ADHS erkennen bei Frauen: 30+ Symptome aus meinem Alltag als Selbständige, Mutter und Bloggerin

„Wie kann es sein, dass es niemandem aufgefallen ist?“ Das war meine große Frage, die mich direkt nach meiner ADHS-Diagnose sehr beschäftigt hat! Denn, jetzt, wo ich es weiß, sind meine ADHS-Symptome so offensichtlich, dass es einem ins Gesicht springt! Schon als ich ein Kind war, waren meine ADHS-Symptome sehr sichtbar. Damals bin ich wahrscheinlich durch das ADHS-Raster gefallen, weil ich als hyperaktives Mädchen nicht dem Zeitgeist entsprochen habe, dass angeblich ja nur Jungs ADHS haben. Auch während meiner Ausbildungen und im Studium (alleine schon die Mehrzahl spricht für sich) war mein ADHS sehr ausgeprägt. Als ich 2011 Mutter wurde, ist mein Leben dann vollends explodiert. Ich frage mich: Hätte man das alles nicht sehen können?
Als ich 2005 mit dem Bloggen angefangen habe, habe ich unwissentlich mein ADHS dokumentiert. Heute kann ich anhand meiner Blogartikel sehr klar sagen: Ich habe offensichtlich ADHS – hier sind die Beweise! Das ist für mich wichtig, denn mir wurde sehr lange nicht geglaubt und mir wurde jahrzehntelang abgesprochen, dass all das, was in meinem Kopf abgeht, überhaupt ein Thema ist. Denn: ich sei doch so erfolgreich – zudem hatte ich doch Abitur und im Studium dann so gute Noten! Ja, das stimmt alles! Aber: Das war auch alles sehr, sehr anstrengend. Schon seit der Schulzeit oszilliere ich zwischen High Energy und Burnout. Und ich hatte mein ganzes Leben lang das Gefühl, dass bei (bwz. mit) mir etwas fundamental anders ist und dass ich das falsche Leben lebe.
ADHS-Diagnosen bei Frauen in Kürze:
ADHS wird bei Frauen im Schnitt 5 bis 10 Jahre später diagnostiziert als bei Männern. Ein wichtiger Grund für diese späte Diagnose: Masking.
Frauen sind bei ADHS und Autismus dramatisch unter-diagnostiziert und werden oft falsch diagnostiziert (z. B. mit Burnout oder Depression) und dementsprechend falsch behandelt.
Während bei Jungs/Männern Hyperaktivität ein dominantes ADHS-Symptom ist (= Zappelphilipp-Syndrom), zeigt sich ADHS bei Frauen oft anders: innere Unruhe, Reizbarkeit, Gedankensprünge und emotionale Überforderung.
Während Jungen 3 bis 9 mal häufiger als Mädchen mit ADHS diagnostiziert werden, gleicht sich das Verhältnis bei den Diagnosen im Erwachsenenalter langsam an. Derzeit steht es bei ca. 2:1 – also auf zwei ADHS-Diagnosen bei Männern kommt eine ADHS-Diagnose bei einer Frau. Wegen dieses Aufhol-Effekts wird ADHS bei Frauen fälschlicherweise oft als Trend abgetan.
Es wird geschätzt, dass ca. 5 % aller erwachsenen Menschen ADHS hat. Fachleute gehen davon aus, dass ADHS bei Frauen genauso häufig vorkommt wie bei Männern. ihre Symptome werden nur oft übersehen oder falsch gedeutet.
ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung: Im Blogartikel „Scanner, hochsensibel oder vielleicht doch ADHS?“ beschreibe ich AD(H)S sehr ausführlich:
ADHS und ADS beschreiben eine neurobiologische Besonderheit, bei der die Filterung und Steuerung von Aufmerksamkeit, Impulsen und Energie anders funktioniert als bei neurotypischen Menschen. Typische Merkmale sind Konzentrationsschwierigkeiten, impulsives Handeln, starke Ablenkbarkeit, aber auch enorme Energie, Kreativität und die Fähigkeit, bei hohem Interesse in bestimmten Themengebieten schnell und tief einzutauchen (= „Hyperfokus“).
Bei Frauen wird ADHS allerdings oft sehr spät oder gar nicht erkannt, weil in den Köpfen vieler Mensch ADHS etwas ist, das nur Jungs/Männer haben. Ich gehöre auch zu diesen spät diagnostizierten Frauen, obwohl bei mir die Symptome sehr offensichtlich waren.
Hier ist meine bestimmt nicht vollständige Liste an ADHS-Symptomen. Wenn du dich hier in dem einen oder anderen Punkt wiederfindest, heißt das nicht, dass du zwangsläufig auch ADHS hast. Wenn du dich aber in vielen Punkten wiederfindest, könnte das womöglich ein Hinweis sein, dem du dann mit deiner eigenen Recherche nachgehen solltest.
Sehr hohe Kreativität ist etwas, das viele Menschen mit ADHS auszeichnet. Kreativität ist einer meiner wichtigsten Werte und zeigt sich bei mir z. B. in meinen vielen Wortspielen. Weitere Kreativitäts-Anzeichen sind z. B. die vielen Blog-Challenges, die ich in den letzten Jahren gemacht habe, wie z. B. „Boom Boom Blog“, „Blog your Purpose“ und der Jahresrückblog. Und: Seit Januar 2021 schlage ich den Teilnehmern in meinem Blogkurs „The Content Society“ jeden Montag einen neuen Blogartikel vor – das ist eine kreative Höchstleistung, die ich seit Jahren kontinuierlich durchziehe.
Auch wenn ich das Gerede von „ADHS ist eine Superkraft“ wie die Pest hasse, so weiß ich: Diese Kreativität, die mir in die Wiege gelegt wurde, ist ein Geschenk und DER Grund für meinen Erfolg. Ich versuche, dieses Geschenk so oft es geht, in die Welt zu bringen.
