aufgehört, mich dafür zu geißeln, denn ich habe irgendwann verstanden: Diese 0-%-Tage sind der Trade-Off für meine 100-%-Tage. Irgendwann habe ich mir gestattet, kein schlechtes Gewissen mehr für diese unfreiwillige Pause zu haben und ich habe einfach akzeptiert, dass ich 1 bis 2 dieser absoluten Low-Energy-Tage pro Woche habe. Mein Mantra an solchen Tagen: Überlebe doch einfach nur diesen Tag. Das ist schon eine große Leistung! Dass ich so lange mit diesem Auf-und-Ab gehadert habe, liegt u. a. auch an der 9-5-Kultur: Gerade Deutschland ist ein Land von Angestellten und da gilt es, jeden Werktag von 9 Uhr bis Feierabend durchzuarbeiten, komme was wolle. Wer dagegen verstößt, gilt als faul und undiszipliniert – also alles, was ich definitiv nicht sein wollte! Trotzdem wurde ich oft so genannt, was meinem Ego natürlich nicht gut getan hat.
Etwa die Hälfte meiner Tage sind 50-%-Tage: Da merke ich schon gegen 12 Uhr, dass meine Energie runtergeht. Früher habe ich mich gezwungen, weiter am Computer zu sitzen und zu arbeiten – was für eine Zeitverschwendung! Wenn ich heute so einen Energie-Abfall bemerke, klappe ich den Laptop zu und ruhe mich aus. Auch deshalb ist es so wichtig für mich, keine Termine ab 12 Uhr zu haben, denn ich weiß nie, wann mich so ein Mid-Energy-Tag trifft.
Ich habe also viele 50-%- und 0-%-Tage – aber dafür eben auch krasse 100-%-Tage, an denen ich das Pensum vom 3 bis 5 Arbeitstagen runterrocke. So erreiche ich in einem Jahr insgesamt trotzdem sehr viel und die Leute fragen mich, ob mein Tag 48 Stunden hat. Daher: Solange der Durchschnitt stimmt, ist alles gut.
Fakt ist: Dieses Auf und Ab ist meistens inkompatibel mit einer Festanstellung! Ich bin froh, dass ich mein Leben so umgebaut habe, dass es mittagsschlaf-safe ist: Ich kann also (fast) jederzeit einen Mittagsschlaf halten, wenn mir danach ist. Probiere das mal in einer Festanstellung mit Präsenzpflicht 😬
Ich habe echt alles versucht. Ich habe Affirmationen rauf und runter gesprochen, aber ich habe schnell bemerkt: Das funktioniert bei mir nicht. Denn ich glaube diese Glaubenssätze nicht. Was ich brauche, sind wahre Sätze. Und so habe ich 2 Sätze, die ich mir täglich zigfach sage:
Das sind meine ADHS-ffirmationen, die funktionieren. Finde deine eigenen wahren Sätze – oder nimm einfach meine 😄 Bei mir funktionieren diese Sprüche meistens ganz gut, um meinen inneren Kritiker im Schach zu halten. Wobei: Innerer Kritiker? Ich habe einen inneren Rufmörder! Boah, diese ständigen Kack-Sprüche in meinem eigenen Kopf. Da ist „Du bist nicht gut genug“ wirklich noch extrem harmlos! Jedesmal, wenn ich wieder diese blöden Gedanken habe, sage ich mir: Ja, ja, blabla, ich arbeite dran. Und dann stelle ich mir vor, wie ich als ADH-ass-kicking Superheldin emporschwebe und kurzen Prozess mit dem ganzen Gehirn-Shit mache. Wirkt Wunder!

Dieser Tipp ist deshalb unter „Radikales Life-Umkrempeling“, weil wir es so gewohnt sind, unsere täglichen Gedanken und Mindfucks zu denken, dass diese Gedanken sehr dominant sind. Unser Denken ist die Grundlage unseres Handelns. Und ich konnte irgendwann kaum noch handeln, weil ich so von meinem Denken so blockiert war. Und so hatte ich vor einigen Jahren die aberwitzige Idee: Was, wenn ich anders denke? Dieser neue Gedanke hat mich nicht mehr losgelassen. Und so habe ich meine innere Superheldin entdeckt, meine eigenen Affirmationen entwickelt und meine täglichen Mindfucks und Denkmuster konsequent infrage gestellt. „Was, wenn ich anders denke?“ war auch der Grund dafür, dass ich 2018 mein Online-Business gestartet und meinen Blog reaktiviert habe – trotz Content-Ängst!
