Als ich 2005 mit dem Bloggen angefangen habe, habe ich unwissentlich mein ADHS dokumentiert. Heute, nach meiner Diagnose, kann ich anhand meiner Blogartikel sehr klar sagen: Ich habe offensichtlich ADHS – hier sind die Beweise! Das ist für mich wichtig, denn mir wurde sehr lange nicht geglaubt und mir wurde jahrzehntelang abgesprochen, dass all das, was in meinem Kopf abgeht, überhaupt ein Thema ist. Denn: ich sei doch so erfolgreich – zudem hatte ich doch Abitur und im Studium dann so gute Noten! Ja, das stimmt alles! Aber: Das war auch alles sehr, sehr anstrengend. Schon seit der Schulzeit oszilliere ich zwischen High Energy und Burnout. Und ich hatte mein ganzes Leben lang das Gefühl, dass bei (bwz. mit) mir etwas fundamental anders ist und dass ich das falsche Leben lebe. Hier also meine ADHS-Anzeichen. Wenn du dich hier in dem einen oder anderen Punkt wiederfindest, heißt das nicht, dass du zwangsläufig auch ADHS hast. Wenn du dich aber in vielen Punkten wiederfindest, könnte das womöglich ein Hinweis sein, dem du dann mit deiner eigenen Recherche nachgehen solltest.

1. Ich bin mit einer übersprudelnden Kreativität gesegnet

Sehr hohe Kreativität ist etwas, das viele Menschen mit ADHS auszeichnet. Kreativität ist einer meiner wichtigsten Werte und zeigt sich bei mir z. B. in meinen vielen Wortspielen. Weitere Kreativitäts-Anzeichen sind z. B. die vielen Blog-Challenges, die ich in den letzten Jahren gemacht habe, wie z. B. „Boom Boom Blog“, „Blog your Purpose“ und der Jahresrückblog. Und: Seit Januar 2021 schlage ich den Teilnehmern in meinem Blogkurs „The Content Society“ jeden Montag einen neuen Blogartikel vor – das ist eine kreative Höchstleistung, die ich seit Jahren kontinuierlich durchziehe.

Auch wenn ich das Gerede von „ADHS ist eine Superkraft“ wie die Pest hasse, so weiß ich: Diese Kreativität, die mir in die Wiege gelegt wurde, ist ein Geschenk und DER Grund für meinen Erfolg. Ich versuche, dieses Geschenk so oft es geht, in die Welt zu bringen.

2. Einer meiner wichtigsten Werte lautet: Schnelligkeit

Bei mir ist das H in ADHS sehr ausgeprägt, es steht für Hyperaktivität. Ich bin ein High-Energy-Wesen, das im Zeitraffer-Modus lebt. Mein hohes Tempo zeigt sich in meinem Business, aber auch in jedem anderen Lebensbereich: Ich rede schnell, ich denke schnell, ich setze (meistens) schnell um, ich gehe schnell – bei mir ist alles doppelt so schnell und intensiv. Ich bin getrieben davon, wirksam zu sein. Das ist Folge meiner Hyperaktivität und hat große Vorteile: In meinen Tag passen 48 Stunden (dafür muss ich aber auch viel länger schlafen, als neurotypische Menschen). Schnelligkeit hat in meinem Leben einen hohen Stellenwert und ist daher auch einer meiner wichtigsten Werte.

3. Ich bin die Ängst-pertin

Viele Menschen mit ADHS entwickeln im Laufe der Jahre soziale Ängste. Das liegt u. a. an vielen negativen Erfahrungen in der Vergangenheit. Und auch daran, dass sich Menschen mit ADHS sehr viele und sehr kreative Katastrophenszenarien ausmalen können.