Bei mir ist das H in ADHS sehr ausgeprägt, es steht für Hyperaktivität. Ich bin ein High-Energy-Wesen, das im Zeitraffer-Modus lebt. Mein hohes Tempo zeigt sich in meinem Business, aber auch in jedem anderen Lebensbereich: Ich rede schnell, ich denke schnell, ich setze (meistens) schnell um, ich gehe schnell – bei mir ist alles doppelt so schnell und intensiv. Ich bin getrieben davon, wirksam zu sein. Das ist Folge meiner Hyperaktivität und hat große Vorteile: In meinen Tag passen 48 Stunden (dafür muss ich aber auch viel länger schlafen, als neurotypische Menschen). Schnelligkeit hat in meinem Leben einen hohen Stellenwert und ist daher auch einer meiner wichtigsten Werte.
Viele Menschen mit ADHS entwickeln im Laufe der Jahre soziale Ängste. Das liegt u. a. an vielen negativen Erfahrungen in der Vergangenheit. Und auch daran, dass sich Menschen mit ADHS sehr viele und sehr kreative Katastrophenszenarien ausmalen können.
Und tatsächlich, ich kenne mich gut mit Ängsten aus: 2018 habe ich das Wort Content-Ängst geprägt. In meinem Blogartikel „Was will ich als Mutter, Bloggerin und Unternehmerin bewirken?“ habe ich ein Kapitel namens Ich will ein Vorbild für alle mindfuck-geplagten Menschen mit Content-Ängst sein. Dort schreibe ich: “(…) ich glaube, dass meine Content-Ängst hyperaktiv ist und überreagiert, ähnlich wie unser Immunsystem bei einer Allergie.” Spannend für mich zu sehen: Damals habe ich schon das Wort „hyperaktiv“ benutzt, um mich zu beschreiben. Aber „ADHS? NIEMALS! 2024 habe ich über meine Reise-Ängst geschrieben. Zudem hatte ich früher große Prüfungsangst, z. B. in der Schule und beim Führerschein (siehe Nr. 38 in meinen Fun Facts).
Apropos Angst: In meinem Blogartikel Wie ich wurde, was ich bin: Mein Weg zur Bloggerin und Gründerin von The Content Society schreibe ich in Kapitel 8, dass ich eine Festan(gst)gestellte war. Ich habe mich als Festan(gst)gestellte niemals wohlgefühlt, ich habe mich ständig kontrolliert gefühlt und ich habe damals schon bemerkt, dass ich unter Beobachtung viel schlechter performe, als wenn ich einfach so meine Dinge mache, also nur für mich. Zudem hat mir die ständige Bewertung nicht gutgetan, das hat mich sehr unter Druck gesetzt. Hinzu kam der Lärm-Terror in Großraumbüros und Lasst-uns-was-gemeinsam-unternehmen-Stress. Dann habe ich mich aus Notwehr selbständig gemacht, um dieser ständigen Beobachtung, Kontrolle und Geräuschkulisse zu entkommen. Was für eine Erleichterung! Aber: Als Freelancer wurde das Imposter-Syndrom mein ständiger Begleiter.
Overthinking? Meine Kernkompetenz! In meinem Blogartikel Vom Segen ein gefühlter Hochstapler zu sein: 7 Vorteile des Imposter Syndroms schreibe ich:

Früher, als ich Freelancerin war, habe ich bei jedem Projekt gedacht: JETZT werde ich scheitern! JETZT wird mir garantiert nichts einfallen! JETZT werden alle erkennen, dass meine Ideen alle nur Zufall sind!
Stattdessen habe ich ein geiles Projekt nach dem anderen abgeliefert und zig Awards gewonnen! Und trotzdem: Bei jedem neuen Projekt kam wieder diese Angst, dass mir DIESMAL bestimmt nichts einfallen wird. Es ist wirklich abgefahren, welche Katastrophen-Szenarien sich im Kopfkino abspielen können, die absolut konträr zur Realität stehen! Das Imposter-Syndrom war auch während der 5 Jahre meiner Dozentätigkeit an der Hochschule ständig präsent. Das Imposter-Syndrom hat aber nicht nur Nachteile: Es hat mich angetrieben, noch bessere Vorlesungen zu kreieren. Und das Feedback meiner Studierenden bestätigt mir: Es ist mir gelungen 🔥
Viele ADHS’ler ertragen rigide Strukturen, wie z. B. eine Festanstellung, Verbeamtung oder das Schulsystem, nicht. Das ständige Maskieren in solch einer Umgebung ist unglaublich anstrengend. Zudem haben viele ADHS’ler Probleme mit dem Imposter Syndrom und mit langweiligen bzw. monotonen Aufgaben, für die sie dann sehr viel Energie benötigen. Die starren Arbeitszeiten und langsamen Prozesse in vielen Unternehmen passen nicht zu den Energie-Ausbrüchen und unkontrollierbaren Hyperfokus-Zeiten von Menschen mit ADHS. Hinzu kommen Reizüberflutung (z. B. in Großraumbüros) und der starke Fokus auf Fehlervermeidung. Denn wenn ADHS’ler etwas gut können, dann Fehler machen – und daraus lernen! Aber egal: Der Fehler ist gemacht und das sieht im Mitarbeitergespräch nicht gut aus! Kontrolle und Druck führen bei vielen neurodivergenten Menschen zu Widerstand und Rückzug.
All das führt oft zu einem unerklärlichen Burnout. Oft wird dann eine Depression oder ein Erschöpfungssyndrom diagnostiziert und es folgt eine lange Krankschreibung. Dabei ist es nur unerkanntes ADHS – und eine unpassende Arbeitsumgebung, in der ADHS’ler ihre Stärken nicht ausspielen können.
Sobald die Menschen wissen, dass sie ADHS haben, wird ihnen im Rückblick auf ihr Berufsleben plötzlich alles klar (so, wie bei mir).
Es gibt zig Gründe, warum Menschen mit ADHS in der Festan(gst)stellung unglücklich sind. Die Folge: Menschen mit ADHS machen sich mit einer Wahrscheinlichkeit von 13 bis 19 % eher selbständig, als die neurotypische Bevölkerung. Ich habe mich 2009 selbständig gemacht.