Ich traue mich viel mehr, seit ich meine innere Superheldin entdeckt habe. Nein, es ist immer noch nicht alles superduper. Aber, ha, ich arbeite dran! 😄
Menschen mit ADHS haben schon so viel Zeug und Action in ihrem Leben, dass sie vor allem eines brauchen: Weniger von allem! Vor allem: Weniger Komplexität! Und damit meine ich nicht nur das Ausmisten, das ich weiter oben schon angesprochen habe. Klar, Ausmisten ist ein erster guter Schritt dahin, die Komplexität zu reduzieren. Aber eine radikale Reduktion deiner Komplexität braucht mehr Commitment. Ich habe hier ein paar Vorschläge:
Beim Thema Geld wird ADHS so richtig ungemütlich. Viele ADHS-Menschen können ihr riesiges Potential nicht heben, z. B. weil sie es als An(gst)gestellte nie lange genug in einem Unternehmen aushalten, um die Einkommens-Leiter zu erklimmen. Oder sie sind durch das Imposter Syndrom und Energie-Schwankungen so stark blockiert, dass sie es nicht schaffen, Neukunden zu akquirieren (da hilft ein Blog). ADHS-Menschen haben also oft weniger Geld, als andere Menschen – aber sie brauchen mehr Geld, weil ADHS teuer ist. Wir verlieren oder verlegen ständig irgendwelche Sachen. Wir vergessen, Abos zu kündigen. Wir verpeilen Rechnungen und zahlen dann Mahngebühren. Wir verpassen Umsatz-Chancen, weil wir uns nicht trauen. Uuund so weiter. Diese extra Ausgaben, die durch ADHS entstehen, werden auch ADHS-Steuer bzw. ADHD-Tax genannt. Und ich kann bestätigen: It’s a thing.
Und gleichzeitig gilt: Mit Geld kannst du viele deiner ADHS-Probleme deutlich reduzieren. Du kannst einen Steuerberater bezahlen, anstatt dich durch deine Steuererklärung zu quälen, bei der du zig Flüchtigkeitsfehler machst und dich ständig nur aufregst. Du kannst dir eine schönere Wohnung leisten, die dich nicht so stresst. Du kannst dir Behandlungen und Therapien „gönnen“, anstatt dich durch das Gesundheitssystem zu quälen (ich z. B. habe meine ADHS-Diagnose selbst gezahlt). Das alles senkt deinen Stress. Und du hasst es ja sowieso, deine Steuern zu machen!
Aber woher nehmen, wenn nicht stehlen? Mein Tipp lautet: Finde dein Ding, starte deinen Blog, mache dich selbständig und erstelle ein unwiderstehliches Angebot! Du als ADHS’ler, mit der Goldmedaille im Hyperfocussing, bist prädestiniert, dein Wissen zu verkaufen! On the long run hast du damit fast garantiert mehr Geld, als wenn du in deiner Festan(gst)stellung bleibst.
ADHS ist eine Gabe. Oder mein Untergang. Fluch oder Segen (aber sag bitte nicht „Superpower“, dagegen bin ich allergisch). Trotz all dem Schul-Shit, Mom-Burnout und Shame-Bingo: Ich habe es in der Hand, was ich daraus mache. Ich weiß: Wenn ich mein ADHS ignoriere, lande ich im Burnout und in der Angstschleife. Und wenn ich mich laufend selbst bemitleide und verpassten Chancen hinterhertrauere, lande ich in der Hätte-Hätte-Fahrradketten-Hölle – das Inferno für ein ADHS-Gehirn, das es liebt, sich Horror-Szenarien auszudenken. Ist beides total beschissen, would not recommend.