Und tatsächlich, ich kenne mich gut mit Ängsten aus: 2018 habe ich das Wort Content-Ängst geprägt. In meinem Blogartikel „Was will ich als Mutter, Bloggerin und Unternehmerin bewirken?“ habe ich ein Kapitel namens Ich will ein Vorbild für alle mindfuck-geplagten Menschen mit Content-Ängst sein. Dort schreibe ich: “(…) ich glaube, dass meine Content-Ängst hyperaktiv ist und überreagiert, ähnlich wie unser Immunsystem bei einer Allergie.” Spannend für mich zu sehen: Damals habe ich schon das Wort „hyperaktiv“ benutzt, um mich zu beschreiben. Aber „ADHS? NIEMALS! 2024 habe ich über meine Reise-Ängst geschrieben. Zudem hatte ich früher große Prüfungsangst, z. B. in der Schule und beim Führerschein (siehe Nr. 38 in meinen Fun Facts).

4. Ich war eine Festan(gst)gestellte

Apropos Angst: In meinem Blogartikel Wie ich wurde, was ich bin: Mein Weg zur Bloggerin und Gründerin von The Content Society schreibe ich in Kapitel 8, dass ich eine Festan(gst)gestellte war. Ich habe mich als Festan(gst)gestellte niemals wohlgefühlt, ich habe mich ständig kontrolliert gefühlt und ich habe damals schon bemerkt, dass ich unter Beobachtung viel schlechter performe, als wenn ich einfach so meine Dinge mache, also nur für mich. Zudem hat mir die ständige Bewertung nicht gutgetan, das hat mich sehr unter Druck gesetzt. Hinzu kam der Lärm-Terror in Großraumbüros und Lasst-uns-was-gemeinsam-unternehmen-Stress. Dann habe ich mich aus Notwehr selbständig gemacht, um dieser ständigen Beobachtung, Kontrolle und Geräuschkulisse zu entkommen. Was für eine Erleichterung! Aber: Als Freelancer wurde das Imposter-Syndrom mein ständiger Begleiter.

5. Das Imposter-Syndrom ist mein ständiger Begleiter

Overthinking? Meine Kernkompetenz! In meinem Blogartikel Vom Segen ein gefühlter Hochstapler zu sein: 7 Vorteile des Imposter Syndroms schreibe ich:

Früher, als ich Freelancerin war, habe ich bei jedem Projekt gedacht: JETZT werde ich scheitern! JETZT wird mir garantiert nichts einfallen! JETZT werden alle erkennen, dass meine Ideen alle nur Zufall sind!

Stattdessen habe ich ein geiles Projekt nach dem anderen abgeliefert und zig Awards gewonnen! Und trotzdem: Bei jedem neuen Projekt kam wieder diese Angst, dass mir DIESMAL bestimmt nichts einfallen wird. Es ist wirklich abgefahren, welche Katastrophen-Szenarien sich im Kopfkino abspielen können, die absolut konträr zur Realität stehen! Das Imposter-Syndrom war auch während der 5 Jahre meiner Dozentätigkeit an der Hochschule ständig präsent. Das Imposter-Syndrom hat aber nicht nur Nachteile: Es hat mich angetrieben, noch bessere Vorlesungen zu kreieren. Und das Feedback meiner Studierenden bestätigt mir: Es ist mir gelungen 🔥

6. Menschen mit ADHS streben oft sehr stark nach Freiheit und machen sich deshalb häufiger selbständig

Viele ADHS’ler ertragen rigide Strukturen, wie z. B. eine Festanstellung, Verbeamtung oder das Schulsystem, nicht. Das ständige Maskieren in solch einer Umgebung ist unglaublich anstrengend. Zudem haben viele ADHS’ler Probleme mit dem Imposter Syndrom und mit langweiligen bzw. monotonen Aufgaben, für die sie dann sehr viel Energie benötigen. Die starren Arbeitszeiten und langsamen Prozesse in vielen Unternehmen passen nicht zu den Energie-Ausbrüchen und unkontrollierbaren Hyperfokus-Zeiten von Menschen mit ADHS. Hinzu kommen Reizüberflutung (z. B. in Großraumbüros) und der starke Fokus auf Fehlervermeidung. Denn wenn ADHS’ler etwas gut können, dann Fehler machen – und daraus lernen! Aber egal: Der Fehler ist gemacht und das sieht im Mitarbeitergespräch nicht gut aus! Kontrolle und Druck führen bei vielen neurodivergenten Menschen zu Widerstand und Rückzug.