Irgendwann in meinen 30ern wurde mir klar: Ich glaube, meine Ängste sind nicht ganz normal. Das hat mich zu einer Vermutung geführt: Kann es sein, dass ich eine Mindset-Behinderung habe? Das war ein wichtiger Zwischenschritt hin zu meiner heutigen Erkenntnis, dass in Wahrheit ADHS hinter meiner „Mindset-Behinderung“ steckt. Nachdem ich den Blogartikel zur Mindset-Behinderung geschrieben habe, habe ich viel negatives Feedback bekommen, nach dem Motto: Ich dürfte das Wort „Behinderung“ nicht in den Mund nehmen, denn ich hätte doch in Wirklichkeit kein echtes Problem! Echte Probleme hätten nur z. B. Menschen, die im Rollstuhl sitzen!
Und ich nur so: Ähhh…??
Obwohl ich so viele Mindfucks, Blockaden und Ängste habe, heißt mein Motto schon seit Ewigkeiten: ich tue es TROTZDEM (siehe Nr. 58 in meinen Fun Facts). Ich lasse meine eigenen Ausreden nicht gelten und schiebe alle Selbstzweifel beiseite. Und dann tue ich die Sachen einfach – mit meinen Ängsten. Ich warte nicht, bis ich meine Ängste überwinde, denn dann werde ich wahrscheinlich bin an mein Lebensende warten. Meine Hürden, Mindfucks und Ängste sind zwar riesig, aber mein Umsetzungspotential dafür auch 💪
Das ist typisch ADHS. Denn: Menschen mit ADHS haben zwar viele Ängste, aber sie gehen auch viel mehr Risiken ein, als neurotypische Menschen. Und damit meine ich nicht (nur) „gefährliche“ Risiken, wie Extremsportarten, Drogen oder Kriminalität. Es ist kein Zufall, dass in Gefängnissen überdurchschnittlich viele Menschen mit ADHS sitzen: „Expertenschätzungen gehen von einer ADHS-Quote von 30 % – 50 % in deutschen Jugendstrafanstalten und bis zu 30 % unter den erwachsenen Inhaftierten aus„.
Auf der anderen Seite kann die Risikobereitschaft auch sehr positiv sein – gerade im Business-Umfeld! Ich bin viele unternehmerische Risiken eingegangen und sie haben sich zigfach ausgezahlt! Wie z. B. dass ich mich 2009 selbständig gemacht habe, ohne Vorbilder in meiner Familie zu haben. Oder: dass ich im Januar 2018 mein Online-Business gestartet habe. Und dass ich kurze Zeit später daraus mit meinem Ehemann ein Familien-Online-Business gemacht habe, bevor ich den ersten Umsatz-Euro mit meinem Online-Business gemacht habe! Und seitdem jeder Launch und jedes neue Angebot, der Start von The Content Society, der Verkauf meines Abreißkalenders (aktuell nicht erhältlich), meine Blog-Challenges, die ich einfach auf gut Glück gestartet habe: DAS sind Risiken, die sich nicht jeder traut – und sie sind typisch ADHS!
Ich habe zig Tabs offen, weil ich immer in verschiedene Richtungen denke und recherchiere. Und dann öffne ich immer viele Tabs, weil ich meinen Gedankenfaden nicht verlieren und alles lesen will, um möglichst viel aufzusaugen, bevor ich eine möglichst gute Entscheidung treffe (siehe Nr. 67 in meinen Fun Facts). Diese digitale Unordnung ist typisch für Menschen mit ADHS: Sie machen tausende Screenshots, um nichts zu vergessen oder um später etwas nachzulesen – was sie dann fast nie machen. Sie haben einen beeindruckenden Bookmark-Friedhof. Ihr Download-Ordner ist zum Bersten voll, genau so, wie ihr Posteingang. Und oft ist ihr Handy voll, weil sie zu viele Bilder machen und das mit der Synchronosierung und dem Löschen der Bilder nicht immer hinbekommen.
Meine Methode des „dynamischen Bloggens“ habe ich 2021 entwickelt, nachdem ich mich auf der Skala zwischen den technischen und strategischen Bloggern nicht wiedergefunden habe. Also habe ich die Skala zu einem Spektrum erweitert – mit dem dynamischen Bloggen als ein zusätzliches Feld, das die Arten, wie wir für unser Business bloggen können, auf einen Schlag stark erweitert hat.
Heute weiß ich: „Dynamisches Bloggen“ war damals eine Beschreibung von ADHS, als mir die „richtigen“ Worte für mein Anderssein gefehlt haben.
Das dynamische Bloggen enthält mehrere typische ADHS-Merkmale, wie z. B. das zyklische Themenkreisen: Die Aufmerksamkeit richtet sich dabei für eine gewisse Zeit sehr intensiv auf ein bestimmtes Thema (= „Hyperfokus“). Ist dieses Thema „abgegrast“, verliert der dynamische Blogger das Interesse daran und kreist dann über das nächste Thema.
Zweites ADHS-Merkmal beim dynamischen Bloggen: Die große Themenvielfalt. Denn: Menschen mit ADHS haben, typisch Scanner-Persönlichkeit, viele Interessen und Leidenschaften. Es fällt ihnen schwer, sich auf nur ein einziges Thema zu beschränken. Daher haben sie oft thematisch weiter gefasste Blogs, als es bei Nischen- oder Expertenblogs üblich ist.
Das 3. ADHS-Merkmal bei dynamischen Bloggern ist das Bloggen in Wellen: Sie bloggen mal mehr, mal weniger, ich nenne es einen auf- und abschwellenden Blog-Rhythmus. Das ist (auch) Ausdruck von stark schwankenden Energielevels.
Weitere Merkmale des dynamischen Bloggens sind ebenfalls typisch ADHS: Eine hohe intrinsische Motivation – sofern man sich mit seinem Lieblingsthema beschäftigt. Ein hoher Output. Und: Bloggen als Abenteuer der persönlichen Weiterentwicklung und erst in zweiter Linie als Business-Booster.