Nochmal: Du hast es in der Hand. Wer soll dein Potential heben, wenn nicht du selbst? Du musst dir überlegen, was du brauchst, um glücklich zu sein. Und dann: Arbeite diese Liste ab (wir lieben es ja, Dinge abzuhaken). Gehört auf diese Liste vielleicht ein ernstes Gespräch mit deinem Partner? Oder mit deiner Chefin? Vielleicht ein Jobwechsel? Oder ein Neuanfang in einer anderen Stadt? Das Ausziehen aus deinem Elternhaus? Das Wiederaufnehmen eines altes Hobbys? Deinen ersten Kurs launchen? Dein Coaching-Business starten? Eine neue Ausbildung beginnen und dein aktuelles Studium schmeißen? Ein Anruf bei einer Person, die du vor Jahren zuletzt gesehen hast? Eine E-Mail an diesen einen Verlag, den du schon längst recherchiert hast, aber den du nie mit deinem Buch-Exposé angeschrieben hast? Endlich bei deinem Hausarzt für eine Überweisung anrufen, um deine ADHS-Diagnostik anzugehen?
Vielleicht hast du dich in eine S(h)ituation manövriert, bei der du das Gefühl hast, nicht mehr rauszukommen. Egal, wie eng dein Leben geworden ist, du hast wahrscheinlich trotzdem mehr Möglichkeiten, als du gerade siehst. Fange klein an und starte z. B. deinen Blog (ich weiß, ich wiederhole mich, aber ich bin, was das Bloggen angeht, nicht objektiv).
Ich glaube, die ADHS’ler haben das Manifestieren erfunden. Denn sie sind so gut darin! Also, vorausgesetzt, sie kommen ins Tun 😄
Eines der besten Dinge, das mein Leben in den letzten 12 Monaten sehr positiv beeinflusst hat, ist: Ich lerne Spanisch! Das hat mehrere Kollateralerfolge: Ich hänge viel weniger auf Instagram & Co. herum. Ich kann auf Ibiza schon echt geschmeidig Essen bestellen. Und gleichzeitig laste ich meinen inneren Husky aus, damit der nicht auf dumme Gedanken kommt.
Wie lerne ich Spanisch? Mit Duolingo! Ich könnte ja schwören, dass diese Sprachlern-App extra für mich entwickelt wurde 😄 Während andere beim Anblick von Duolingo schreiend davonlaufen, liebe ich diese Gamifizierung, die hüpfenden Eulen und die passiv-aggressive Lilli. Und die täglichen Challenges und das Liga-System.
Ich halte es für essentiell notwendig, dass ADHS-Menschen ein Lernprojekt haben. Viele ADHS-Frauen machen eine Ausbildung und Fortbildung nach der anderen. Ich selbst habe auch 3 Ausbildungen abgeschlossen (latenter Overkill und typisch ADHS). 2018 war mein Lernprojekt: Mein eigenes Online-Business zu starten. Seit einem Jahr lerne ich Spanisch. In diesem Jahr will ich noch lernen, mein erstes Buch mit Amazon Kindle herauszubringen (im Moment scheitere ich am Kindle Create Editor). Und dann will ich regelmäßig Bücher schreiben 😎
Mit „Lernprojekt“ meine ich nicht nur, schnell in neue Themen einzutauchen. Das wird auch Hyperfokus genannt. Das Problem: Der Hyperfocus ist relativ kurz: er hält einige Tage oder wenige Wochen. Ich meine mit Lernprojekt eine „Hyperfixation“, also ein Thema, in das man ein Jahr oder länger eintaucht. Denn da können wir die Stärken unseres ADHS-Hirns voll ausspielen!
Was könnte dein langfristiges Lernprojekt sein?
Wenn du das Bloggen lernen willst, dann einfach hier entlang!
Nachdem ich angefangen habe, über meine ADHS-Diagnose zu sprechen, habe ich eine interessante Erfahrung gemacht: Mehrere Menschen in meinem Umfeld haben mir gesagt, sie hätten auch ADHS, aber sie trauen sich nicht, darüber zu sprechen. Ich kann das verstehen. Ich habe nach meiner offiziellen Diagnose nur ein paar Monate lang geschwankt, ob ich es publik machen soll, oder nicht. Vielleicht, weil ich es insgeheim schon so lange wusste, konnte ich mich damit schon besser anfreunden. Zudem: Ich bin Bloggerin! 😄 Da ist das Reflektieren, die persönliche Weiterentwicklung – und das Darüber-Schreiben ja sowieso all inclusive!