All das führt oft zu einem unerklärlichen Burnout. Oft wird dann eine Depression oder ein Erschöpfungssyndrom diagnostiziert und es folgt eine lange Krankschreibung. Dabei ist es nur unerkanntes ADHS – und eine unpassende Arbeitsumgebung, in der ADHS’ler ihre Stärken nicht ausspielen können.

Sobald die Menschen wissen, dass sie ADHS haben, wird ihnen im Rückblick auf ihr Berufsleben plötzlich alles klar (so, wie bei mir).

Es gibt zig Gründe, warum Menschen mit ADHS in der Festan(gst)stellung unglücklich sind. Die Folge: Menschen mit ADHS machen sich mit einer Wahrscheinlichkeit von 13 bis 19 % eher selbständig, als die neurotypische Bevölkerung. Ich habe mich 2009 selbständig gemacht.

7. Ich hatte schon vor den Jahren den Verdacht: Ich glaube, ich habe eine Mindset-Behinderung

Irgendwann in meinen 30ern wurde mir klar: Ich glaube, meine Ängste sind nicht ganz normal. Das hat mich zu einer Vermutung geführt: Kann es sein, dass ich eine Mindset-Behinderung habe? Das war ein wichtiger Zwischenschritt hin zu meiner heutigen Erkenntnis, dass in Wahrheit ADHS hinter meiner „Mindset-Behinderung“ steckt. Nachdem ich den Blogartikel zur Mindset-Behinderung geschrieben habe, habe ich viel negatives Feedback bekommen, nach dem Motto: Ich dürfte das Wort „Behinderung“ nicht in den Mund nehmen, denn ich hätte doch in Wirklichkeit kein echtes Problem! Echte Probleme hätten nur z. B. Menschen, die im Rollstuhl sitzen!

Und ich nur so: Ähhh…??

8. Trotz meiner Ängste gehe ich viele Risiken ein

Obwohl ich so viele Mindfucks, Blockaden und Ängste habe, heißt mein Motto schon seit Ewigkeiten: ich tue es TROTZDEM (siehe Nr. 58 in meinen Fun Facts). Ich lasse meine eigenen Ausreden nicht gelten und schiebe alle Selbstzweifel beiseite. Und dann tue ich die Sachen einfach – mit meinen Ängsten. Ich warte nicht, bis ich meine Ängste überwinde, denn dann werde ich wahrscheinlich bin an mein Lebensende warten. Meine Hürden, Mindfucks und Ängste sind zwar riesig, aber mein Umsetzungspotential dafür auch 💪

Das ist typisch ADHS. Denn: Menschen mit ADHS haben zwar viele Ängste, aber sie gehen auch viel mehr Risiken ein, als neurotypische Menschen. Und damit meine ich nicht (nur) „gefährliche“ Risiken, wie Extremsportarten, Drogen oder Kriminalität. Es ist kein Zufall, dass in Gefängnissen überdurchschnittlich viele Menschen mit ADHS sitzen: „Expertenschätzungen gehen von einer ADHS-Quote von 30 % – 50 % in deutschen Jugendstrafanstalten und bis zu 30 % unter den erwachsenen Inhaftierten aus„.

Auf der anderen Seite kann die Risikobereitschaft auch sehr positiv sein – gerade im Business-Umfeld! Ich bin viele unternehmerische Risiken eingegangen und sie haben sich zigfach ausgezahlt! Wie z. B. dass ich mich 2009 selbständig gemacht habe, ohne Vorbilder in meiner Familie zu haben. Oder: dass ich im Januar 2018 mein Online-Business gestartet habe. Und dass ich kurze Zeit später daraus mit meinem Ehemann ein Familien-Online-Business gemacht habe, bevor ich den ersten Umsatz-Euro mit meinem Online-Business gemacht habe! Und seitdem jeder Launch und jedes neue Angebot, der Start von The Content Society, der Verkauf meines Abreißkalenders (aktuell nicht erhältlich), meine Blog-Challenges, die ich einfach auf gut Glück gestartet habe: DAS sind Risiken, die sich nicht jeder traut – und sie sind typisch ADHS!