Trotz der schwankenden Energielevels, bin ich grundsätzlich ein High-Energy-Mensch. In meinem Motto-Artikel für 2024 schreibe ich: „Denn das ist mein Normalzustand: Ich brenne auf hoher Flamme und High Energy ist mein zweiter Vorname.“ An einem Tag liege ich im Bett und kann mich nicht mal entscheiden, welche Netflix-Serie ich schauen soll. Am nächsten Tag könnte ich Bäume ausreißen und erledige die Arbeit von 5 Tagen. Insgesamt kommt also sehr, sehr viel zustande, aber eben nicht konstant.
Ich war schon immer das schwarze Schaf oder, je nach Sichtweise, ein Paradiesvogel. In „Wie ich wurde, was ich bin: Mein Weg zur Bloggerin und Gründerin von The Content Society“ zeige ich das Bild von meiner katholischen Firmung:

Das ist nur EIN Beispiel für die vielen ungeschriebenen Gesetze und sozialen Normen, gegen die ich verstoße. Nicht, weil ich Lust auf Krawall habe, sondern weil viele dieser Regeln für mich einfach keinen Sinn machen. Ich verstehe z. B. echt nicht, warum ich mich rasieren sollte. Und andere Dinge, die viele Menschen als normal ansehen: Nö, nicht mit mir!
Meine Interessen sind sprunghaft, ich habe Interesse an sehr vielen Dingen (Handstand, Claim-Entwicklung, Bloggen usw.) und mein Dachboden ist ein Hobby-Friedhof. In meinem Blogartikel „10 Gründe, warum ich es liebe, Onlinekurse zu geben, statt angestellt oder Freelancer zu sein“ bezeichne ich mich als kreative Scanner-Persönlichkeit:

Heute weiß ich: Scanner-Persönlichkeit ist in den meisten Fällen eine positivere Bezeichnung für ADHS – also ideal für Menschen, die noch nicht so weit sind, ihrem ADHS ins Gesicht zu schauen.
Ich tauche, typisch Scanner, in Rekordzeit in neue Themen ein und sauge in kürzester Zeit alles auf, was damit zu tun hat. Ich bin immer irritiert, wenn mir Leute sagen, es sei ja kein Wunder, dass ich z. B. so gut im Bloggen sei, denn ich hätte ja ein Talent dafür! Dabei bin ich einfach nur sehr gut darin, mir Dinge selbst beizubringen – sofern sie mich interessieren. Heute weiß ich: Ich habe ein Talent fürs Lernen und beiße mich in einem Thema fest, bis ich es richtig gut kann – auch wenn sich das in meinen Schulnoten leider nie gezeigt hat. Dieses Thementauchen heißt „Hyperfokus“ und ist ein klassisches ADHS-Anzeichen.
Apropos Schulnoten: Ich war mittelmäßig bis geradezu schlecht in der Schule und hatte erst pünktlich nach dem Abitur mein intellektuelles Erwachen. Ich war also ein klassischer Spätzünder. In meinem Blogartikel „100 Dinge, auf die ich stolz bin“ schreibe ich in den Punkten 13 und 15 von meinen phänomenal schlechten Deutschnoten und dass ich später awardprämierte Werbetexterin geworden bin – was für eine Entwicklung! Viele Menschen mit ADHS haben eine Reifungsverzögerung im Gehirn: Studien deuten darauf hin, dass Jugendliche mit ADHS öfter länger brauchen, um stabile Strategien für Lernen, Beruf und Beziehungen zu entwickeln. Viele finden ihren Weg erst im jungen Erwachsenenalter oder sogar später. Kliniker und Betroffene berichten oft, dass Menschen mit ADHS erst in den 20ern, 30ern oder noch später aufblühen, wenn sie passende Umfelder, Berufe oder Strategien finden. Genau DAS war auch bei mir der Fall!
Als Idealist träume ich von einer besseren Welt, die für ALLE besser ist. Deshalb gehe ich z. B. regelmäßig Müll sammeln und wühle mich mit riesigen Müllsäcken durch Straßengräben und die Wälder in meiner Umgebung. Einfach so, weil es mir Spaß macht und weil ich mir wünsche, dass unsere Umgebung für uns alle schöner ist. Aus dieser Leidenschaft habe ich auch schon mal einen Aprilscherz gemacht.
Mein Idealismus zeigt sich in vielen Facetten auf meinem Blog: Ich blogge nicht in erster Linie für Umsatz, sondern für Wirkung – und weil ich es toll finde! Ich sage und schreibe immer wieder, dass wir unser Wissen nicht hinter einer Bezahlschranke verstecken sollten und dass wir viel mehr gewinnen, wenn wir unser Wissen großzügig mit der Welt teilen! Ich z. B. halte auf meinem Blog NICHTS zurück. Ich weiß aber, dass sich viele Coaches genau diese Frage stellen: „Darf ich das alles bloggen oder buchen die Leute mich dann nicht mehr, weil ihnen mein Blogartikel reicht?“ Ich halte das für einen klassischen Mangel-Mindfuck! Ich argumentiere gegen die zig Blog-Mythen an, die dann ausgerechnet die reflektierten und sehr gebildeten Menschen, aber auch leider sehr selbstkritischen Menschen vom Bloggen abhalten. Mit meinen Blogparaden und Blog-Challenges möchte ich die Blogosphäre wiederbeleben und der (vermeintlichen) Übermacht von Social Media etwas entgegensetzen.
Andere Menschen gehen in die Politik, um etwas zum Positiven zu verändern. Ich blogge und motiviere tausende Scanner, Neurodivergente, Hochsensible, Ihren-Platz-im-Leben-Suchende und Menschen, die so viel zu geben haben, aber die nicht wissen, wo sie anfangen sollen, zum Bloggen! Das ist mein Weg, die Welt zu verändern!