Ich habe v. a. gute Erfahrungen damit gemacht, meinem Umfeld von meiner ADHS-Diagnose zu erzählen. Ok, nicht jeder hat gut reagiert. Aber egal: Die Reaktionen waren überwiegend positiv. Und: Du hast plötzlich ganz neue Kontakte und viel mehr soziale Interaktionen – und zwar rein zufällig mit anderen ADHS’lern 😄
Ein positiver Kollateral-Erfolg, wenn du über deine ADHS-Diagnose redest: du kannst, je nach Reaktion, deinen Bekanntenkreis neu sortieren. Jemand sagt: „Heute hat doch gefühlt jeder ADHS“? Dann, hust, winke ich zum inneren Byebye. Aber keine Sorge, das ist nur vorübergehend: Sobald diese Person ebenfalls ihre Neurodivergenz diagnostiziert bekommt, gib es ein freudiges Wiedersehen.
Ich bin der absolute Habit-Stacker: Ich stapele Routinen aufeinander und baue mir so meinen ganzen Tag zusammen. Und ich glaube, dass genau DAS eines meiner wichtigsten Erfolgsfaktoren ist. Ich schwanke zwar immer zwischen „Ich brauche Routinen, wie die Luft zum Atmen“ und „ich finde Routinen unfassbar langweilig und will sofort damit aufhören“ – aber meistens gewinnt dann doch mein routinenliebendes Ich. Ich kann aus wirklich allem eine Routine machen und diese Routine wird dann so normal für mich, dass ich glaube, keine Routinen zu haben 😄 Zum Beispiel: Ich wurde mal gefragt, ob ich eine Morgenroutine hätte. Und ich so: Hä, nein, habe ich nicht. Ich wache auf (ohne Snooze), checke am Handy meine Termine des Tages, öffne das Fenster, dehne mich, putze meine Zähne, wasche und creme mein Gesicht ein, ziehe mein immer gleiches Outfit an (Business-Cosplay!) und fertig – also, nein, ich habe kein Routine.
Aber gut, jetzt weiß ich es besser 😄 Ich habe zig Routinen! Ich habe tägliche Routinen, wöchentliche Routinen, monatliche Routinen, ich habe zig Blog-Routinen (inklusive Vorlagen und Frameworks), Launch-Routinen, Koch-Routinen, Putz-Routinen – das volle Routinen-Programm. Eine meiner besten jährlichen Routinen ist es, meinen Jahresrückblick zu schreiben (und du kannst mitmachen! Melde dich hier an!). Ich baue mir Routinen zusammen, wie andere ihre Lego-Figuren bauen. Routinen sind der Grund, warum ich seit über 20 Jahren blogge. Warum ich seit noch längerer Zeit den Handstand trainiere. Warum ich so sportlich bin. Ich bin ein Gewohnheitstier. Und wenn du das Verkaufen, Lernen, Launchen oder das Rausgehen aus deiner Komfortzone zu deiner Routine machst, dann wirst du unaufhaltsam!
Weiter oben habe ich von „Digital Detox“ geschrieben. Das ist ein guter Anfang. Aber insgeheim weißt du: Du musst noch viel tiefer ansetzen! Du musst dein ganzes Leben detoxen – also den ganzen Instant-Gratification-Stress aus deinem Leben rausbekommen. Und ich meine damit nicht nur Social Media! Sondern: Alles, was dein Belohnungssystem schnell mit sinnlosen Dingen triggert. Also z. B. ständige Benachrichtungen auf dem Handy. Weg damit! Handyspiele. Weg damit! Impuls-Shopping. Du ahnst es: Weg damit! Exzessives Pornoschauen, Kaffeetrinken, Süßigkeiten essen, Fast Food. Beim Black Friday Produkte kaufen, die du eigentlich gar nicht brauchst, die aber einen superduper Rabatt haben. Weg damit!