9. Ich bin ein bekennender Tab-Messie

Ich habe zig Tabs offen, weil ich immer in verschiedene Richtungen denke und recherchiere. Und dann öffne ich immer viele Tabs, weil ich meinen Gedankenfaden nicht verlieren und alles lesen will, um möglichst viel aufzusaugen, bevor ich eine möglichst gute Entscheidung treffe (siehe Nr. 67 in meinen Fun Facts). Diese digitale Unordnung ist typisch für Menschen mit ADHS: Sie machen tausende Screenshots, um nichts zu vergessen oder um später etwas nachzulesen – was sie dann fast nie machen. Sie haben einen beeindruckenden Bookmark-Friedhof. Ihr Download-Ordner ist zum Bersten voll, genau so, wie ihr Posteingang. Und oft ist ihr Handy voll, weil sie zu viele Bilder machen und das mit der Synchronosierung und dem Löschen der Bilder nicht immer hinbekommen.

10. Meine Methode des dynamischen Bloggens enthält viele ADHS-Merkmale

Meine Methode des „dynamischen Bloggens“ habe ich 2021 entwickelt, nachdem ich mich auf der Skala zwischen den technischen und strategischen Bloggern nicht wiedergefunden habe. Also habe ich die Skala zu einem Spektrum erweitert – mit dem dynamischen Bloggen als ein zusätzliches Feld, das die Arten, wie wir für unser Business bloggen können, auf einen Schlag stark erweitert hat.

Heute weiß ich: „Dynamisches Bloggen“ war damals eine Beschreibung von ADHS, als mir die „richtigen“ Worte für mein Anderssein gefehlt haben.

Das dynamische Bloggen enthält mehrere typische ADHS-Merkmale, wie z. B. das zyklische Themenkreisen: Die Aufmerksamkeit richtet sich dabei für eine gewisse Zeit sehr intensiv auf ein bestimmtes Thema (= „Hyperfokus“). Ist dieses Thema „abgegrast“, verliert der dynamische Blogger das Interesse daran und kreist dann über das nächste Thema.

Zweites ADHS-Merkmal beim dynamischen Bloggen: Die große Themenvielfalt. Denn: Menschen mit ADHS haben, typisch Scanner-Persönlichkeit, viele Interessen und Leidenschaften. Es fällt ihnen schwer, sich auf nur ein einziges Thema zu beschränken. Daher haben sie oft thematisch weiter gefasste Blogs, als es bei Nischen- oder Expertenblogs üblich ist.

Das 3. ADHS-Merkmal bei dynamischen Bloggern ist das Bloggen in Wellen: Sie bloggen mal mehr, mal weniger, ich nenne es einen auf- und abschwellenden Blog-Rhythmus. Das ist (auch) Ausdruck von stark schwankenden Energielevels.

Weitere Merkmale des dynamischen Bloggens sind ebenfalls typisch ADHS: Eine hohe intrinsische Motivation – sofern man sich mit seinem Lieblingsthema beschäftigt. Ein hoher Output. Und: Bloggen als Abenteuer der persönlichen Weiterentwicklung und erst in zweiter Linie als Business-Booster.

11. Ich bin ein High-Energy-Typ

Trotz der schwankenden Energielevels, bin ich grundsätzlich ein High-Energy-Mensch. In meinem Motto-Artikel für 2024 schreibe ich: „Denn das ist mein Normalzustand: Ich brenne auf hoher Flamme und High Energy ist mein zweiter Vorname.“ An einem Tag liege ich im Bett und kann mich nicht mal entscheiden, welche Netflix-Serie ich schauen soll. Am nächsten Tag könnte ich Bäume ausreißen und erledige die Arbeit von 5 Tagen. Insgesamt kommt also sehr, sehr viel zustande, aber eben nicht konstant.