Ein sehr stark ausgeprägter Gerechtigkeitssinn ist ein klassisches „ADHS-Feature“, das mir manchmal im Weg steht. Es gibt Studien, die bei Menschen mit ADHS auf eine erhöhte Reaktivität bei unfairen oder unethischen Situationen hinweisen. Jetzt habe ich also endlich eine Erklärung dafür, warum es mir so schwerfällt, hohe Preise für meine Kurse zu verlangen. Heute weiß ich, dass es kein schlechtes Money-Mindset ist, sondern, ganz im Gegenteil, ich einen starken idealistischen Antrieb habe, meine Angebote so zugänglich wie möglich zu machen, um in möglichst vielen Leben eine große Wirkung zu entfalten. Und ich habe eine Erklärung dafür, warum ich so stark reagiere, wenn mir mal wieder jemand davon erzählt, wie er von einem Bro-Coach getäuscht wurde und mehrere Zehntausend Euro in den Sand gesetzt hat. Und: mein starker Gerechtigkeitssinn führt dazu, dass ich Feministin bin, seit ich denken kann.
Die Liebe zu scharfem Essen ist kein gesichertes Anzeichen von ADHS, aber ein Fun Fact, dem man erstaunlich oft bei ADHS-Menschen begegnet. Meine Erklärung: Menschen mit ADHS brauchen starke Reize, um sich lebendig zu fühlen. Was ich später herausfinden sollte: ADHS’ler haben oft einen Dopamin-Mangel. Scharfes Essen kann kurzfristig Dopamin freisetzen, was ein angenehmes Belohnungsgefühl erzeugt. Manche Forschende vermuten, dass ADHS’ler gezielt solche Stimuli suchen. Meine Liebe zu scharfem Essen habe ich in Nr. 25 in meinen Fun Facts erwähnt.
In meinen Fun Facts schreibe ich:

ADHS hängt mit einer veränderten Regulation des Dopaminsystems zusammen. Suchtsubstanzen (Nikotin, Alkohol, Kokain etc.) steigern kurzfristig Dopamin und wirken daher oft besonders „belohnend“ bei ADHS. Zudem sind viele ADHS’ler bekannt für Selbstmedikation (z. B. mit Alkohol, Cannabis oder Nikotin). Weil ich mein Suchtpotential schon sehr früh erkannt habe, habe ich niemals mit dem Rauchen angefangen – und auch die Finger von Alkohol und anderen Drogen gelassen. Selbstmedikation mache ich nicht, ich trinke nicht mal Kaffee. Mit Shopping & Co. habe ich auch nie angefangen, obwohl ich oft den Impuls verspürt habe. Und nachdem ich in meinen 20ern einige Monate lang süchtig nach dem Online-Spiel World of Warcraft war, habe ich dann noch rechtzeitig die Handbremse gezogen. Ich habe mir dann andere Süchte gesucht, wie z. B. das Bloggen 😄 Und, klar, Händständ.
Schon als ich Grafik-Design studiert habe, habe ich DIE Kreativitäts-Technik für mich entdeckt und perfektioniert: Meinen kreativen Autopiloten! Ich habe also mein Gehirn mit einer Aufgabe (oder 5 oder 10 Aufgaben) gebrieft und mich gleich am Anfang mit vielen Infos zu dieser Aufgabe zugeballert. Ich habe dann mindestens einen Tag im Hyperfokus-Rabbithole mit diesem Thema verbracht, um alles aufzusaugen. Dann habe ich mein Hirn tage- oder wochenlang in Leerlauf-Phasen an dieser Aufgabe arbeiten lassen, während ich andere Dinge gemacht habe: Autofahren, Wäsche aufhängen, langweilige Vorlesungen ertragen. Die Aufgabe hat irgendwo im Hinterkopf vor sich hin gearbeitet – bis mir DIE Idee vermeintlich aus dem Nichts in den Schoß gefallen ist.
Ohne es zu wissen, habe ich damit mein internalisiertes ADHS, also meinen hyperaktiven Geist, für etwas Sinnvolles eingespannt. Dieser kreative Autopilot hat mir in meiner Zeit als Werbetexterin so viele Ideen für Headlines, Marketing-Kampagnen, Konzepte, Bildideen usw. gebracht – und mir zig Awards beschert. Weil aber dieser kreative Autopilot zwar sehr verlässlich Ideen produziert, aber nicht gut auf Timings und Deadlines reagiert, habe ich meine Ideen-Maschine immer als unzuverlässig empfunden. Ich wusste nie, wann die rettende Idee kommt, sondern nur: DASS sie höchstwahrscheinlich irgendwann kommt – und wenn ich Glück habe, sogar vor der Deadline. Das war nicht gerade gut für meinen inneren Imposter, der ja immer das Gefühl hat, beim nächsten Projekt zu versagen. Ja, es ist schon sehr spannend, was in einem ADHS-Gehirn abgeht 😄
Ich schaue auf die Uhr und sehe, dass ich noch 12 Minuten Zeit bis zum nächsten Termin habe. Kein Problem, denke ich mir, das kann ich mir merken, werde ich schon nicht verpassen. 15 Minuten später erwische ich mich dabei, wie ich das Wohnzimmer staubsauge, weil ich nur kurz etwas aus der Küche holen wollte und mir beim Dorthingehen ein Staubfussel auf dem Wohnzimmerteppich aufgefallen ist, den ich einfach nicht dort lassen konnte. Dann wird mir brühend heiß bewusst: Ah, ups, Termin vergessen, schon wieder zu spät 🙈 Deshalb habe ich mir zig Wecker und Alarme auf dem Wecker eingestellt und habe eine Eieruhr, die ich immer so hindrehe, dass sie mich rechtzeitig vorher an den nächsten Termin erinnert. 1 A Lifehack!
Ich habe mich in den letzten Jahren so dermaßen verbogen, um Leuten entgegenzukommen, dass ich irgendwann gar nicht mehr wusste, wo oben und unten war: Wir haben zig Ausnahmen, Auszeiten und spezielle Zahlungspläne in meinem Blogkurs The Content Society gewährt. Ich habe Leuten händisch Rechnungen geschrieben, weil sie weder Kreditkarte noch Paypal hatten, um meinen digitalen Kaufprozess zu durchlaufen. Ich habe immer wieder zwischendrin informelle Calls mit meinen Teilnehmern gemacht, wenn sie ein technisches Problem oder Schwierigkeiten mit ihrer Positionierung hatten.