Ok, Spanisch lernen mit Duolingo fällt wahrscheinlich auch in diese Kategorie, aber weil das mehr Lernen als Dopamin-Kick ist, drücke ich hier ein Auge zu 😄
Diese ständigen Dopaminkicks führen dazu, dass wir eine Dopamin-Toleranz entwickeln. Und das ist gerade für uns ADHS’ler fatal! Denn wir haben sowieso schon ein niedrigeres Dopamin-Grundniveau – und wenn dieses Grundniveau durch ständige Dopaminkicks noch weiter absinkt, verschlimmern sich unsere ADHS-Symptome teilweise massiv. Hier müssen wir dringend ansetzen!
Und ja, ich weiß, dass es schwer ist, das zu ändern. Deshalb befindet sich dieser Punkt auch unter „Radikales Life-Umkrempeling. Aber stell dir mal vor, wie viel Geld du übrig haben wirst, wenn du nicht mehr diese Impulskäufe machst! Und wie viel Zeit du haben wirst, wenn du nicht mehr ständig Candy Crush spielst oder durch Instagram scrollst!
Finde stattdessen Dinge, die dein Belohnungssystem langsamer und dafür nachhaltiger triggern – und die besser für dich sind: Sport. Bücher lesen. Nähen. Gärtnern. Sauna. Backen. Ein Spieleabend (Brettspiele!). Programmieren oder eine neue Sprache lernen. Bloggen (boah, immer dieser Kick, wenn ich auf den Veröffentlichen-Button klicke! Aber, gell, nicht ständig zwischendrin Social Media checken!). Malen. Blackout Poetry. Erschaffe etwas mit deinen Händen oder mit deinem Hirn! Rein zufällig haben die meisten dieser nachhaltigen Dopamin-Kicks nichts mit einem Bildschirm zu tun.
Lerne, deine Belohnungen zu verzögern und du meisterst dein Leben. (Geil, das klingt wie so ein typischer YouTube-Bro-Spruch 😄).
Auch wenn du nicht der körperlich hyperaktive ADHS-Typ bist: Sport hilft! Bei mir ist das H von ADHS sehr ausgeprägt und ich kann für mich sagen: Bewegung ist das vielleicht beste rezeptfreie Mittel bei ADHS. Es ist egal, welche Art von Sport du machst, Hauptsache: Es macht dich fertig! 😄 Ich habe, klar, meine (fast) tägliche Sport-Routine: 100 Situps, 50 Liegestütze (auch auf dem Knie, wenn es nicht gleich „richtig“ geht) und 20 x Handstand. Jetzt habe ich ein neues Sport-Ding: Ich möchte bis zum Ende des Jahres jeden Tag einen 100-Meter-Sprint machen. Ansonsten habe ich einen Stehtisch mit einem Laufband darunter. Zwischendrin mache ich regelmäßig einen Handstand. Einfach so, weil’s Spaß macht.
Du brauchst irgendeine Art von intensiver Bewegung, damit dein Gehirn besser funktioniert. Das kann auch „nur“ Spazierengehen sein – dafür halt doppelt so lang, wie bisher 😄 Hauptsache, du kommst ins Schwitzen. Dein innerer Husky liebt das! Es ist überlebensnotwendig, dass du Sport als elementaren Bestandteil in dein Leben integrierst. Sport darf nicht nur ein Projekt sein, weil es dir gerade im Rücken ziept. Sport muss ein täglicher Bestandteil sein! Du hast dadurch nicht nur schicke Oberarme, sondern hast auch einen gewissen Schutz vor der vielleicht häufigsten ADHS-Komorbidität: Depressionen.