12. „Nonkonform“ ist mein zweiter Vorname

Ich war schon immer das schwarze Schaf oder, je nach Sichtweise, ein Paradiesvogel. In „Wie ich wurde, was ich bin: Mein Weg zur Bloggerin und Gründerin von The Content Society“ zeige ich das Bild von meiner katholischen Firmung:

Ein Bild sagt mehr als tausend Worte. Rate mal, wer ich bin 😄 Der Priester fand es gut und hat gesagt, dass er sich wünschte, dass junge Menschen mutiger wären.

Das ist nur EIN Beispiel für die vielen ungeschriebenen Gesetze und sozialen Normen, gegen die ich verstoße. Nicht, weil ich Lust auf Krawall habe, sondern weil viele dieser Regeln für mich einfach keinen Sinn machen. Ich verstehe z. B. echt nicht, warum ich mich rasieren sollte. Und andere Dinge, die viele Menschen als normal ansehen: Nö, nicht mit mir!

13. Ich bezeichne mich selbst als Scanner-Persönlichkeit

Meine Interessen sind sprunghaft, ich habe Interesse an sehr vielen Dingen (Handstand, Claim-Entwicklung, Bloggen usw.) und mein Dachboden ist ein Hobby-Friedhof. In meinem Blogartikel „10 Gründe, warum ich es liebe, Onlinekurse zu geben, statt angestellt oder Freelancer zu sein“ bezeichne ich mich als kreative Scanner-Persönlichkeit:

    Heute weiß ich: Scanner-Persönlichkeit ist in den meisten Fällen eine positivere Bezeichnung für ADHS – also ideal für Menschen, die noch nicht so weit sind, ihrem ADHS ins Gesicht zu schauen.

    14. Ich lerne sehr schnell neue Dinge

    Ich tauche, typisch Scanner, in Rekordzeit in neue Themen ein und sauge in kürzester Zeit alles auf, was damit zu tun hat. Ich bin immer irritiert, wenn mir Leute sagen, es sei ja kein Wunder, dass ich z. B. so gut im Bloggen sei, denn ich hätte ja ein Talent dafür! Dabei bin ich einfach nur sehr gut darin, mir Dinge selbst beizubringen – sofern sie mich interessieren. Heute weiß ich: Ich habe ein Talent fürs Lernen und beiße mich in einem Thema fest, bis ich es richtig gut kann – auch wenn sich das in meinen Schulnoten leider nie gezeigt hat. Dieses Thementauchen heißt „Hyperfokus“ und ist ein klassisches ADHS-Anzeichen.

    15. Ich war ein Spätzünder

    Apropos Schulnoten: Ich war mittelmäßig bis geradezu schlecht in der Schule und hatte erst pünktlich nach dem Abitur mein intellektuelles Erwachen. Ich war also ein klassischer Spätzünder. In meinem Blogartikel „100 Dinge, auf die ich stolz bin“ schreibe ich in den Punkten 13 und 15 von meinen phänomenal schlechten Deutschnoten und dass ich später awardprämierte Werbetexterin geworden bin – was für eine Entwicklung! Viele Menschen mit ADHS haben eine Reifungsverzögerung im Gehirn: Studien deuten darauf hin, dass Jugendliche mit ADHS öfter länger brauchen, um stabile Strategien für Lernen, Beruf und Beziehungen zu entwickeln. Viele finden ihren Weg erst im jungen Erwachsenenalter oder sogar später. Kliniker und Betroffene berichten oft, dass Menschen mit ADHS erst in den 20ern, 30ern oder noch später aufblühen, wenn sie passende Umfelder, Berufe oder Strategien finden. Genau DAS war auch bei mir der Fall!