Das Ergebnis dieses konstanten People Pleasings: Ich habe mich komplett aufgerieben und mir zig Probleme eingehandelt. Denn: All diese Ausnahmen, Rechnungen und speziellen Zahlungspläne müssen ja eingerichtet und oft manuell angepasst bzw. überprüft werden. Diese Baustelle haben wir jetzt zum Glück schon angepackt. Das Ergebnis: Als mich Mitte September 2025 jemand auf LinkedIn angeschrieben hat, ob ich meinen Kurs auch per Rechnung verkaufen könnte, habe ich geantwortet: „Nein, das ist leider nicht möglich.“ Ein kleiner Satz für den Menschen, aber ein riesiges Byebye an meinen inneren People Pleaser!
Es ist wirklich spannend, welche neuen Vokabeln ich auf meiner ADHS-Reise lerne. Dazu gehört auch RSD: Rejection Sensitivity Disorder bzw. Dysphoria. Das beschreibt ein Phänomen, das ich spätestens seit meiner Schulzeit kenne: Ich nehme mir Kritik sehr zu Herzen. Vor allem, wenn sie auch nur einen Hauch unsachlich ist oder ich mich unfair behandelt fühle. Oft raubt mir so ein Kritik-Vorfall sämtliche Energie und ich habe am nächsten Tag einen Crash. Das Problem: in Werbeagenturen, wo ich früher gearbeitet habe, wird man bzw. die eigene Arbeit (was man als Kreative oft schwer trennen kann) sehr oft und teils sehr harsch kritisiert.
Manchmal interpretiere ich auch Kritik oder Ablehnung, wo gar keine war: Jemand hat auf meine WhatsApp nicht geantwortet? Sie hasst mich! Heute weiß ich: Es ist ja klar, dass ich mich 2009 selbständig gemacht habe, denn ich musste der ständigen Kritik-Kultur der Agenturen entfliehen. Als Selbständige war das schon besser, aber immer noch da. Deshalb habe ich 2018 den Sprung in mein eigenes Online-Business gemacht. Und vielleicht liebe ich auch deshalb ein ganz besonderes Online-Format, das eine hohe Kritik-Hürde hat: Meinen Blog! Denn: Während viele Leute bei Facebook und Instagram zigfach verletztende Dinge schreiben, trauen sie sich das bei Blogs oft NICHT.
Wenn Menschen beim Reden nicht auf den Punkt kommen oder sich ständig wiederholen und sich in Ähm-Schlaufen verlieren, könnte ich ausrasten. Ich will ja nicht unhöflich sein, aber manchmal rutscht mir dann ein „Worum geht es denn jetzt?“ raus. Selbst bei meinen Kindern, die das Storytelling für Ungeduldige noch nicht bis zur Perfektion gemeistert haben. Ich finde: Auf den Punkt zu kommen, ist eine Form der Wertschätzung. Ich schätze die Zeit und geistige Kapazität meines Gegenübers und deshalb halte ich mich kurz und fange ein Gespräch nicht mit Small Talk oder Feel-Good-Drumherumreden an. Dabei geht es mir nicht nur um Schnelligkeit (siehe Punkt Nr. 2), sondern v. a. darum, mein Gegenüber nicht zu langweilen!
In den 2010ern war ich sehr aktiv bei Couchsurfing: Ich habe Menschen aus zig Ländern kostenlos bei mir beherbergt und ihnen Stuttgart gezeigt. Einmal war Hisham bei mir, ein Student aus dem Iran. Wir laufen so durch Stuttgart und dann fragt er mich: „Wie lange brauchen wir noch, bis wir bei dir zuhause sind?“ Und ich so: „Ähm… ungefähr 7 Minuten!“ Er hat dann nur gelacht und gemeint: „That was the most German thing I’ve ever heard! 😄“ Und ich habe mir gedacht: Hä, warum ist das Deutsch? Ist doch ganz normal, eine genaue Zeitangabe zu machen!?
Da ich selbst sehr anfällig für Missverständnisse bin, versuche ich immer, mich so klar und präzise wie möglich auszurücken, um bei anderen Menschen keinen Raum für Fragezeichen zu lassen. Manchmal passiert es dann, dass ich sehr (zu?) viel erkläre, weil sich Präzision meistens nicht in einen einzigen Satz quetschen lässt.
In meinem INTP-Blogartikel schreibe ich:

Diese negative Gedankenspirale ist ein typisches ADHS-Merkmal. Viele interpretieren die Hyperaktivität rein körperlich: Das klassische Zappel-Philipp-Syndrom. Aber bei sehr vielen Menschen mit ADHS betrifft die Hyperaktivität die Gedanken: Sie verlieren sich im negativen Self Talk und malen sich in den buntesten Farben aus, wie sie scheitern.
Wenn aber Menschen mit ADHS diese Gedanken-Energie in gute Bahnen lenken können, setzen sie damit ein riesengroßes kreatives Potential frei. Daran arbeite ich seit vielen Jahren sehr intensiv. Und damit schließt sich der Kreis: Ich bin mit einer übersprudelnden Kreativität gesegnet – siehe Punkt 1 auf dieser Liste!
Ich trinke keinen Kaffee, rauche nicht und mache auch keine anderen Formen von Selbstmedikation.