Ok, also: Sport ist das vielleicht beste Mittel bei ADHS. Passend dazu ist das schlechtes Mittel bei ADHS: Alkohol. Mein Tipp: Meide Alkohol, so gut es geht. Und zwar aus zwei Gründen:
Weiter oben rede ich über Ausmisten und Minimalismus. Aber da geht noch mehr: Verabschiede dich von deiner Fantasie-Vorstellung von dir selbst! Dieses Fantasy Self ist eine idealisierte Vorstellung von dir selbst, wie du in der Zukunft sein könntest, wenn du heute endlich dies und das und jenes machst. Ich hatte sehr lange die Vorstellung, dass ich Klavier spiele. Eines Tages hat mir meine Mutter dann ein wunderschönes, antikes Klavier geschenkt – ein Traum! … Oder auch nicht! Denn: Ich habe zwar mal ein paar Klavierstunden genommen, aber mein Elan war schnell erlahmt. Und dennoch: Ich hatte immer noch diese Vorstellung, wie mein Fantasy Self wunderbare Lieder am Klavier spielt. Aber Fakt war: Dieses Klavier war Ballast und hat zwei Umzüge unnötig verkompliziert – und dann hat es auch jahrelang diverse Zimmer blockiert. Vor einigen Jahren habe ich dann die schmerzhafte Entscheidung getroffen, mein klavierspielendes Fantasy Self loszulassen und das Klavier zu verschenken. Was für eine Befreiung!
Nicht nur, weil das Klavier endlich weg war und wir jetzt endlich ein richtiges Wohnzimmer haben konnten! Sondern: Ich habe diese Vorstellung von mir losgelassen, die mir ständig ein schlechtes Gewissen gemacht hat! Dieses Klavier hat mich ständig daran erinnert, dass da ja noch ein To-Do auf mich lauert, ein Lernprojekt. Aber ich hatte nie die Zeit und Muse dafür! Dieses Fantasy Self hat wahnsinnig viel geistige Bandbreite belegt! Das wurde mir erst so richtig klar, nachdem ich das Klavier verschenkt hatte.
Deshalb mein Tipp: Miste alle deine halben Hobbies aus – oder zumindest die, die dir ein schlechtes Gewissen machen. Löse deinen Hobby-Friedhof auf und lasse dein kreatives, fotografierendes, nähendes, bastelndes Fantasy Self los. Lass alles gehen, von dem du insgeheim weißt, dass du es nie wieder angehen wirst: die Stifte fürs Bulletjournaling, die Nähmaschine, die Fotoausrüstung, die Sportgeräte, die Pinsel usw. Verkaufe oder verschenke die Sachen!
Apropos: ich habe da übrigens noch Ausrüstung für eine Foto-Dunkelkammer zu verschenken!
So gut wie jede spät diagnostizierte Frau kann eine spannende Geschichte über den Weg zu ihrer Diagnose erzählen. Auch ich habe eine gute Story: Gleich zu Beginn meiner allerersten Therapiesitzung, ich habe kaum meinen Mantel ausgezogen und mich gerade hingesetzt, und ganze drei Fragen beantwortet (Familienstand, Kinder, Ausbildung), fragt mich der Therapeut: „Sie haben alle diese Ausbildungen abgeschlossen? Nein, das ist kein ADHS!“ Äh, ja, danke fürs Gespräch! Ich habe mich dann trotzdem durchgebissen und habe meine Diagnose bekommen (allerdings nicht bei ihm, sondern bei der sehr einfühlsamen Psychotherapeutin Mara Pairan. Wenn du die Mittel hast, deine Diagnose selbst zu bezahlen, ist sie meine große Empfehlung für dich). Während des Diagnoseprozesses habe ich mich ständig gefragt: Was, wenn es doch kein ADHS ist? Was, wenn ich mich irre? Bin ich vielleicht deshalb so oft verpeilt und unmotiviert weil ich schlicht wirklich faul bin? Stellt sich heraus: Diese Frage stellt sich jeder mit ADHS vor/während seiner ADHS-Diagnose 😄
Ich wurde mehrfach gefragt, warum man sich denn überhaupt seine ADHS-Diagnose holen sollte, zumal im „fortgeschrittenen Alter“ von 45. Ich sehe hier zwei Gründe:
Deine ADHS-Diagnose wird mehr anstoßen, als du dir jetzt vorstellen kannst. Ich habe jahrelang Sprüche gehört, die meinen ADHS-Verdacht invalidiert und vom Tisch gewischt haben: Jeder hat mal Selbstzweifel! Ich bin auch ein bisschen verpeilt und chaotisch, aber ICH habe ganz bestimmt kein ADHS! Ist doch nur eine Mindset-Sache! Du übertreibst doch! ADHS ist doch nur eine Ausrede! ADHS ist doch nur ein Trend! Das ADHS-Label passt gar nicht zu dir! Willst du wirklich in diese Assi-Schublade gesteckt werden? Dann steht die ADHS-Diagnose in deiner Akte und vesaut dir dein Leben! Du bist halt einfach nur ein bisschen überfordert und unorganisiert – nichts, was man mit ein bisschen Aufräumen nicht beheben könnte! Blablabla 🙄
Es erfordert schon eine große mentale Stärke, um hier bei sich zu bleiben, seinem Gefühl zu vertrauen und sich nicht verunsichern zu lassen. Ich habe meine ADHS-Diagnose mindestens 11 Jahre zu spät bekommen, denn schon mit 34 hatte ich das starke Gefühl, dass ich eine Neurodivergenz haben könnte. Aber an ADHS habe ich damals noch nicht gedacht. Ich wusste nur: Ich bin irgendwie tiefgreifend anders. Damals gab es ein „Window of Opportunity“: Nach der Geburt meines zweiten Kindes hatte ich eine Depression, weil meine zweite Wochenbettdepression nicht erkannt wurde und die sich dann verfestigt hat. Als ich mich mit dem Verdacht auf Depression an einen Arzt gewandt habe, hieß es: Ich könne doch keine Depression haben, wenn ich alles so gut in meinem Leben meistere und so erfolgreich bin! Äh… hochfunktionale Depression, anyone??
Dummerweise habe ich damals auf diesen Arzt gehört – und meine persönliche Weiterentwicklung damit um 11 Jahre verzögert! Meine Depressionen wurden nie offiziell diagnostiziert und so habe ich auch nie eine Therapie bekommen, ich habe mich da alleine rausgekämpft. Wie unnötig – und wie gefährlich! Wie anders hätte mein Leben verlaufen können, wenn ich damals, als ich nach Hilfe gefragt habe, nicht gegen eine Wand gelaufen wäre? Wie viel Schmerz, schlechte Entscheidungen und Lebens-Chaos wären mir erspart geblieben? Jedesmal, wenn ich an diese 11 verlorenen Jahre denke, kommen mir die Tränen. Und gerade deshalb reagiere ich sehr empfindlich, wenn mir jemand mit dummen ADHS-Sprüchen kommt und mein Erleben kleinredet. Mit solchen Leuten mache ich kurzen Prozess: Sie fliegen im hohen Bogen aus meinem Leben.
Fast alle spät diagnostizierten ADHS’ler kennen diese Trauer. Wir trauern um verlorene Jahre, um nicht genutztes Potential (von dem wir doch so unglaublich viel haben), um Chancen, die wir nie ergriffen haben und um unser Fantasy Self, wer wir heute sein könnten, wenn wir früher Hilfe bekommen hätten. Diese Trauer um uns selbst geht so tief, bis an den Kern unseres Innersten. Aber es ist so wichtig, dass wir diese Trauer ansehen und durch sie hindurchgehen. Ich bin noch mittendrin in dieser Trauerphase und zugleich sehe ich auch schon das Licht am Ende des Tunnels. Ich bin gerade in so einem krassen Mittendrin: Trauer, Hoffnung, Gehirnkarussell, massive Content-Ängst, Zuversicht, ich sehe ganz neue Chancen und weiß nicht, ob ich mich traue, mit der Arschbombe in das neue Abenteuer hineinzuspringen. Aber, ach, ich kenne mich ja, natürlich springe ich! Und dann kommt wieder eine Trauerwelle und ich springe doch nicht. Es ist ein Hin und Her im Kopf und in mir tobt ein chaotischer Kampf der Naturgewalten, während andere nichts davon merken und mir sagen, wie fokussiert und gut strukturiert ich doch sei.