    16. Ich bin der ewige Idealist

    Als Idealist träume ich von einer besseren Welt, die für ALLE besser ist. Deshalb gehe ich z. B. regelmäßig Müll sammeln und wühle mich mit riesigen Müllsäcken durch Straßengräben und die Wälder in meiner Umgebung. Einfach so, weil es mir Spaß macht und weil ich mir wünsche, dass unsere Umgebung für uns alle schöner ist. Aus dieser Leidenschaft habe ich auch schon mal einen Aprilscherz gemacht.

    Mein Idealismus zeigt sich in vielen Facetten auf meinem Blog: Ich blogge nicht in erster Linie für Umsatz, sondern für Wirkung – und weil ich es toll finde! Ich sage und schreibe immer wieder, dass wir unser Wissen nicht hinter einer Bezahlschranke verstecken sollten und dass wir viel mehr gewinnen, wenn wir unser Wissen großzügig mit der Welt teilen! Ich z. B. halte auf meinem Blog NICHTS zurück. Ich weiß aber, dass sich viele Coaches genau diese Frage stellen: „Darf ich das alles bloggen oder buchen die Leute mich dann nicht mehr, weil ihnen mein Blogartikel reicht?“ Ich halte das für einen klassischen Mangel-Mindfuck! Ich argumentiere gegen die zig Blog-Mythen an, die dann ausgerechnet die reflektierten und sehr gebildeten Menschen, aber auch leider sehr selbstkritischen Menschen vom Bloggen abhalten. Mit meinen Blogparaden und Blog-Challenges möchte ich die Blogosphäre wiederbeleben und der (vermeintlichen) Übermacht von Social Media etwas entgegensetzen.

    Andere Menschen gehen in die Politik, um etwas zum Positiven zu verändern. Ich blogge und motiviere tausende Scanner, Neurodivergente, Hochsensible, Ihren-Platz-im-Leben-Suchende und Menschen, die so viel zu geben haben, aber die nicht wissen, wo sie anfangen sollen, zum Bloggen! Das ist mein Weg, die Welt zu verändern!

    17. Ich habe einen radikalen Gerechtigkeitssinn

    Ein sehr stark ausgeprägter Gerechtigkeitssinn ist ein klassisches „ADHS-Feature“, das mir manchmal im Weg steht. Es gibt Studien, die bei Menschen mit ADHS auf eine erhöhte Reaktivität bei unfairen oder unethischen Situationen hinweisen. Jetzt habe ich also endlich eine Erklärung dafür, warum es mir so schwerfällt, hohe Preise für meine Kurse zu verlangen. Heute weiß ich, dass es kein schlechtes Money-Mindset ist, sondern, ganz im Gegenteil, ich einen starken idealistischen Antrieb habe, meine Angebote so zugänglich wie möglich zu machen, um in möglichst vielen Leben eine große Wirkung zu entfalten. Und ich habe eine Erklärung dafür, warum ich so stark reagiere, wenn mir mal wieder jemand davon erzählt, wie er von einem Bro-Coach getäuscht wurde und mehrere Zehntausend Euro in den Sand gesetzt hat. Und: mein starker Gerechtigkeitssinn führt dazu, dass ich Feministin bin, seit ich denken kann.

    18. Ich liebe scharfes Essen

    Die Liebe zu scharfem Essen ist kein gesichertes Anzeichen von ADHS, aber ein Fun Fact, dem man erstaunlich oft bei ADHS-Menschen begegnet. Meine Erklärung: Menschen mit ADHS brauchen starke Reize, um sich lebendig zu fühlen. Was ich später herausfinden sollte: ADHS’ler haben oft einen Dopamin-Mangel. Scharfes Essen kann kurzfristig Dopamin freisetzen, was ein angenehmes Belohnungsgefühl erzeugt. Manche Forschende vermuten, dass ADHS’ler gezielt solche Stimuli suchen. Meine Liebe zu scharfem Essen habe ich in Nr. 25 in meinen Fun Facts erwähnt.