ADHS’ler gelten als chaotisch und unordentlich. Meine Unordnung ist maximal oberflächlich. Ich liebe Ordnung, kann sie aber oft selbst nicht herstellen. Und genau deshalb bin ich relativ minimalistisch, so dass sich bei mir gar nicht viel Zeug ansammeln kann. Ich bin die Queen der Ikea-Boxen. Bei mir hat ALLES seinen Platz! All diese Boxen sind fein säuberlich beschriftet und sauber aufeinandergestapelt. Nur den einen Unterlagen-Stapel kriege ich irgendwie nicht weg… 😬
Impulsives Shopping und schlechter Umgang mit Geld: ich konsumiere sehr selten und bin damit das Gegenteil der stereotypischen ADHS-Frau. Mich muss man zum Klamottenkaufen ja eher zwingen (am schlimmsten finde ich es, Schuhe zu kaufen). Ich war schon immer sehr sparsam und bin sehr zögerlich, wenn es darum geht, größere Anschaffungen zu machen – egal, ob Waschmaschine, Auto oder Coaching. Das hat mich vor zig Fehlentscheidungen bewahrt, denn wenn ich mich in meinem Online-Business-Umfeld umhöre, schlackern mir die Ohren, was da für Fehl-Investitionen getätigt wurden!
Dinge verlieren. Einer meiner häufigsten Sätze ist: „Wo ist mein Handy??“ Ich verlege höchstens mal Dinge, finde sie aber immer wieder. Und dann habe ich halt 2 x das gleiche Buch 😄 Oder x AirPods. Ich bin die einzige in meiner Familie, die noch nie sowas wie Schlüssel oder Geldbeutel verloren hat. Dafür habe ich aber eine leichte Zwangsneurose, weil ich immer doppelt und dreifach nachschaue, ob ich auch ganz bestimmt nichts liegengelassen habe. Am Flughafen checke ich ungefähr 10 mal, ob ich auch ganz sicher meinen Ausweis dabei habe.
Wenn jemand regelmäßig Drama macht oder eine Jammer-Parade abzieht, bin ich weg. Die wenigen Verbindungen, die diese Drama-Bewährungsprobe überstehen, sind dafür sehr wertschätzend und intensiv und gehen über viele Jahre. Mit mir streitet man sich nicht und ich mache (und ertrage) kein Drama. Ich melde mich vielleicht nicht so oft bei meinen Freunden, schätze mich selbst aber als sehr loyale Freundin ein. Ich bin eine dieser Personen, die man nach Jahren wieder trifft und es ist, als hätten wir uns gestern erst gesehen.
Als ich mit 45 meine ADHS-Diagnose bekommen habe, wurde mir bitter bewusst: Mein Umfeld ist ADHS-blind! Das hat viele Gründe: Ich bin eine Frau – und bin deshalb jahrzehntelang durch das Raster gefallen, das ADHS als männliche Störung ansieht. Auf viele Mädchen und Frauen passt nicht das klassische Zappelphillipp-Syndrom, denn bei Frauen richtet sich die Hyperaktivität oft nach innen. Bei Frauen zeigt sich ADHS oft in Form von innerer Unruhe, Vergesslichkeit, emotionaler Überforderung oder Perfektionismus. Und obwohl bei mir das hyperaktive (also das v. a. männlich gelesene) Element von ADHS sehr ausgeprägt ist, kam niemand in meinem Umfeld auf die Idee, dass ich vielleicht ADHS haben könnte.
Frauen haben bei sehr vielen Krankheiten und Störungen eine starke Unterversorgung. Das Phänomen heißt Gender Health Gap bzw. Gender Bias in der Medizin. Dieser beschreibt, dass Frauen bei vielen Krankheiten später oder seltener diagnostiziert werden als Männer – und das betrifft auch ADHS: Frauen werden im Durchschnitt 5 bis 10 Jahre später mit ADHS diagnostiziert als Männer. Das liegt u. a. auch daran, dass Mädchen so sozialisiert werden, dass sie ihre Probleme durch soziale Anpassung besser kompensieren können. Das wird auch „Masking“ genannt und führt u. a. zu starkem People Pleasing. Und das ist ein wichtiger Grund, warum viele ADHS-Frauen in ihren 30ern und 40ern ausbrennen und Depressionen bekommen. Aber statt ADHS wird ein Burnout oder eine Depression diagnostiziert – und die Frau wird falsch behandelt.
Und dann ist da noch ein weiterer Punkt. Ich musste mir schmerzlich eingestehen, dass meine späte Diagnose auch einen sehr persönlichen Grund hat: Meine eigenen Vorurteile gegenüber Behinderung. Dieses Vorurteil heißt „Ableismus“ und ich dachte immer: Ich bin doch nicht krank oder behindert! Als mir vor ein paar Jahren dann doch der Verdacht kam, dass da vielleicht mehr hinter meinen Symptomen stecken könnte, wurde ich sofort niedergebrezelt, als ich es gewagt habe, den Verdacht zu äußern, dass ich vielleicht eine Mindset-Behinderung haben könnte. Denn: Ich bin für viele Menschen zu erfolgreich, um ein Problem haben zu dürfen. Und, sowieso, Probleme hätten doch nur „richtig“ Behinderte, also z. B. Menschen im Rollstuhl. Tja, soviel zum Thema Ableismus 🙄

ÜBER MICH: Blog like nobody’s reading! Das ist meine Philosophie, mit der ich mein Content-Imperium aufbaue. Seit meinem ersten Blogartikel am 1. August 2005 sind über 1.200 Blogartikel dazugekommen – und eine glasklare Positionierung, eine starke Reputation und ein erfolgreiches Familien-Online-Business. Bloggen ist für mich Hobby, Leidenschaft und persönliche Weiterentwicklung. Und erst danach mein Akquisemotor und Umsatzbringer. Im Laufe meines 20-jährigen Blog-Abenteuers habe ich Begriffe geprägt, wie Content-Ängst und dynamisches Bloggen. Heute bin ich das beste Beispiel dafür, dass wir mit Persönlichkeit, Mut und Verletzlichkeit einen profitablen Blog aufbauen können, auch ohne den schwarzen Gürtel im Technik-Kungfu zu haben. Von der Festan(gst)stellung zum Leben in kreativer Freiheit: Dein Blog machts’s möglich!
Mehr über mich erfährst du hier!
8 Comments

Liebe Judith,
vielen lieben Dank, dass du diesen Artikel geschrieben hast.