Anfangs dachte ich, ich müsste diese Trauerphase erst hinter mich gebracht haben, um über ADHS reden und schreiben zu dürfen. Also aus der Perspektive der Heldin meines eigenen Lebens, die ihr Problem erfolgreich bewältigt hat. Aber dann wurde mir klar: Das stimmt nicht. Sondern, ganz im Gegenteil: Es braucht genau diese Verletzlichkeit, dieses Rohe und Unfertige, dieses messy Mittendrin, damit unsere Geschichte wirklich etwas bewegt und verändert. Und: Mit dem Warten verstärke ich nur das Stigma rund um ADHS und Neurodivergenz. Denn dann hieße es ja mal wieder, dass man nicht aus dem messy Mittendrin erzählen darf. Ich solle mit meinen Depressionen, Traumata und Kernschmelzen bitte niemanden belästigen, aber als Teil meiner Erfolgsstory sind sie ein super Stichwort – macht bestimmt einen tollen Absatz in meinem TED-Talk. Es ist das typische Business-Storytelling-Märchen, dass man eine Geschichte erst rückblickend aus der Position des Erfolgs heraus erzählen darf. Aber: Ich bin in erster Linie nicht Unternehmerin, sondern Mensch, der jetzt mittendrin steckt. Und ich möchte darüber berichten, wie es ist, mittendrin in diesem ADHS-Wahnsinn zu sein. Denn ich glaube, es geht vielen anderen Frauen sehr ähnlich wie mir.
Und deshalb sage ich: Scheiß drauf! Es ist Zeit, dass ich den Stigma-Schleier von meiner Neurodivergenz wegziehe!
Wenn du bis hierhin gelesen hast und aus dem Nicken nicht mehr rauskommst: Was du jetzt brauchst, ist Klarheit über deine Neurodivergenz. Deshalb: Kümmere dich um deine Diagnose, damit du sie schwarz auf weiß hast! Sobald du deine Diagnose hast, wirst du wahrscheinlich erst mal erleichtert sein. Und dann kommt sie, die Trauer. Das ist okay, nimm dir die Zeit. Und dann beginnt dein neues, großes Abenteuer: Du begibst dich auf den Weg deiner wahren Selbsterforschung. Dieser Weg wird alles in deinem Leben verändern. Du wirst dich selbst besser verstehen. Du wirst viel gnädiger mit dir selbst sein. Du wirst dich mit deinen eigenen Vorurteilen und Glaubenssätzen auseinandersetzen (und bei ADHS bzw. Autismus gibt es viele davon, wie z. B. Ableismus und Klassismus). Du wirst die Trauma-Steine aus deiner Kindheit umdrehen und hinschauen. Du wirst sehr viel weinen, du wirst wütend sein, du wirst dein Leben umkrempeln, du wirst so viel lernen, wie niemals zuvor und du wirst dich in Lichtgeschwindigkeit weiterentwickeln. Und irgendwann, ich bin fest davon überzeugt, wirst du heilen. Wenn ich an diesem Punkt angelangt bin, sage ich Bescheid.
Deine ADHS-Diagnose kann diese Entwicklungen anstoßen. Vielleicht verspürst du jetzt plötzlich die Angst, dass wenn du die Diagnose angehst, herauskommt, dass du doch kein ADHS hast. Dass du doch nur faul und unmotiviert bist. Aber ich kann dir versichern: Da du diesen Blogartikel bis hierhin gelesen hast, ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass du neurodivergent bist. Dass dich dieses Thema derart brennend interessiert, ist schon sehr aussagekräftig und wahrscheinlich nicht neurotypisch 😄
Jetzt klicke ich den Veröffentlichen-Button und springe in mein neues Abenteuer. 🔥

ÜBER MICH: Blog like nobody’s reading! Das ist meine Philosophie, mit der ich mein Content-Imperium aufbaue. Seit meinem ersten Blogartikel am 1. August 2005 sind über 1.200 Blogartikel dazugekommen – und eine glasklare Positionierung, eine starke Reputation und ein erfolgreiches Familien-Online-Business. Bloggen ist für mich Hobby, Leidenschaft und persönliche Weiterentwicklung. Und erst danach mein Akquisemotor und Umsatzbringer. Im Laufe meines 20-jährigen Blog-Abenteuers habe ich Begriffe geprägt, wie Content-Ängst und dynamisches Bloggen. Heute bin ich das beste Beispiel dafür, dass wir mit Persönlichkeit, Mut und Verletzlichkeit einen profitablen Blog aufbauen können, auch ohne den schwarzen Gürtel im Technik-Kungfu zu haben. Von der Festan(gst)stellung zum Leben in kreativer Freiheit: Dein Blog machts’s möglich!
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