    19. Ich neige dazu, schnell süchtig nach etwas zu werden

    In meinen Fun Facts schreibe ich:

    ADHS hängt mit einer veränderten Regulation des Dopaminsystems zusammen. Suchtsubstanzen (Nikotin, Alkohol, Kokain etc.) steigern kurzfristig Dopamin und wirken daher oft besonders „belohnend“ bei ADHS. Zudem sind viele ADHS’ler bekannt für Selbstmedikation (z. B. mit Alkohol, Cannabis oder Nikotin). Weil ich mein Suchtpotential schon sehr früh erkannt habe, habe ich niemals mit dem Rauchen angefangen – und auch die Finger von Alkohol und anderen Drogen gelassen. Selbstmedikation mache ich nicht, ich trinke nicht mal Kaffee. Mit Shopping & Co. habe ich auch nie angefangen, obwohl ich oft den Impuls verspürt habe. Und nachdem ich in meinen 20ern einige Monate lang süchtig nach dem Online-Spiel World of Warcraft war, habe ich dann noch rechtzeitig die Handbremse gezogen. Ich habe mir dann andere Süchte gesucht, wie z. B. das Bloggen 😄 Und, klar, Händständ.

    20. Der kreative Autopilot: Meine beste Kreativitätstechnik!

    Schon als ich Grafik-Design studiert habe, habe ich DIE Kreativitäts-Technik für mich entdeckt und perfektioniert: Meinen kreativen Autopiloten! Ich habe also mein Gehirn mit einer Aufgabe (oder 5 oder 10 Aufgaben) gebrieft und mich gleich am Anfang mit vielen Infos zu dieser Aufgabe zugeballert. Ich habe dann mindestens einen Tag im Hyperfokus-Rabbithole mit diesem Thema verbracht, um alles aufzusaugen. Dann habe ich mein Hirn tage- oder wochenlang in Leerlauf-Phasen an dieser Aufgabe arbeiten lassen, während ich andere Dinge gemacht habe: Autofahren, Wäsche aufhängen, langweilige Vorlesungen ertragen. Die Aufgabe hat irgendwo im Hinterkopf vor sich hin gearbeitet – bis mir DIE Idee vermeintlich aus dem Nichts in den Schoß gefallen ist.

    Ohne es zu wissen, habe ich damit mein internalisiertes ADHS, also meinen hyperaktiven Geist, für etwas Sinnvolles eingespannt. Dieser kreative Autopilot hat mir in meiner Zeit als Werbetexterin so viele Ideen für Headlines, Marketing-Kampagnen, Konzepte, Bildideen usw. gebracht – und mir zig Awards beschert. Weil aber dieser kreative Autopilot zwar sehr verlässlich Ideen produziert, aber nicht gut auf Timings und Deadlines reagiert, habe ich meine Ideen-Maschine immer als unzuverlässig empfunden. Ich wusste nie, wann die rettende Idee kommt, sondern nur: DASS sie höchstwahrscheinlich irgendwann kommt – und wenn ich Glück habe, sogar vor der Deadline. Das war nicht gerade gut für meinen inneren Imposter, der ja immer das Gefühl hat, beim nächsten Projekt zu versagen. Ja, es ist schon sehr spannend, was in einem ADHS-Gehirn abgeht 😄

    21. Ich bin die Königin der Katastrophenszenarien

    In meinem INTP-Blogartikel schreibe ich:

    Diese negative Gedankenspirale ist ein typisches ADHS-Merkmal. Viele interpretieren die Hyperaktivität rein körperlich: Das klassische Zappel-Philipp-Syndrom. Aber bei sehr vielen Menschen mit ADHS betrifft die Hyperaktivität die Gedanken: Sie verlieren sich im negativen Self Talk und malen sich in den buntesten Farben aus, wie sie scheitern.

    Wenn aber Menschen mit ADHS diese Gedanken-Energie in gute Bahnen lenken können, setzen sie damit ein riesengroßes kreatives Potential frei. Daran arbeite ich seit vielen Jahren sehr intensiv. Und damit schließt sich der Kreis: Ich bin mit einer übersprudelnden Kreativität gesegnet – siehe Punkt 1 auf dieser Liste!