Erst durch meinen Sohn, bei dem ADS diagnostiziert wurde, bin ich auf das Thema aufmerksam geworden – und als ich deine Blogbeiträge gelesen habe, vermutete ich, dass ich selbst auch ADS/ADHS habe. Einige Punkte treffen sehr auf mich zu.
Punkt 2 – Schnelligkeit:
Meine Gedanken sind oft schneller, als ich sprechen kann. So entstehen manchmal merkwürdige Sätze, bei denen einfach der Mittelteil fehlt. Nebenbei drehe ich ständig an meinen Haaren – der positive Nebeneffekt: Am Ende des Tages habe ich Locken. Weil meine Ideen so schnell sind, muss ich vieles sofort aufschreiben, sonst sind sie wieder weg.
Punkt 9 – Tab-Messie:
Oh ja! Ich kann Tabs kaum schließen, weil ich Angst habe, die Seite nie wiederzufinden – obwohl das im Zeitalter von Perplexity eigentlich unbegründet ist.
Punkt 15 – Spätzünder:
In der Schule tat ich mich schwer, aber im Studium mit 25 lief es plötzlich: Abschluss 1,4. Da hatte ich endlich herausgefunden, wie ich lernen muss.
Punkt 17 – Gerechtigkeitssinn:
Ich erinnere mich, wie ich früher das letzte Tortenstück in sechs gleich große Teile geteilt habe – auch wenn für jeden nur ein Krümel blieb. Hauptsache gerecht!
Punkt 19 – Süchtig:
Ich liebe Schokolade und Chips. Und manchmal, wenn ich unbedingt noch etwas schaffen möchte, aber die Motivation gerade auf Reisen ist, greife ich dazu, um einen kleinen Energie-Kick zu bekommen. Nicht gesund, ich weiß – aber das ist eher die Ausnahme. Meistens helfen mir Kopfhörer und gute, motivierende Instrumental- oder Filmmusik, zum Beispiel die Musik von Two Steps from Hell.
Punkt 24 – Wenn Menschen nicht auf den Punkt kommen:
Oh ja, das kenne ich nur zu gut! Meine Gedanken fangen dann an abzuschweifen, und ich überlege, was ich parallel noch alles erledigen könnte.
Ich nenne mich gern eine ordnungsliebende Chaotin – mal räume ich das ganze Haus auf einmal auf, mal gar nicht.
Schoppen macht mich müde und langsam, und am Ende bin ich oft frustriert. Deshalb gehe ich nur gezielt einkaufen, wenn wirklich etwas fehlt.
Kritik trifft mich ebenfalls schnell. Was mir hilft, ist regelmäßig Liebesfilme zu schauen – einfach, um meine Tränendrüsen zu entlasten. Danach bin ich wieder ruhiger und kann mit Abstand reagieren. Das ist übrigens der einzige Grund, warum ich Liebesfilme schaue – eigentlich stehe ich auf Fantasy- und Actionfilme.
Dadurch das ich mich mit dem Thema beschäftige, verstehe ich heute vieles besser.
Danke, dass du das Thema so offen und klar ansprichst. Es tut gut, sich in deinen Zeilen wiederzufinden! 💛
Viele liebe Grüße
Sandra
Toll geschrieben! Gibt hier viele informative Details und es wird trotzdem nicht langweilig. Habe mich selbst jahrelang gefragt, was mit mir los ist:-)
Egal! Habe Dich getroffen. Aktuelles persönliches Ziel: Schreib ausführlicher.
Geschichten machen das Leben süß-also auf geht‘s
Liebe ENTP-Grüße Sa(u)bine
Punkt 21 – Zeitblindheit – danke, dass das Phänomen jetzt für mich auch einen Namen hat!
Mein heftigstes Erlebnis mit Zeitblindheit – Hab mal einen online – Besprechungstermin verpasst – hatte alles fertig, noch 10 MIn Zeit für Kaffee etc – und komme wieder zum Computer – und es waren 45 Minuten vergangen… ich musste wohl in ein „Zeitloch“ gefallen sein??? (Nein. Ich weiss NICHT, was ich in den zusätzlichen 35 Minuten gemacht habe – sie waren einfach vergangen. Weg. Der Termin übrigens auch.. – aber war nicht schade drum)
Ich kann nicht sagen, wie erwischt ich mich fühle 😆 Vor allem beim Tab-Messietum. Habe vor kurzem auf meinem Smartphone insgesamt ca. 1300 offene Tabs abgearbeitet. Ein paar davon gelöscht, ein paar auf einer Liste im PC abgelegt 😆🫣 Und bei kreativen Katastrophenszenarien wusste ich auch direkt, was du meinst.
… ich erkenne mich so wieder. Beim scharfen Essen, dem „Hobbyfriedhof“, Gerechtigkeitssinn (Tiere Retten in der Grundschule, später Sozialistiche Jugend), in Schule (Spätzünder) und dem Suchtverhalten … . Habe zwar keine ADHS-Diagnose, komme aber aus einer ADHS Familie. Also, ich befinde mich auf jeden fall im „Spektrum“.
Ich hatte schon großen Spaß bei deiner Jahresrückblich 2024 Challange und freue mich jetzt auf das Blogtoberfest. Danke dafür!!!
Uff… Ich glaub ich muss das erst Mal sacken lassen. 1000 Dank für diesen Blogartikel! Ich hab mich nicht in allem wieder gefunden, aber doch in sehr vielen… und da mein innerer Antrieb für Selbstoptimierung ist, wird, ganz nach dem kreativen Autopiloten jetzt erst Mal alles mögliche gemacht, bevor ich Klarheit darüber gewinne, was diese Informationen für mich und meine Selbstoptimierung bedeuten.
Der Umsetzungsplan und die Umsetzung zur Lebensoptimierung folgen dann in direktem Anschluss. 😅
Ein sehr wertvoller Artikel, der mich dazu ermutigt, mal meine Schwächen zu betrachten, die Stärken daran zu entdecken und dann (vielleicht nach genauso viel Hadern, wie du das auch kennst) auf den „Veröffentlichen“ Button zu drücken.